LOVE GAMES                                    

Kapitel 25

Oktober – kein Titel

Love Games von Level 42! Wieder kam mir der Text in den Sinn:

Once I hoped to be your lover and your friend

but it turned into a game

I won't play no more!

I beleave I’m right when I say you love me too

It just can't go on

Your love games

Er wollte mir irgend etwas damit sagen, und ich hatte es in meiner üblichen Borniertheit nicht kapiert.

Die Klingel ging natürlich nicht, wie immer in letzter Zeit. Also benutzte ich meinen Schlüssel, ging eilig die Treppe hoch und schloss seine Wohnungstür auf.

Irgendwo war Licht, also musste er zu Hause sein. Das Licht war in seiner Küche, und ich ging in Richtung Licht. Ich hörte leise Stimmen, dachte mir aber nichts dabei, weil ich gerade so euphorisch drauf war.

Ich sah in die Küche und erstarrte.

Ich sah ihn am Tisch sitzen. Er hatte nur seine Jeans an, sonst nichts.

Ihm gegenüber saß eine Frau und hielt zärtlich seine Hand. Oder er hielt zärtlich ihre Hand. Keine Ahnung, wer wessen Hand zärtlich hielt, aber der Gesamteindruck war deutlich genug, um mir einen harten Stich ins Herz zu jagen, in das Herz, das ich für versteinert gehalten hatte.

Hardy hatte wohl ein Geräusch gehört und wandte seine Augen mir zu.

Ich glaube, als unsere Augen sich trafen, da war es, als ob ich ihn mit meinem Blick hätte töten können. Ich glaube, er hat es auch so empfunden, denn er zuckte zusammen und zog seine Hand aus der Hand der Frau zurück.

Ich ließ die Haustürschlüssel, die ich immer noch in der Hand gehabt hatte, auf den Wohnzimmertisch fallen und floh aus der Wohnung.

Ich glaube, so schnell war ich noch nie.

Als ich in mein Auto stieg, fing es gerade heftig an zu regnen.

Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist Mist… und noch mal MIST!

Irgendwie schaffte ich es nach Hause.

****************************************************

Ich erzählte es Karen, und sie schaute ungläubig drein.

"Du hättest ihn zur Rede stellen sollen", meinte sie.

"Bist du verrückt?" Ich war empört. "Ich habe keinerlei Rechte an ihm. Also was hätte ich da zur Rede stellen sollen? Außerdem war die Situation eindeutig."

"Hmmm", sagte Karen.

"Und ich geh’ jetzt noch mal weg", sagte ich trotzig. Ich musste einfach weg hier, ich musste irgendwo in der Gegend herumlaufen und vor mich hinbrüten, ich musste irgendwo was trinken, obwohl ich so eine Ahnung hatte, das Trinken würde heute Nacht nicht viel bringen. Aber ich musste es wenigstens versuchen.

Was anderes blieb mir nicht.

"Ich komme mit", sagte Karen.

"Nein, ich muss alleine weg." Ich hatte keine Ahnung, wo ich hingehen sollte. Vielleicht zu Bruce. Aber dann würde ich mich wieder selber belügen und Bruce natürlich auch.

"Vielleicht gehe ich zu Bruce", sagte ich aufsässig zu Karen. "Und falls dieser Sack anrufen sollte, was ich aber nicht glaube, dann kannst du ihm ja sagen, ich wäre zu Bruce gegangen, um mich von ihm ficken zu lassen."

"Mach jetzt keinen Scheiß, Irma."

"Ich hab schon genug Scheiße gemacht, also kommt es darauf auch nicht mehr an." Mit diesen Worten zog ich meine Jeansjacke an, hängte mir meine kleine Tasche quer über die Schulter, griff mir meinen Schlüssel und lief hinaus.

Nach einer Weile stellte ich fest, dass es ziemlich kalt und nass draußen war. In kürzester Zeit waren meine dünnen Turnschuhe durchnässt, weil ich blöderweise immer in dämliche Pfützen trat, aber das war mir egal.

Ich ging erst einmal in Richtung Nick’s Café, traf meine Studentenfreundin Sascha, sie kellnerte dort - es war voll, ich quetschte mich an die Theke, setze mich auf einen gerade freigewordenen Barhocker, brütete vor mich hin, trank zwei Glas Rotwein und machte mich eine Stunde später auf den Weg zum Klonck.

