LOVE GAMES  

Kapitel 7

Juni – Tommy oder Bruce?

Ich glaube, allmählich kommt die Sache ins Rollen.

Ich erhalte Anrufe, ich habe eine Freundin, zwar eine recht sensible Freundin, aber wir unternehmen was zusammen. Wir gehen auf die lokalen Openairs.

Beim Pfingst-Openair bleiben wir im Auto sitzen, rauchen Shit und lassen die Beine aus dem Fenster baumeln. Ich erzähle Susanne ein bisschen aus meiner fernen Vergangenheit, als ich in einem politischen Club war, wir sind öfter zu Demonstrationen gefahren, und irgendwann holten mich seltsame Typen von der Arbeit ab. Die sahen aus wie Kontrolleure in der Straßenbahn, aber es waren Leute vom Verfassungsschutz, die mich zum Spionieren in meinem Club verführen wollten. Es würden für mich berufliche Vorteile rausspringen und so weiter. Ich hab sie natürlich zum Teufel geschickt. Susanne lacht sich kaputt. "Irma Hari!" sagt sie.

Obwohl ich ziemlich bekifft bin, halte ich Ausschau nach Bruce. Vielleicht lässt er sich ja blicken. Aber irgendwann kommt kein Besucher mehr vorbei, also wird Bruce auch nicht mehr kommen. Ich bin enttäuscht. Und ich fahre ich in diesem berauschten Zustand mit dem Auto nach Hause. Nein nicht direkt. Vorher fahre ich noch beim kleinen Ralf vorbei, um mir die neueste Musik zu besorgen. Der kleine Ralf hat gerade Besuch, mehrere Leute sind da, aber er kümmert sich rührend um mich. Susanne kann er nicht so gut leiden wie mich. Ach, ich liebe es, Freunde zu haben. Aber ich werde mich demnächst hüten, mein Auto bei solchen Aktionen zu fahren.. Die Bullen hätten mich erwischen können.

Ich glaube, Shit ist nichts für mich.

Und ich erhalte Anrufe, als ob dieser erste Anruf von Bernie, dem Bären das Startzeichen dafür gewesen wäre.

Ein alter Bekannter ruft mich an. Er ist so herrlich gutaussehend. Er ist eigentlich ein Bekannter von Parker, und ich weiß nicht, ob er im Augenblick homo- oder heterosexuell ist, mit Sicherheit ist er bisexuell, aber ich habe mich immer gut mit ihm verstanden – er lädt mich zu der Einweihungsparty seiner Wohngemeinschaft ein. Er ist vor kurzem in eine Villa im Norden von E. gezogen mit vier anderen Typen (Männer, Frauen, u.s.w.) Ich hasse Wohngemeinschaften, diese Relikte aus den 60er Jahren, aber Holger ist süß. Er sieht wirklich verdammt gut aus auf eine weiche Art irgendwie. Und ich gehe auf der Stelle mit ihm ins Cops, einen kleinen Aluminiumladen mit den größten Sambuccas und den besten New-Wave-Videos, die auf dieser Welt serviert werden. Holger steht nicht auf mich als Frau, ich glaube, er mag eher diese Dominas, und so eine bin ich nun wirklich nicht, aber wir können uns verständigen, und außerdem bin ich stolz drauf, mit so einem hübschen Kerl im Cops zu sein. Die schwule Bedienung guckt auch wirklich sehr neidisch auf mich...

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Und ich habe Urlaub. Es herrscht natürlich ein beschissenes Wetter. Aber was kann man im Juni auch schon erwarten?

Rüdiger, Bademeister vom Freibad am See und Tommy, Kneipenbesitzer und Ehemann mit Problemen überraschen mich durch ihren Besuch. Sie kommen einfach nachmittags vorbei, als ich mich gerade in Mark Twains ‚Reisen durch Europa’ vertieft habe.

Eigentlich möchte ich Susanne auch an meinem Glück teilhaben lassen, und ich schlage vor, sie abzuholen.

Tommy besitzt einen sehr eleganten neuen BMW, Wir fahren also die drei Häuserblocks zu Susannes Wohnung, und ich klingele Sturm bei Susanne. Aber sie macht nicht auf. Oder sie ist nicht zuhause. Oder sie will nicht aufmachen.

Also fahren wir zu Tommys Kneipe, zum Haus Dobermann.

Als wir dort ankommen, steht seine Ehefrau an der Theke und tut so, als ob sie Gläser spült. In Wirklichkeit beobachtet sie mich und schätzt mich ein. Ob ich wohl eine Gefahr für ihre Ehe bin? Ich denke nicht.

Tommy ignoriert seine Ehefrau vollkommen, und wir gehen durch die Küche und durch den Hausflur nach oben in Tommys Wohnung, Es ist wirklich nur noch Tommys Wohnung, denn seine Ehefrau ist ausgezogen, hat einen Neuen. Seltsam, sie macht nicht den Eindruck, als hätte sie ihren Ehemann verlassen.

Tommy hat Boxen so groß wie Kleiderschränke. Fast alle Männer, die ich kenne sind Boxenfreaks, der kleine Ralf zum Beispiel hat auch so ein paar Riesendinger.

Wir trinken den ganzen Abend über maßvoll, und es herrscht eine gewisse Anziehungskraft zwischen Tommy und mir. Irgendwann verabschiedet sich Rüdiger, er will uns wohl alleine lassen – ich sehe wieder diesen kupplerischen Blick in seinen Augen – und als er weg ist, unterhalte ich mich mit Tommy über seine und meine Probleme.

Ich bin heilfroh, dass ich nicht erst mit jemanden ins Bett gehen muss, um danach über meine Probleme sprechen zu können...

Er erzählt mir, dass mit seiner ‚Alten’, wie er sie nennt, definitiv Schluss ist, denn die Alte wollte ein Kind von ihm, und dazu wäre er nicht bereit.

Was heißt eigentlich definitiv?

Und warum haben die beiden überhaupt geheiratet?

Ich erzähle ihm, dass Parker immer so dominant war und nur an sich gedacht hat, ohne Rücksicht auf Verluste. Und dass er immer gedacht hat, ich würde alles von ihm ertragen. Hahaha, Pustekuchen.

Er erzählt mir, dass seine Frau auch immer so dominant war und dass... blablablabla...

Egal... Ich gehe eine Stunde später. Und ich gehe beschwingt nach Hause. Es ist zwei Uhr morgens. Und ich bin mit Tommy verabredet. Aber ich will nichts von ihm, er ist schließlich verheiratet, ich glaube, ich brauche nur einen Freund, der ähnliche Probleme hat wie ich.

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Er holte mich am nächsten Nachmittag ab, und wir fuhren in den Süden von E. zu einem gewissen Café, wo es den besten Kuchen der Welt geben sollte. Eigentlich steh ich gar nicht auf Kuchen.

Blöderweise hatte das Café geschlossen. ‚Donnerstag Totentag’ stand im Fenster, und ‚Dienstag geschlossen’ stand auch im Fenster. Ich hatte mich natürlich verlesen, es hieß nicht ‚Totentag’, sondern ‚Tortentag’, und außerdem war heute Dienstag, und das Café war sowieso geschlossen...

Wir fuhren also zurück zum Haus Dobermann, gingen wieder nach oben in Tommys Wohnung, redeten wieder und verstanden uns immer besser. Wir erinnerten uns an die Zeit vor ein paar Jahren, als ich in einer anderen Kneipe nach Kneipenschluss immer mit ihm zusammen war. Wir hatten uns damals in der Wohnung, die er über der Kneipe hatte, auch stundenlang unterhalten, Er wollte mich nach Mallorca mitnehmen, um dort mit mir zu leben, und er wollte Parker was aufs Maul hauen. Aber ich hatte das abgelehnt. Damals hatte ich wohl noch Hoffnung.

Was hatte Parker eigentlich zu dieser Zeit gemacht. War er Taxi gefahren oder hatte er mich betrogen? Wohl beides. Kurz darauf kamen wir an das sagenhaft billige Häuschen und zogen zusammen. Die erste Zeit ging es ganz gut mit uns, aber dann... na ja.

Tommy und ich unterhielten uns wirklich gut. So wie früher. Er redete etwas von Partnerschaft zwischen uns beiden, es irritierte mich, und ich druckste ein bisschen herum. Ich wäre noch nicht so weit, aber mal schauen... Obwohl er gut aussah, wirkte er körperlich absolut nicht anziehend auf mich, das hatte er übrigens noch nie getan, aber ich unterhielt mich sehr gerne mit ihm, er war ein interessanter Typ.

Und ich wollte ihn als Freund. Nur als Freund.

Später gingen wir ins Cops. Der zweite gutaussehende Mann, mit dem ich ins Cops ging, die Bedienung wurde allmählich etwas sauer...

Ich lud Tommy zu der Einweihungsfete der Wohngemeinschaft im Norden von E. ein.

Er war einverstanden und wollte mich abholen.

Das ist gut! Zwei Fliegen mit einer Klappe: Ich habe einen Begleiter, und ich brauche nicht mit meinem Auto fahren. Das Auto hat mein Exmann Parker übrigens übern TÜV bringen lassen, und das hat mich einiges gekostet. 1200 Mark, aber ich liebe diesen Wagen, und Parker hält sich jetzt fern von mir, es gibt keinen Beischlaf mehr. Er kam übrigens mit Bruce zusammen vorbei, Bruce fuhr meinen geliebten Ghia, das gibt doch zu hoffen, und danach fuhren wir alle in die Innenstadt und speisten chinesisch, wobei jeder natürlich für sich bezahlte. Ich glaube, ich bin verliebt in Bruce, hmmm... viel beachtet hat er mich eigentlich nicht. Na gut, ich bin die Exfreundin von seinem Freund... Aber ich kann sehr hartnäckig sein. Muss unbedingt ins Café Klonck gehen, da verkehrt er nämlich, und das Klonck ist nicht soweit entfernt wie das Kalei...

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In Nick’s Café freundete ich mich mit einer jungen Studentin an, die dort kellnerte. Sascha ist wirklich nett.

Auch etwas Unangenehmes passierte: Madame Medusa rief mich an und wollte mich sehen. Diese Frau kommt sich wie eine göttliche Offenbarung für alleingelassene Frauen vor. Sie erkundigte sich fünf Sekunden lang nach meinem Befinden und redete dann von ihrem. Sie konnte mich immer schon gut leiden, sagte sie. Und sie lud mich ein in ihr ‚Refugium’.

Ich wusste genau, dass die blöde Kuh mich von jetzt an nicht mehr in Ruhe lassen würde, sagte aber trotzdem halbherzig meinen Besuch an. Sie hat kein alternatives Reisebüro sondern eine Mitfahrzentrale und scheffelt angeblich einen Haufen Geld damit.

Sie hat einen Hund, einen Sohn und einen Liebhaber, und zwar genau in dieser Reihenfolge. Das ist wirklich zum Piepen.

Susanne findet im Blumenbeet vor meiner Terrasse ein fünfblättriges Pflänzchen, das sie freudestrahlend als Gras bezeichnet oder Cannabis oder so ähnlich. Na gut, keine Ahnung was Gras ist, aber es wird wohl verhätschelt werden wie kein anderes ‚Gras’. Ich habe keine Ahnung, wo das herkommt. Susanne behauptet, es könnte vom Futter des zwei Etagen höher lebenden Papageis stammen, ich nenne den Vogel Onan, denn er streut sehr viel Samen um sich herum...

Sieht alles gut aus. Fast alles.

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Am Samstag holte mich Tommy mit seinem BMW ab. Wir fuhren zu der Einweihungsfete im Norden von E.. Schade, dass er einen BMW fährt, denn ich habe da so eigene Auffassungen, was Typen und Automarken angeht. Ein BMW spricht nicht gerade für Vertrauenswürdigkeit, eher im Gegenteil... Natürlich kann ich mich auch täuschen. Aber ein Mercedes oder besser noch ein Volvo wäre vertrauenswürdiger gewesen.