Vorher wollte ich tatsächlich noch bei Bruce vorbeigehen, aber als ich dann vor seinem Haus stand, konnte ich mich nicht überwinden, bei ihm anzuschellen.

Es war vielleicht besser so.

Also ging ich ins Klonck, das war nicht weit entfernt. Dort traf ich Parker ohne Cornelia an, und Parker hatte keine anderen Sorgen, als mich zu fragen, ob ich mit dem kleinen Ralf geschlafen hätte. Ich war ziemlich fassungslos und verneinte das. Der hatte vielleicht Ideen!

Und er hatte tatsächlich Stress mit Cornelia.

"Ihre Familie kann mich überhaupt nicht leiden", jammerte er rum. "Wenn ihre Mutter anruft und ich ans Telefon gehe, dann hängt die immer ein..."

"Ja wirklich tragisch", meinte ich, aber er war so durcheinander, dass er den Hohn in meiner Stimme nicht bemerkte oder nicht beachtete.

"Ich hab sie natürlich ein paar Mal etwas hart angefasst..."

"Du hast was? Bist du nicht ganz gescheit!?" Ich war fassungslos.

"Ihre Freundin aus dem Krankenhaus hat sie bestimmt aufgehetzt, die kann mich auch nicht leiden." Parker schien wirklich fertig zu sein. Komisch, dass ich gar kein Mitleid mit ihm hatte. Und was sollte ich ihm raten? Er war nun mal ein Scheißkerl, mit oder ohne meinen eigenen Beitrag an Gefühllosigkeit. Das hatte ich mittlerweile kapiert. Immer hatte ich die Schuld auch bei mir gesucht. Klar, ich war nicht gut für Parker, aber im Grunde war er ein Scheißkerl und ein Drecksack war er auch.

"Werd’ endlich erwachsen, Junge. Das mögen die Frauen." Das war der einzige Rat, den ich ihm geben konnte, aber ich glaube, er verstand mich nicht.

Ich wollte sowieso weg hier. Ich wollte ins Kalei, zurück zu den Wurzeln, es war schon ein Uhr, aber immer noch früh genug, um ins Kalei zu gehen. Ich verabschiedet mich von Parker und machte mich auf den Weg.

Es regnete immer noch leicht, und ich glaube ich sah mittlerweile aus wie eine nasse Katze, aber das störte mich nicht weiter.

Nach einer dreiviertel Stunde war ich im Kalei.

Es war schon recht leer. Kein Bekannter war da außer Harald, mit dem ich auf dieser seltsamen Grillparty gewesen war, und Harald erschien mir nicht gerade tröstlich.

Also hielt ich mich von ihm fern, setzte mich an die Theke und trank ein Bier, viel Durst hatte ich nicht, der ganze Alkohol dieses Abends hatte es nicht geschafft, mich betrunken zu machen. Aber dafür war ich ziemlich nass, zumindest hatte ich das Gefühl, nass zu sein, aber das machte mir nicht viel aus. Mein Körper schien die Nässe nicht zu spüren.

Irgendwann stellte ich mich vor die Tanzfläche, um den Tanzenden zuzusehen.

Vor ein paar Monaten stand ich auch hier, ich glaube sogar, es war die gleiche Stelle, und es war auch kurz vor Feierabend...

Wie konnte ich so naiv sein, zu glauben, dass dieser Mistkerl sich ändert. Es war von Anfang an ein einziger Krampf mit uns beiden. Es war ein beschissenes Spiel. Und ein Kampf war es auch. Wir haben uns belauert und behakt... Und ich habe verloren. Ich habe ihn verloren, Falsch, er hat mir nie gehört, also konnte ich ihn gar nicht verlieren. Nein, ich habe mich selber verloren.

Ich will nicht mehr daran denken. Die Sache ist vorbei. Aber es tut weh. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so weh tun würde, ich dachte, ich hätte alles unter Kontrolle. Das hatte ich wohl nicht...

Gleich werden sie ‚La vie en Rose’ spielen, aber ich werde nicht so lange bleiben, bis sie mich rausschmeißen.

Ich werde nach Hause gehen. Ich kann nicht mehr stehen, mein ganzer Körper tut mir weh, meine Turnschuhe sind nass, und ich friere auf einmal. Und ich will weg von hier!

Ich drehe mich um, um hinauszugehen.

Und rassele direkt in eine Person hinein, die wohl dicht hinter mir gestanden hat.

"Sorry", sage ich und will mich an der Person vorbeidrängen, aber ich werde festgehalten.

"Was zum Teufel...!" Ich will die Person anschnauzen, die mir so schnöde den Weg versperrt, aber...

Es ist Hardy, und er macht ein Gesicht zum Fürchten.

"Los komm!" sagt er, ergreift meine Hand und zieht mich aus dem Laden.

Ich versuche mich loszumachen, aber sein Griff ist wie eine Schraubzwinge, also gehe ich widerwillig mit, denn ich habe keine Lust, in diesem dämlichen Laden Aufsehen zu erregen, indem ich mich mit einem Typen herumzanke.

Er öffnet die Beifahrertür seines Volvos, der direkt vor dem Kalei steht – um diese Zeit gibt es massig Parkplätze hier –schubst mich in das Auto, knallt die Tür zu, steigt auf der Fahrerseite ein und fährt los in Richtung meiner Wohnung.

Ich sehe permanent nach rechts aus dem Fenster, weil ich ihn nicht ansehen will.

Er sagt nichts. Was will er von mir? Will er mir jetzt den Rest geben?

Ich schließe mit klammen Händen die Haustür auf, dann meine Wohnungstür. Ich habe geschellt, aber keiner hat aufgemacht.

"Ich habe Karen nach Hause gefahren", sagt Hardy hinter mir. Ich schaue ihn verblüfft an. Er war also heute Abend schon mal hier.

"Ich habe mich ein bisschen mit ihr unterhalten", Hardy lächelt, und das ist kein gutes Zeichen. Worüber haben die sich wohl unterhalten?

"War sie betrunken?" Hoffentlich hat sie ihn nicht angemacht. Möglicherweise mit Erfolg angemacht. Ich glaube, das würde ich ihr nie verzeihen.

"Nein, war sie nicht."

Oh Gott sei Dank!

Jetzt erst merke ich, dass meine Turnschuhe total durchnässt sind, und dass der Rest von mir auch nicht viel trockener ist. Hat es geregnet, während ich durch die Stadt lief? Keine Ahnung. Und ich friere. Ich ziehe die feuchte kalte Jeansjacke aus und streife mir einen warmen grauen Pullover über und friere immer noch.

Ich gehe ins Wohnzimmer, setze mich auf das kleine Sofa und fange an, mir die Turnschuhe auszuziehen, aber es ist mühsam, weil meine Finger eiskalt und steif sind und sich kaum bewegen lassen.

"Lass mich das machen." Hardy kniet sich vor mich hin und lockert gekonnt die Schnürsenkel. Er macht das sehr geschickt.

Meine Socken sind auch klatschnass.

"Herrgott, bist du eigentlich bescheuert!" meckert er mich an. "So dünn angezogen draußen rumzulaufen? Und wo warst du eigentlich überall? Ich glaub, ich hab dich immer knapp verpasst."

Er regt sich tatsächlich auf, und trotz seines Gemeckers bin ich froh, dass er da ist, wenn ich auch nicht weiß, was er von mir will.

Er holt von irgendwoher ein Handtuch und trocknet mir die Füße ab. Dann setzt er sich neben mich auf das kleine Sofa, dreht mich zur Seite, so dass meine Füße auf seinem Schoß liegen und wärmt mir die Füße mit seinen Händen.

Ich glaube, ich werde rot und schaue wie gebannt auf seine Hände. Es ist ein wunderbares Gefühl, von ihm die Füße gewärmt zu bekommen. Es wärmt mir mein Herz, von dem ich glaubte, es wäre versteinert.

Aber was will er von mir?

"Ich habe dein kleines rotes Buch gelesen."

Er hat meine persönliche Mao-Bibel gelesen, das Buch, in dem alle meine Bekannten, Liebhaber und Freunde stehen, teilweise sogar mit Straße und Hausnummer. Oh Gott!

"Ich wollte deinen Bruce besuchen. Karen erwähnte so was." Hardy macht eine wie mir scheint sehr effektvolle Pause. "Um ihm was vors Maul hauen, wenn du da gewesen wärst..."

Oh Gott!

"Ich war aber nicht da", krächze ich irgendwie, und ich bin heilfroh, dass ich nicht da war.

Ende Kapitel 25

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Kapitel 26

Oktober – LOVE?

"Verflucht Irma, was denkst du überhaupt über mich?"