Bei dieser Fete stellte sich dann heraus, dass ich fast keinen kannte, aber dass Tommy fast alle kannte. Nun gut, er ist Kneipenwirt, da kennt man viele Leute.

Ich verliere ihn schnell aus den Augen und laufe alleine los. Der Garten ist riesig. Und da ist so eine Art Swimming Pool, aber nicht das, was man sich so unter einem Swimming Pool vorstellt. Er ist nicht blau, sondern betongrau, und er sieht so undurchsichtig aus, dass einen das Schaudern kommt.

Ach ja, Parker ist auch da und zwar ohne Conny. Er sieht aus wie der Denker von Rodin, diese Statue. Er lehnt sich an die Betonbrüstung der großen Terrasse und tut so, als würde er über irgendwas nachdenken. Das ist seine Masche, die Leute zu beeindrucken, und seine Masche macht mich krank. Ich nicke ihm kurz zu.

Irgendwann stelle ich fest, nachdem ich reichlich Rotwein getrunken habe und ein oder zwei Bekannte getroffen habe, nein mehr waren es nicht, dass mein Freund Tommy irgendwo im Garten sitzt mit einer sehr solide aussehenden Frau und dass sie sich angeregt unterhalten. Was zum Teufel soll das? Ich wollte ihn bestimmt nicht heiraten, er ist ja auch noch verheiratet, aber wir hatten doch so ziemlich die gleiche Wellenlänge.

Und dann plötzlich sehe ich jemanden. Welch wahnsinniger Anblick. Und ich bin wie elektrisiert. Es ist ein großer dunkelhaariger Mann, ein Freund von Parker, seit einem Jahr geschieden und Bruce genannt.

Bruce ist da! Das reißt dieses verschissene Fest natürlich sofort heraus. Das ist die Gelegenheit! Ohne den störenden Parker! Der natürlich da ist, aber in malerischer Pose an irgendwelche Brüstungen gelehnt ist. Ich werde Bruce kennen lernen! Vielleicht richtig kennen lernen.

Ab hier versagt meine Erinnerungskraft, denn ich musste, um Mut zu finden, den guten Bruce anzumachen, doch einige Gläser Rotwein mehr zu mir nehmen, aber ich glaube irgendwann habe ich ihn dann freudig begrüßt mit einer Lockerheit, die ich wohl dem Alkohol zu verdanken hatte.

Und trotzdem ist dieser Abend sehr verschwommen in meiner Erinnerung. Im Nachhinein sehe ich mich mit Bruce um den Swimming Pool herumlaufen, wobei ich ihm meine Befürchtungen mitteile, dass in diesen undurchsichtigen grauen Untiefen bestimmt jede Menge Leichen liegen und dass dieses Teil ein ideales Versteck für eben diese Leichen wäre.

Aber Bruce ist so trocken und dröge wie ein drei Tage altes Brötchen, er versteht mich nicht, entweder ist er noch zu nüchtern, um mich zu verstehen, oder er versteht mich einfach nicht. Trotzdem habe ich immer noch Hoffnung. Es kann doch niemand so ein fantasie- und humorloser Klotz sein, um nicht verstehen zu können, was ich meine. Oder?

Leider sollten sich meine Befürchtungen im nachhinein als wahr herausstellen. Er war wirklich trocken, dröge, fantasie- und humorlos. Zumindest so, dass wir absolut nicht zusammenpassten, so geistig gesehen. Und wenn er es doch nicht war, dann habe ich es wohl nie feststellen können. Und irgendwie sollte sich nie die Gelegenheit ergeben, Bruce richtig kennen zu lernen.

Als Bruce sich einen Joint dreht, rauche ich mit. Habe nicht viel Ahnung von Shit, aber im Augenblick ist es anscheidend die einzige Möglichkeit, um an Bruce ranzukommen. Und es ist wirklich gut. Der Alkohol zusammen mit dem Shit gibt mir eine Beschwingtheit, die ich normalerweise nicht besitze, und sofort verstehe ich mich besser mit Bruce.

Wie gesagt, der Abend ist sehr verschwommen in meiner Erinnerung. Irgendwann viel später, nachdem Bruce und ich uns schon zaghaft in den Armen lagen, sah ich Tommy und seine solide Neuerrungenschaft wieder. Eigentlich hatte ich immer noch vor, mit Tommy, meinem Freund nach Hause zu fahren. Bruce war ein zu unbekanntes Terrain. Tommy auf der anderen Seite war ein erprobter Ehemann mit einer dominanten Ehefrau... Ich fragte Tommy, wann er nach Hause fahren würde.

Ich weiß nicht genau, warum es so endete....

Jedenfalls saßen wir auf einmal alle in Tommys Auto, ich hinten mit Bruce, Tommy vorne mit der neuen Bekanntschaft, und Bruce und ich knutschten uns ab, hinterher dachte ich, ich müsste kotzen, nein nicht wegen Bruce, sondern wegen der Fahrerei, ich war so bekifft und berauscht, dass ich komische Geräusche hörte, die einen ... zündenden Rhythmus spielten. Muss wohl der Motor gewesen sein.

Zuerst fuhr Tommy die solide Frau nach Hause. Dann fuhr er in Richtung von Bruces Wohnung. Tage später fiel mir ein, dass er gar nicht wusste, wo Bruce wohnte, also fuhr er in Richtung Haus Dobermann.

Ich aber sagte, als wir fast an Bruces Wohnung vorbeigefahren waren: "Halt an!" Und sprang mit Bruce aus dem Wagen, denn ich hatte mich spontan für Bruce entschieden und nicht für den wankelmütigen Tommy.

So geht es einem, wenn man zwei Männer zur Auswahl hat. Und die Ironie des Schicksals war, dass ich überhaupt keine Auswahl hatte, denn sie wollten mich wohl beide nicht. Ja, jetzt bin ich natürlich viel schlauer...

Ich ging also mit Bruce. War das gut? Oder hatte es vielleicht anders kommen können?

Bruce wohnte in einer Wohngemeinschaft in der Nähe des Café Klonck. Die anderen Mitbewohner waren nicht da. Gott sei Dank.