Seltsame Frage. Was soll ich darauf antworten?

"Ich denke das, was ich höre und sehe." Ich schaue ihn nicht an, als ich antworte. Ja, das stimmt wohl. Das ist nicht gelogen.

"Gut, du hast mich mit einer Frau gesehen, gut, ich gebe zu, ich wollte mit ihr schlafen.... Warum wohl? Ich glaube, ich hatte die Nase voll von dir, seitdem ich dich am Nürburgring gesehen habe, wie du mit diesem Bruce... Ach Mist! Ich konnte es nicht ertragen, ich wollte Schluss machen, weil...", er redet nicht weiter, sondern starrt nur vor sich hin.

"Weil was?" Meine Stimme klingt ärgerlich.

"Weil ich dachte, es hätte keinen Sinn. Ich konnte dich nicht erreichen, und ich hatte nicht den Mut, es zu versuchen. Du warst so cool und so uninteressiert an mir... Und jedesmal, wenn ich dachte, ich wäre dir näher gekommen, dann bist ungerührt und unberührt aufgestanden und hast mich verlassen. Einfach so."

"Ich habe dich heute Abend gesehen. Lenk nicht davon ab."

"Und ich habe heute Abend deinen Bruce besucht. Also erzähl mir nichts über Untreue und so."

"Du hast was?" Oh mein Gott, das konnte nicht wahr sein. Er hatte alles rausgekriegt, und ich war erledigt.

"Im Unterschied zu dir habe ich nicht mit der Frau geschlafen, ich wollte es zwar, aber es ging nicht." Er macht eine ratlose Pause, bevor er weiterspricht: "Ich habe doch tatsächlich keinen hochgekriegt, und das verdammt noch mal, ist nur deine Schuld!"

"Hardy, bitte..."

"Warum hast du mir kein Zeichen gegeben? Warum nicht?"

"Ich dachte, du würdest mich zurückweisen, wenn..."

"Du hattest irgendwann wohl einen Alptraum, du hast geschrieen, und ich habe dich in meine Arme genommen, aber nach ein paar Minuten bist du total steif geworden und hast dich ganz schnell entfernt."

"Du hast mich in den Arm genommen? Oh nein, ich dachte, ich hätte mich in deine Arme gelegt, weil ich Angst hatte noch von dem Traum, und dann hatte ich Angst, du könntest mich zurückweisen..."

"Also Irma, was denkst du überhaupt über mich?" Jetzt klingt seine Stimme unerbittlich.

"Ich musste immer an diesen ersten Abend denken, an deine dämliche Art und wie du mir erzählt hast, du hättest letztens mit der Freundin eines Kollegen geschlafen..." Ich mache eine verzweifelte Pause, weil mir das peinlich ist.

Er schaut mich aufmerksam an und sagt: "Weiter, sag’s mir!"

"Und dann habe ich den Arm um sie gelegt, und sie hat mir von ihren Problemen erzählt", wieder zittert meine Stimme, aber ich muss jetzt weiterreden, ich muss ihm sagen, was mir an ihm nicht passt und was ich verabscheue, denn jetzt ist es wohl egal. "Das hast du gesagt, und ich musste immer dran denken."

"Warum zum Teufel?"

"Ich habe dich für ein Schwein gehalten, zum ersten, weil du mit der Freundin eines Kollegen geschlafen hast, und dieses hinterherige Armumlegen, na ja, das hat mich einfach nur sauer gemacht..." Ich schnaufe verächtlich. "Und ich wäre lieber verreckt, als für dich eine weitere Frau darzustellen, mit der du zuerst schläfst und die dir danach über ihre Probleme erzählt."

"Gut. Das kann ich verstehen. Und es stimmt. Es war nicht richtig, meine einzige Entschuldigung ist, dass zwischen ihnen Schluss war." Er macht eine kurze Pause und denkt nach. "Du warst eifersüchtig."

"Wer ich und eifersüchtig! Du spinnst wohl!" Ich bin empört.

"Du bist ein verdammt stures Weib. Du kannst einfach nichts zugeben."

"Was zum Teufel sollte ich denn zugeben?"

"Du willst es nicht? Gut, dann fange ich mit mir an. Ich bin zwar auch ein verdammt arroganter Kerl und ziemlich von mir eingenommen, aber ich kann zugeben, wenn ich etwas empfinde. Und ich empfinde etwas für dich, Irma. Eigentlich empfinde ich verdammt viel für dich."

"Ooooh wirklich?" Ich kann es nicht fassen.

"Am Anfang war ich natürlich stinksauer auf dich." Hardy macht eine Pause und schaut mich irgendwie verlegen an. "Natürlich wollte ich dich ficken an diesem Abend. Du schienst mir die geeignete Frau dafür zu sein, und ich fand dich verdammt anziehend, du warst so süß und anschmiegsam, eigentlich unwiderstehlich. Und ich konnte es nicht fassen, dass du mich abgewiesen hast."

"Also bitte Hardy! Dein Freund saß nebenan... Wieso musste Clem eigentlich das Taxi bezahlen. Das fand ich ziemlich gemein von dir."

"Er hatte noch jede Menge Schulden bei mir, und das war die richtige Gelegenheit, ihn ein bisschen bluten zu lassen."

"Aha! Und hast du so was öfter gemacht? Ich meine, eine Frau kurz vor Feierabend in irgendeinem Schuppen aufreißen?"

"Nicht oft. Das mit dir war eher ein Zufallstreffer, na ja, man trifft nicht oft jemanden wie dich... Und diese Sache mit den Problemen... es war total bescheuert, was ich damals so getrieben habe." Hardy wärmt mir immer noch die Füße, und ich bin froh, dass meine Füße hübsch sind ohne Hornhaut und dass meine Fußnägel hellrosa lackiert sind... "Jedenfalls bist du mir nicht aus dem Kopf gegangen. Fast wäre ich irgendwann bei dir vorbei gekommen, aber ich hatte Angst, du würdest mich wieder rausschmeißen. Meine Güte, war ich sauer an diesem Morgen!" Wieder macht er eine Pause. "Und dann habe ich bei dir angerufen..."

"Ich wusste es! Du warst es also? Bist du eigentlich verrückt oder was!" Ich will dich ficken! Dieser anonyme Anruf war tatsächlich von ihm gewesen. "Also wirklich Hardy, so was tut man doch nicht!"

"Ich war besessen von dir, nein, nicht von dir, sondern von der Idee, dich zu ficken, und zwar so, dass du winseln und jammern würdest. Und von der Idee, dich dann auszulachen und einfach abzuhauen."

"Hmmmm...."

"Ich hatte Clem gesagt, er solle nach dir Ausschau halten und mir Bescheid geben, falls er dich noch mal irgendwo trifft."

"Na das hat ja ganz gut geklappt", sage ich bitter.

"Ja, das hat ganz gut geklappt, hat zwar länger gedauert als ich dachte, aber es hat geklappt. Und ich durfte bei dir übernachten." Hardy verzieht seine Lippen zu einem ironischen Grinsen, und ich möchte ihn am liebsten auf seine ironischen Lippen küssen, halte mich aber zurück. Er soll erst reden. Ich will jetzt alles wissen.

"Aber, Süße, du hast dich wieder nicht so verhalten, wie ich es erwartet habe. Eigentlich war ich überzeugt davon, du wärst in mich verliebt, dein Körper hatte so seine eigene Sprache... Aber dein Benehmen danach hat mich wieder verunsichert. Und ich stand wieder da wie am Anfang. Ich hatte nichts von dir bekommen. Zumindest nicht das, was ich eigentlich wollte."

"Und was wolltest du eigentlich von mir?"

"Die Frage habe ich mir schon auf Mallorca gestellt. Und ich bin lange nicht auf die Antwort gekommen. Ich dachte immer noch, wenn du dich in mich verlieben würdest, dann wäre es gut, und ich hätte die Nase voll von dir... Natürlich habe ich mit einer anderen Frau geschlafen, aber es war nichts. Es war, als ob ich meinen Schwanz in ein Waschbecken mit lauwarmen Wasser halten würde. Es war nichts." Er lächelt etwas schief, bevor er fortfährt: "Außerdem fiel mir auf Mallorca siedendheiß ein, dass ich mit dir geschlafen hatte, ohne irgendwie zu verhüten..."

"Machst du das immer so?" Es stimmt, ich hatte mich auch darüber gewundert, dass jemand, der so viel Erfahrung mit anderen Frauen hatte, so unbedacht Sex mit mir hatte.

"Nee, bestimmt nicht, aber ich glaube, bei dir hatte ich das Gefühl, dir unbedingt vertrauen zu können." Er schaut mich irgendwie hilflos an, wie mir scheint.