Er hat natürlich ein eigenes Zimmer. Das ist ja wohl das mindeste, was man von einer WG verlangen kann. Eigentlich mag ich keine WGs, ich brauche privaten Raum für mich, und ich bin eigentlich gerne alleine. Und einen Freund zu haben, der in einer WG lebt, das ist doch Scheiße. Natürlich ist Bruce nicht mein Freund, Noch nicht. Seine Anlage steht im Zimmer gegenüber. Natürlich hat er Boxen so groß wie Kleiderschränke. Sind das die neuen Phallussymbole unserer Zeit? Seltsam, die Männer...

Aber die Kassette, die er auflegt, die ist wahrhaftig geil.

Reinster Punk, kenne ich aber nicht, das ist überraschend, normalerweise kenne ich mich sagenhaft gut aus mit Musik, und der Text geht ungefähr so, aber ich weiß nicht ,ob ich ihn richtig verstehe:

I want you for the other way

I want you for a rainy day

I want you for the other way

I want you for a rainy day

dadadadadadada…

Won’t you call me….

dadadadadadada…

Won’t you call me….

Wir gehen ins sein Zimmer, ziehen uns aus, und er bumst mich auf eine ziemlich penetrante Weise, und an dieser Wahrnehmung kann auch meine durch Alkohol und Shit getrübte Sicht nichts ändern. Es ist einfach nur rein-raus.. Und es ist ziemlich frustrierend.

Irgendwann wechsele ich die Stellung und bin oben. Ach Mist! Das bringt es auch nicht.

Es ist wirklich frustrierend. Nach ein paar Minuten stelle ich fest, dass ich einen Schlafenden stimulieren will. Denn so besoffen und bekifft bin ich nicht, dass ich so was nicht merke. Er schläft tatsächlich, der Drecksack.

Bin ich wirklich so wenig anregend, dass ein Mann während des Liebesspiels unter meinen Händen und meinem Mund einschläft?. Ich merke, wie meine Komplexe mich wieder überwältigen. Robert war wohl eher eine Ausnahme in dieser Beziehung. Ich bin ein Nichts, und ich glaube, Bruce ist nicht gut für mich. Aber ich werde nicht so leicht aufgeben.

Allerdings hat es im Augenblick wohl nicht viel Sinn.

Ich stehe auf, ziehe meine Sachen an, gehe in den Raum gegenüber und versuche , die Anlage auszuschalten, denn ich hab das Gefühl, das ganze Haus könnte die irre Musik hören – aber ich schaffe es nicht. Ich kann sie nur etwas leiser stellen.

Schließlich gebe ich auf und verlasse die Wohnung. Dem Himmel sei Dank ist die Haustür unten nicht abgeschlossen, sonst wäre ich im Hausflur gefangen gewesen.

Bruce? Was zum Teufel war das? Das war total unbefriedigend.

Zu Hause bin ich immer noch ein wenig berauscht, wenn auch nicht sehr glücklich, und ich gehe nicht sofort ins Bett, sondern überlege noch mal die Sachlage.

Was war mit Tommy? Was war da los? Erst faselt er von Partnerschaft zwischen uns beiden, und dann hängt er den ganzen Abend mit dieser Frau rum.

Das Telefon klingelt. Ob es Tommy ist?

Nein, es ist Parker, und das ist wirklich eine Überraschung

"Hast du mit Bruce geschlafen?"

"Was geht es dich an!" So direkt will ich es ihm gegenüber nicht zugeben, dieses Fiasko, und was geht es ihn auch an. Er ist also immer noch eifersüchtig auf Männer, die eventuell mit mir schlafen und das ein halbes Jahr nach unserer Trennung. Das baut mich irgendwie auf. Tröstet mich aber nicht wirklich. Er will demnächst seine Platten abholen.

Zwei Tage später rief mich Bruce an. Seine Stimme klang verlegen. Ich lag gerade auf meinem großen Sofa und guckte irgendwas im Fernsehen. Ich war auch verlegen. Und dann fiel mir noch das Telefon runter, und das Gespräch war futsch. Er rief zwar zwei Minuten später wieder an, aber ich erfuhr nur von ihm, dass er im Café Klonck an diesem Abend arbeiten musste. Mist! Es gab keine Verabredung.

Tommy meldete sich natürlich auch nicht.

Ich hatte mich wohl zwischen zwei Stühle gesetzt, und diesen zwei Stühlen war ich wohl scheißegal.

Ende Kapitel 7

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Kapitel 8

Madame Medusas grausiges Haupt – und Bruce, was war das denn?

Ich tröstete mich im Kalei. Nicht mit Männern, sondern mit Susanne und mit Fredo, wobei ich Fredo nicht als Mann ansehe. Er ist einfach zu sensibel dafür. Fredo schlief zweimal bei mir und das sogar in meinem Bett, aber Fredo ist nicht der ‚Mann’, der einen zu irgendwas zwingen will, nein er ist nett und lieb und rückt weit weg von einem. Meistens war er so besoffen, dass er mir seinen Spruch‚ ‚der wollte ihr mal die Welt zeigen’, den ganzen qualvollen Heimweg über, während ich ihn in Richtung nach Hause schleifte und zerrte, ins Ohr blies und ich fast wahnsinnig wurde... Aber er ist wirklich ein Freund und nicht so ein eingebildeter ‚Partner’ wie dieser Idiot von Tommy. Aber auch wenn Fredo nicht so sensibel, einfühlsam und leidend wäre, wäre er körperlich überhaupt nicht mein Typ mit seinem dunklen Lockenkopf, seiner schlanken Figur und vor allem nicht mit seinem Oberlippenbart, aber er ist wirklich ein netter Kerl.

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Ich besuchte Madame, und es war ein ätzend öder Nachmittag. Das Refugium entpuppte sich als ein nach Pansen stinkender Saustall, zumindest die Küche.