Ich überlege ein bisschen, bevor ich sage: "Weißt du eigentlich, dass Bruce Vater wird?"

Er schaut mich verständnislos an, und ich fahre fort: "Susanne kriegt wahrscheinlich ein Kind von ihm. Es kommen aber auch noch drei andere Männer als Vater in Frage. Und genauso gut hättest du in die engere Wahl kommen können. Nämlich, wenn du es mit Susanne statt mit mir getrieben hättest!" Meine Stimme klingt wahrscheinlich sehr sauer und vorwurfsvoll.

"Das stand nie zur Debatte, verdammt noch mal!"

"Du hast es aber gesagt!"

"Ich wollte dich ein bisschen provozieren. In Wirklichkeit hätte ich es nie mit Susanne versucht, sie erschien mir irgendwie unsolide."

"Ach, sie erschien dir unsolide? Hmmm... Und wenn ich jetzt ein Kind gekriegt hätte, dann hättest du dich doch bestimmt ganz schnell verdrückt, oder?" Er mag also solide Frauen. Bin ich solide? Ja!

"Hmmm", Hardy lächelt verlegen. "Vielleicht... Vielleicht aber auch nicht. Ich glaube, es hätte mir gefallen, dich abhängig von mir zu sehen."

"Hardy, du bist wirklich ein Schwein, aber ein verrücktes Schwein. Also, was war weiter?"

"Jedenfalls habe ich keinen Versuch mehr gemacht, dich oder eher das, was ich mit dir machen wollte, durch eine andere Frau zu verdrängen. Es klappte nicht." Wieder macht Hardy eine Pause. "Ich fing an, ständig an dich zu denken, an deinen Körper und an deine Hingabe zu denken. Und ausgerechnet ich, der noch nie länger eine Frau in seiner Wohnung ertragen konnte, fing an, mich über deine Flüchtigkeit aufzuregen. du warst immer weg, du warst so leicht wie eine Feder und so schwer zu erwischen. Und ich wollte dich eigentlich immer bei mir haben, aber du... na ja, du weißt schon."

Er hatte an mich gedacht. Dauernd an mich gedacht.

"Und wer war das eben?" Ich muss das fragen, denn der Anblick von ihm händchenhaltend mit einer anderen Frau tut immer noch weh.

"Eine alte Freundin, Karla, eigentlich ist sie lesbisch, wir waren mal kurz zusammen, aber sie mag nur Frauen, trotzdem sind wir Freunde geblieben. Und sie hat mich getröstet, nicht umgekehrt", sagt Hardy eilig, als er mein Gesicht sieht, das sich wohl während seiner Rede verfinstert hat. "Verdammt, ich hatte immer noch damit gerechnet, dass du dich bei mir meldest, aber nein, Irma ruft ja nie bei mir an... Also habe ich Karla angerufen, ich wollte keine fremde Frau anmachen, ich habe den Anrufbeantworter aktiviert und wollte mich von Karla trösten lassen. Tja..."

"Ich weiß nicht, ob ich Freundinnen mag, die sich so um dich kümmern...." Ob er diese Karla mochte?

"Karla hat sich auf den ersten Blick in dich verliebt", sagt Hardy, und er schaut unsicher drein.

"Komisch. Frauen mögen mich irgendwie. Sag Hardy, findest du mich irgendwie männlich?" Wie kann man in so einem Augenblick nur so was Dämliches fragen?

Hardy fängt an zu lachen, er steigert sich in das Lachen hinein, bis ich es nicht mehr ertrage und frage: "Was zum Teufel gibt es da zu lachen?"

"Das ist wirklich gut! Du und männlich. Gute Güte!"

Das ist ein Aussage, die mir gefällt. Also bin ich nicht männlich.

"Und wer war die Frau, die dich bei mir angerufen hat?" So, jetzt ist es raus, und es ist mir peinlich.

"Ach du lieber Himmel! Hab ich dir nicht erzählt, dass sie mich besuchen wollten. Dieser Freund von mir und seine Frau? Du hast mich gar nicht ausreden lassen, du hast das Gespräch sofort abgewürgt." Hardy schaut mich vorwurfsvoll an, und ich schlage die Augen nieder unter seinem Blick. "Er ist sehr krank, es ist ein bösartiger Tumor an der Milz, und er musste wieder ins Krankenhaus."