Madame hatte sich nicht verändert, sah älter aus als ich und quatschte die ganze Zeit irgendeinen Müll, von einem Abend im Cops, als sie eine ganze Schüssel mit Popcorn aus Versehen leer gefuttert hatte – hähähähähä, sie hat so eine ekelhaft glucksende Lache – von ihrem Liebhaber, der bei ihr wohnte und der so überhaupt nicht gut im Bett war, ferner von ein paar Theorien über Liebhaber (drahtige Männer und wie sie sich im Bett verhalten sollten), die gar nicht so uninteressant waren, von ihrem Psychologen, mit dem sie den ganzen Tag trainiert hatte, ihre Ängste zu bewältigen... und... und... und...

Und sie fand mich sehr gut aussehend, du siehst keinen Tag älter aus als zweiundzwanzig. Das fand ich zwar nett, aber das Kompliment konnte ich ihr leider nicht zurückgeben. Sie sah aus wie vierzig... Und sie machte immer so elegante Posen, die sie noch vom Ballettunterricht hatte, so mit den Armen. Pas de deux. Obwohl, unser Ballettunterricht damals war gar nicht schlecht, da habe ich einiges gelernt, und seitdem tanze ich viel besser.

Ach ja, die Männer halten sie für eine Göttin...

Und das machte mich irgendwie fertig. Andererseits war die Medusa ja auch irgendwie eine Göttin oder was ähnliches. Hähähähähä...

Sie wird mich anrufen. Daran hege ich keinerlei Zweifel.

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Ich erhalte einen anonymen Anruf.

"Ich will dich ficken", sagt das Schwein, und nachdem ich eine Sekunde lang verblüfft bin, sage ich: "Na klar! Fick dich doch selber!" und knalle den Hörer auf die Gabel.

Woher kenne ich die Stimme? Nein, die Mühe, meine Telefonnummer herauszufinden, hat er sich bestimmt nicht gemacht. Es ist nur meine schnelle Reaktion, die mich erstaunt, denn normalerweise reagiere ich immer sehr träge auf solche Sachen. Aber was soll’s.

Madame ruft mich an und möchte mit mir ins Klonck gehen. Es ist Mittwoch. Ich bin hin und hergerissen. Es wäre eine gute Möglichkeit, Bruce zu treffen, aber mit Madame wäre ich total gefesselt, denn sie leidet an einer psychischen Krankheit und kann nichts allein machen. Sie kann noch nicht einmal alleine um die Ecke einkaufen gehen. Aber gut. Ich hole Madame ab, zu Fuß natürlich, der Weg zum Klonck schleppt sich endlos dahin, obwohl es gar nicht so weit ist, aber das Gequatsche....

Im Klonck bestehe ich darauf, dass wir uns nicht in den hinteren ‚Gesellschaftsteil’ setzen, der aussieht wie eine Metzgerei wegen der Kacheln an den Wänden, sondern direkt vorne auf die Bank am Fenster. Da ist auch die kleine Theke, da ist das Klo, und es ist der beste Platz, denn man sieht jeden, der reinkommt. Madame will zuerst nicht, aber ich setze mich durch.

Ich glaube, diesen Abend habe ich aus meiner Erinnerung gekillt, er war so grauenhaft, ich war alleine mit Madame und ihrem unsäglichen Gequatsche ausgesetzt, kein Bekannter erschien, noch nicht mal Parker...

Und dann, als wir gehen wollen und gerade zur Tür raus sind, renne ich Bruce fast um, der gerade reinkommen will.

Ich schnappe ihn mir und ziehe ihn nach draußen. Das muss jetzt sein. Ich will es wissen. Madame steht ein paar Meter weiter. Sie hat Angst alleine. Wen juckt’s?

"Willst du nicht mal bei mir vorbeikommen?" Ich kann sehr direkt sein, vor allem wenn ich ein bisschen zuviel getrunken habe und mit einem bescheuerten Weib den Abend verbringen musste.

Bruce lacht irgendwie verlegen. Er ist nüchtern und nüchtern ist er immer so, ja was ist er? Schüchtern? Verlegen? Ja, verlegen ist er, und schüchtern ist er auch.

Wir verabreden uns für Freitag. Es sind nur noch zwei Tage.

Zähneknirschend bringe ich Madame nach Hause, und das zieht sich hin. Und dann fiebere ich dem Freitag entgegen.

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Als Bruce am Freitag kam, so gegen sechs Uhr, hatte ich schon zwei Glas Rotwein getrunken. Ich glaube, ich war nüchtern einfach nicht in der Lage, mich mit ihm zu verständigen.

Bruce trank Mineralwasser. Seltsam, ich hatte immer gedacht, er wäre irgendwie ein halber Alkoholiker.

Er erzählte von einem Freund, für den er letztens gekocht hatte und dass ihm die selbstgemachten Kroketten total misslungen waren, sie lösten sich tatsächlich in der Friteuse auf.

Oh Mann, sehr interessant das... Während ich mir nervös noch mehr Rotwein reinzog, erzählte er von seiner Exehefrau. Es muss ihn hart getroffen haben, denn sie ist mit einem anderen Mann abgehauen und kriegt jetzt ein Kind von dem.

Soll er die blöde Nuss doch sausen lassen!

Vielleicht erwartet er, dass ich von Parker rede, aber dazu habe ich absolut keine Lust.

Ich lehne mich leicht an ihn, und er legt den Arm um mich.

"Wenn ich noch mal eine Beziehung haben sollte", meint er nachdenklich, "dann muss die Frau genauso geil sein wie ich."

Das kommt unerwartet und erschreckt mich. Das Wort Beziehung hört sich so trocken an, und das Wort geil so, ich weiß nicht... Ich glaube, ich fühle mich in Sachen Geilheit nicht so richtig auf der Höhe.

"Sollten wir nicht ins Bett gehen?" höre ich mich fragen. Der verdammte Alkohol! Aber es muss etwas passieren, diese Unterhaltung ist so steif, so stockend, so verkrampft.

Vielleicht geht es im Bett besser.

Also gehen wir ins Bett.

Dort ist auch alles verkrampft.

Dieser Mann ist wie eine Maschine, er spult sein Programm ab, es gibt kein Vorspiel, und es gibt keine Befriedigung für mich, es ist einfach nur rein-raus und das auch noch recht schnell. Verdammt noch mal, er war doch verheiratet und müsste eigentlich wissen, wie man den Frauen Vergnügen bereitet. Vielleicht ist seine Frau deshalb abgehauen. Und wieso habe ich das Gefühl, dass es ihm gar keinen Spaß macht?

Hinterher liegen wie nebeneinander, und er sagt etwas merkwürdiges. Mit allem habe ich gerechnet, nur nicht damit.

"Glaubst du, dass Leute fliegen können?"

Ich schaue ihn fassungslos an. Was meint er?

"Ich war mal in einer TM-Gruppe zum Meditieren", fährt Bruce fort, "und da habe ich einen gesehen, der schwebte. Er schwebte einen halben Meter über den Boden."

Ich schaue ihn immer noch fassungslos an. Will der mich verarschen?

"Was ist TM?" frage ich schließlich genervt.

"Transzendentale Meditation... Glaubst du es?" fragt er eindringlich. Es scheint ihm viel daran zu liegen, dass ich es glaube.

"Okay, vielleicht kann es sein." Ach so, der gleiche Mist wie bei Olivias Nase. Dann füge ich widerwillig hinzu: "Aber ich glaube das nicht gerne."

"Ich wollte es auch nicht glauben", sagt Bruce. "Aber da war kein Trick dabei. Das ist aber wirklich nur was für Fortgeschrittene."

Männer sind doch seltsame Wesen. Ich hätte mich jetzt gerne ganz locker über irgendwas banales unterhalten, oder über irgendwas witziges vielleicht.

Ich hätte Bruce gerne gefragt, ob die Franzosen wohl ihre Katzen siezen, ob sich ein Taucheranzug von einem Raumanzug unterscheidet, ob der Mond ein Interesse daran hat, die Erde zu umkreisen, denn er konnte ja genauso auf sie stürzen oder einfach abhauen, ob A-Hörnchen und B-Hörnchen ein Ehepaar oder Geschwister oder Freunde sind. Eben so Sachen.

....Und dann höre ich so einen Stuss.

"Was macht denn eigentlich der Volker?" frage ich nach einer kurzen schweigenden Pause, ich frage eigentlich nur, um irgendwas zu sagen und um ihn von diesem metaphysischen Mist wegzubringen, der mich so gar nicht interessiert. Volker ist ein sagenhaft gut aussehender Mann, der sich aber von jeder Frau verfolgt fühlt und somit permanent auf der Flucht ist. Er wohnt auch in Bruces Wohngemeinschaft.

"Der hat zuviel erlebt", meint Bruce. "Den kann keine mehr reizen."

Dann erhebt er sich auf einmal und zieht sich an. Ich bin geschockt, Er will mich allein lassen. Bitte nicht, Bruce, bitte bleib hier.

"Was, du willst schon gehen?"

"Ich muss arbeiten", meint er. Wahrscheinlich wieder im Klonck

Wie erbärmlich. Ich komme mir ziemlich verarscht vor. Ich wollte eigentlich mal wieder eine Nacht mit einem Mann neben mir verbringen, und dann kommt das!

Er will sich bei mir melden. Ich bleibe direkt im Bett liegen. So früh am Freitag, aber ich bin ziemlich sauer und habe keine Lust, noch mal aufzustehen und irgendwohin zu gehen.

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Ich unterhalte mich mit Susanne über Männer im allgemeinen und über Bruce im besonderen.

Sie zuckt die Achseln.

Wir unterhalten uns über Filme, und ich mache ihr den Vorschlag, mal ‚2001-Odyssee im Weltraum’ anzuschauen, irgendwann mal, wenn er in irgendeinem Programmkino gezeigt wird. Ich locke sie an, indem ich ihr erzählte, dass man für diesen Film unbedingt was zu rauchen haben muss. Das wäre so Kult. Damit habe ich sie überzeugt.

Wir gehen ins Wohnzimmer und hören Billy Idol. Vom kleinen Ralf für mich auf Kassette überspielt.

"Billy ist echt geil", begeistert sich Susanne. "Wenn ich so einen Typen auf der Straße sehen würde, dann nix wie auf ihn zu, Zunge in seinen Hals und abschleppen."

"Du bist vielleicht drauf!" Ich muss lachen. Billy ist ja ganz niedlich, aber dass dieser Edelpunk mein Idealtyp wäre, dass kann ich nicht behaupten. "Ich steh mehr auf Donald Sutherland."

"Wer issen das?" Susanne kennt ihn nicht.

Ich habe zufälligerweise ein altes Filmjahrbuch da und zeige ihr Donald."Ist er nicht irre, zwar nicht richtig schön, aber unheimlich interessant."

"Mannomann, der sieht irgendwie gefährlich aus. Aber geil", muss Susanne zugeben.

"So einen würd man hier auf der Straße nie sehen. Mist aber auch!"

Susanne lässt sich nun über die Vorzüge von Eric Burdon aus. Der ist nämlich praktisch, quadratisch und gut. Eric ist aber für meinen Geschmack ein bisschen zu quadratisch.

Dann reden wir über Männer und wenn Männer kochen.

"Wenn ein Mann sich dazu aufrafft in seiner genialen Art", ich berichte aus meinem Erfahrungsschatz mit Parker, "dann braucht er dazu mindestens viermal soviel Zeugs wie eine Frau. Die benutzen Sachen, die hast du im Leben noch nicht in deiner Küche gesehen. Dann würgst du dir das Zeug in fünf Minuten rein und musst hinterher zwei Stunden abspülen."

Susanne nickt wissend.

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Beim nächsten Ausgehen mit Madame und einer Freundin von ihr gabeln wir im Klonck ein Mädel auf, das ziemlich schicker und schwankend an der Theke steht und sich mit einem unangenehm aussehenden Typen unterhält. Leider ist sonst kein Bekannter da, weder Bruce noch mein Exmann. Ist kein guter Abend. Aber mit Madame ist das ja immer so.

Jedenfalls schleppte Madame das Mädel an unsere Bank, und wir nahmen es mit zu mir, wo es sich auf dem Sofa zusammenrollte und einschlief, nicht ohne uns vorher noch einen abgrundtief misstrauischen Blick zugeworfen zu haben.

Madame fing an, aus meinem kleinen roten Adressbüchlein irgendwelche Leute anzurufen.

Den schönen Volker ruft sie auch an.

"Das Schwein hat ja einen Anrufbeantworter!"

"Der kann sich vor Frauen nicht retten." Ich bin sehr erleichtert, dass Volker einen Anrufbeantworter hat, nur hält meine Erleichterung nicht lange vor, denn jetzt ruft sie gerade Robert an. Nein, um Gottes Willen...

Sie macht ein paar versteckte Andeutungen, die so offenkundig sind, dass Robert wahrscheinlich nach einer Minute weiß, von wo aus er angerufen wird.

Madame stellt sich am Telefon als Prototyp der Schönheit dar, und sie ist in ihrem Laden anzutreffen. Und wie sie aussieht und wie sexy sie ist. Eine Göttin....

Es ist nicht auszuhalten, und ich gehe ins Bett. Am nächsten Morgen muss ich feststellen, dass Madame mir meinen Teppichboden mit einem riesigen Rotweinfleck versaut hat, sie hat zwar ein Pfund Salz darüber gekippt, aber ich befürchte, es wird ein langwieriger Prozess werden, den Fleck rauszukriegen.

Das Mädel ist wach und einigermaßen nüchtern, und es macht jetzt einen sehr intelligenten Eindruck. Der Name des Mädels ist Karen, und Karen sieht ein wenig exotisch aus mit ihrer dunklen Haut und ihren tiefbraunen Augen.

Sie ist immer noch misstrauisch und immer noch ein wenig betrunken.

Wir tauschen unsere Telefonnummern aus. Irgendwie mag ich diese Frau. Madame beobachtet uns verschlagen, denn immerhin ist sie es gewesen, die das Mädel gerettet hat.

Sie schlägt vor, zu ihr zu gehen. Georg, ihr Stecher würde für uns alle was kochen.

Ich lehne dankend ab. Ich werde auf keinen Fall mitgehen, ich bin froh, wenn ich endlich alleine bin.

Eine halbe Stunde später bin ich endlich allein, ich bleibe zurück mit einem großen Haufen Salz über einem großen Rotweinfleck. Aber ich bin alleine.

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Es ist immer noch lausig kalt.

Manchmal werfe ich sogar einen Heizlüfter an. Meine Gasetagenheizung funktioniert nämlich nicht. Ich kriege die Flamme im Boiler einfach nicht an. Könnte dran liegen, dass ich mir immer Zigaretten an der Flamme angezündet habe, wenn ich kein Feuerzeug hatte, und jetzt ist das Ding vielleicht verdreckt, verstopft oder so. Ich glaube, ich werde vor Einbruch des Winters hier ausziehen, denn für eine Heizungswartung habe ich kein Geld übrig, und ich habe auch keine Lust, meinen Vermieter anzurufen. Dem habe ich gerade erst verklickert, dass ich jetzt alleine hier wohne und dass die Nebenkosten dadurch etwas geringer geworden sind.

Susanne kommt vorbei und sieht mir zu, wie ich mir die Haare ganz kurz schneide. Sie stehen jetzt igelig in die Höhe, und ich sehe besser aus als mit den langen Fransen. Ich warte immer noch auf den Sonnenschein, der mich braun und mein Haar weißblond macht, aber da tut sich nichts. So ein blödes Wetter.... Susanne schneidet mir hinten die Haare, wo ich nicht drankomme. Susanne schneidet sich auch die Haare selber und zwar mit einer Art modifizierter Rasierklinge.

Susanne schaut mir auch beim Nähen zu. Meistens nähe ich aus Langeweile. Und natürlich auch, um langweilige Stücke zu verändern, um ein bisschen Taille in die eher weiten Sachen zu bringen, um langweilige Sweatshirts figurnah zu machen und vor allem kürzer, denn ich habe keine Lust, meine körperlichen Vorzüge unter irgendwelchen Schlabberteilen zu verstecken. Einmal nähe ich mir ein T-Shirt aus einem Kleidersack, und Susanne lacht sich kaputt. Und einmal nähe ich mir aus einem weißen Damastbettbezug einen Rock, einen verdammt weiten Rock, ich habe in den Bettbezug ein breites Gummiband eingenäht, und ihn knielang abgeschnitten. Trotz des vielen Stoffes sieht man meine schlanke Taille immer noch. Susanne quietscht vor Vergnügen, sie ist begeistert über meine Ideen.

Im Kalei lerne ich einen Typen kennen. Er macht irgendwie den Eindruck, als stünde er unter Medikamenten, ist aber nett und freundlich. Er wohnt direkt gegenüber vom Kalei.

Susanne mag ihn nicht.

Susanne ist die einzige Frau in meinem Bekanntenkreis, die sich absolut nicht schminkt. Ich selber schminke mich ja auch nicht viel, aber ohne ein bisschen Make Up und Rouge würde ich mir nackt und unscheinbar vorkommen. Aber Susanne hat so feine Gesichtszüge und so eine makellose Haut, dass sie kein Make Up nötig hat.

Zwei Tage später besuchen wir einen astronomischen Vortrag in der Volkshochschule. Ist ziemlich lahmarschig, und ich erfahre nichts, was ich nicht schon wüsste über Astronomie. Astronomie ist außer Lesen mein zweitliebstes Hobby, und auf dem Nachhauseweg zeige ich Susanne die Venus und die Vega. Sie ist beeindruckt.

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Ich telefoniere öfter mit Karen, der neuen Frau in meinem Leben. Und es ist seltsam, sie kennt ein paar Leute, die ich auch kenne, zum Beispiel Waltraut und Michael, den Exfreund meiner Schwester, der dann Waltrauts Freund wurde. Sie verkehrte nämlich in der Kneipe, wo die ganze Truppe immer zusammen rumhing und Frauen anbaggerte. Ihre große Liebe war ein Typ, den ich auch kenne aus dieser Kneipe, ein Freund von Michael, ein unverschämter kleiner Kerl, den ich nicht mochte. Aber Karen liebte ihn, hatte mit ihm geschlafen, aber es war gefühlsmäßig keine Resonanz von dem Kerl gekommen. Und daran krankt sie immer noch. Sie zieht am Wochenende durch die Kneipen, besäuft sich, landet dann bei irgendeinem Kerl im Bett und... Ich weiß nicht, ob ich so enden will.

Von Bruce höre ich nichts.

Von Tommy höre ich auch nichts. Man munkelt, das Haus Dobermann wird gerade renoviert. Ich erinnere mich, dass Tommy von einem Umbau in eine Disco gesprochen hat.

Ich gehe mit Madame auf das diesjährige Unifest.

Ich meine, im Vorbeifahren jemanden gesehen zu haben, und zwar diesen Hardy-Idioten, er stand draußen und unterhielt sich mit zwei Typen, und dann ging er weg. Er war es, hundertprozentig, dieses Aussehen ist einmalig. Ob ich ihn wohl treffe? Besser nicht. Trotzdem halte ich den ganzen grauenhaften Abend über Ausschau nach ihm. Um ihm aus den Weg zu gehen natürlich

Madame klammert sich am mich wie ein Klammeraffe. Ich versuche aufs Klo zu fliehen, aber sie eilt mir hinterher, ein Wunder, dass ich die Klotür zumachen kann. Bei mir zuhause hat sie übrigens die Klotür aufgelassen und thronte, ganz Göttin natürlich, auf der Schüssel. Also, ich steh da nicht so drauf...

Eigentlich hatte ich Lust, mal so richtig abzutanzen, aber der Saal war ihr natürlich zu voll, und zähneknirschend setzte ich mit ihr in eine ruhige Ecke auf eine ruhige Bank. Ich war so sauer, dass ich sie hätte erschlagen können.

Eine Stunde später nahmen wir uns ein Taxi und fuhren zu ihr. Ich musste noch in den Hauflur mitkommen, denn sie hatte so eine Angst... Wo zum Teufel war ihr verdammter Stecher?

Fuchsteufelswild eilte ich durch die Innenstadt wieder zurück zur Uni. Aber es war alles umsonst, ich traf keinen Bekannten mehr an... Scheiße!

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Das Haus Dobermann lud alle Gäste ein, zur Neueröffnung zu erscheinen. Ich ging mit Susanne und Fredo hin. Es war das erste Mal, dass ich Tommy nach ein paar Wochen wiedersehen sollte.

Das Dobermann war fast genauso schietig wie vorher, auf den Tischen lag jetzt allerdings schwarze Lackfolie, und Tommy hatte eine bisher zugemauerte Tür wieder aufgemacht, von der jetzt ein langer Gang in Richtung auf die neue Tanzfläche führte... War gar nicht so schlecht. Tommy machte den Diskjockey, und ich gab ihm eine Kassette zum Abspielen

Susanne und ich tanzten zu den Klängen von Ultravox.

Irgendwann war Tommy weg. Bei seiner Frau?

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Wir haben jetzt die vierte Juliwoche, und ich schätze mal, der Sommer ist gelaufen. War ein lausiger Sommer.

Entschließe mich, ein Fest zu geben. Am Samstag. Wenigstens einmal in diesem lausigen Sommer will ich ein Fest geben. Ich werde grillen. Oder grillen lassen. Im Keller ist noch ein Grill, meine Terrasse ist überdacht, und es kann notfalls auch regnen.

Aber wen soll ich einladen? Susanne ist klar, sie wird wahrscheinlich noch eine Freundin mitbringen, Rüdiger vielleicht und noch einen Bekannten. Karen vielleicht. Madame auf keinen Fall. Fredo eventuell. Und meine beiden Freunde Rupert und Betty. Den kleinen Ralf und meinen alten Freund Manni, dem ich immer die Haare schneide. Ralf wird wahrscheinlich auch noch Leute mitbringen. Das sollte reichen.

Am Freitag vor dem Samstag ging ich mit Susanne und Rüdiger noch einmal ins Haus Dobermann. Es war immer noch reichlich voll. Das Geschäft lief also ganz gut. Tommy und seine Frau standen einträchtig hinter der Theke, aber das juckte mich nicht mehr.

Ich wollte eigentlich nicht lange bleiben, hatte aber trotzdem schon reichlich getrunken, denn ich hatte mein Karmännchen draußen stehen mit zwei Pappschachteln Rotwein unter dem Fahrersitz, und wir sind ab und zu hinausgegangen, um etwas davon zu trinken, Susanne und ich.

Kurz bevor wir gehen wollten, so um ein Uhr, kam jemand rein, den ich irgendwoher kannte. Ich glotzte ihn an, und er glotzte mich an, und dann fiel es mir ein: Es war der Kollege Clem, der Freund von diesem unsagbaren Hardy. Meine Güte, war das jetzt schon zwei Monate her?

Wir fielen uns in die Arme, na ja ich war schon ziemlich besoffen.

"Irma, Schatz, wie geht’s dir?"

Er wusste doch tatsächlich noch meinen Namen. Ich fühlte mich geschmeichelt und lud ihn postwendend ein zu meiner Grillparty am morgigen Samstag. Und er sagte zu, wollte noch ein paar Leute mitbringen, und ich fühlte, dass die Party allmählich in Schwung kam.

Ich sagte Tschüß und bis morgen. Clem wusste zwar noch, wo ich wohnte, aber ich hatte ihm vorsichtshalber meine Telefonnummer gegeben.

Ich war kaum aus der Tür raus, da kam er hinter mir her, stieß mich leicht an und fragte: "Hast du was dagegen, wenn Hardy auch kommt?"

...Hardy auch kommt? Ich überlegte ein bisschen.

Na ja, ich weiß ja jetzt ‚was Hardy für einer ist. Jetzt weiß ich es.

"Warum nicht? Kann kommen." gab ich fröhlich Bescheid.

Und fröhlich winkend verabschiedete ich mich von Clem, der mir, wie es schien, leicht skeptisch nachsah, aber das war bestimmt nur Einbildung.

 

Ende Kapitel 8 LOVE GAMES © Ingrid Grote 2004

 

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