"Oooh...." sage ich leise. Und fühle mich total beschissen. Ich fühle mich egoistisch und kleinlich. Was bin ich nur für eine Frau.

"Er hatte einen Zusammenbruch an diesem Samstag, und seine Frau rief mich an, um es mir zu sagen. Sie haben ihn dann noch mal hingekriegt. Aber er wird wahrscheinlich sterben. Irgendwann..."

"Und ich dachte... Oh nein...."

"Du ziehst anscheinend immer falsche Schlüsse. Wirklich Irma! In Wahrheit bin ich gar nicht so schlimm, wie du vielleicht denkst." Wieder macht er eine Pause. "Und meine wilden Zeiten sind schon lange vorbei."

Das hört sich beruhigend an. Denn die sogenannten Hörner hat er sich bestimmt schon abgestoßen. Im Gegensatz zu einem wie Parker, der sich viel zu jung gebunden hat. Nein, das ist ein schlechter Vergleich, einer wie Parker wird sich immer irgendwie bestätigen müssen... Und es stimmt, ich glaube mittlerweile wirklich, dass Hardy erfahren genug ist, um nicht jeder hübschen Tussi hinterher zurennen oder sich gar in sie zu verlieben.

Einem zärtlichen Impuls folgend will ich seine Lippen mit meiner Hand berühren, aber zu meiner Überraschung hält er mein Handgelenk fest. Ich sehe ihn verwirrt an. Will er nicht, dass ich ihn berühre?

"Also Süße, was sagst du mir nun?"

Was zum Geier soll ich ihm sagen? Ich hab gedacht, jetzt wäre alles okay zwischen uns, ohne dass ich ihm was ‚sagen’ muss, aber er besteht anscheinend darauf. Er will mich quälen. Und ich habe Angst...

"Wenn ich eins gelernt habe in den letzten Wochen, dann das: Du bist ein verdammt gemeines Weib! Du behandelst einen Mann wie Dreck, wenn du merkst, dass er sich in dich verliebt hat. Ich weiß nicht, woran es liegt, vielleicht wirst du es mir irgendwann mal erzählen... Du willst nichts von dir geben, aber das kann ich so nicht hinnehmen, und deshalb musst du mir jetzt schon irgendwas sagen..."

Ich schaue ihn gequält an.

"Du musst mir sagen, was du für mich empfindest."

Ich winde mich in inneren Qualen. Weiß er überhaupt, was er da von mir verlangt? Hat er auch nur den geringsten Schimmer davon? Ich wette nicht.

"Iiich kann nicht..." Ist das meine Stimme?

"Gut, dann werde ich jetzt gehen." Seine Stimme klingt unerbittlich. "Ich bin kein Hampelmann, Irma. Das weißt du, oder?"

"Dadas weiß ich..." Ich glaube, ich stottere ein wenig.

"Also wenn du mir nichts sagst, dann werde ich sofort abschwimmen." Wieder klingt seine Stimme unerbittlich, er schiebt meine Füße zur Seite und steht tatsächlich auf.

Aber als ich ihn anschaue, sehe ich, dass seine blauen Augen irgendwie feucht sind.

Er wird doch nicht weinen? Nein, nicht das. Ich kann ihn nicht weinen sehen, er ist so stolz, und er soll nicht verletzt werden, und jede Faser in mir sträubt sich dagegen, ihn weinen zu sehen.

Ich kann ihn nicht weinen sehen, da weine ich lieber selber.

"Nicht gehen", stammele ich.

Er zieht mich hoch, nimmt mein Gesicht in seine Hände und schaut mir forschend in die Augen.

Ich will das nicht und fühle wirklich Tränen hochkommen, ich dreh mich weg, aber er dreht mich zurück und umfasst wieder mein Gesicht und will meinen Blick erzwingen

Ich fange tatsächlich an zu weinen, ich glaube, die Tränen laufen mir einfach so aus den Augen heraus, und ich schäme mich deswegen.

Hat er überhaupt eine Ahnung davon, wie schwer mir es mir fallen wird, meine Gefühle für ihn zuzugeben?

"Na komm schon. Lass es zu." Seine Stimme klingt so sanft, und seine Augen blicken so lieb, so blau, dass mein Herz förmlich schmilzt. Es kann doch nicht so schwer sein, seine Gefühle zuzugeben. Aber ich habe eben keinerlei Übung darin, denn bisher hatte ich ja auch nicht viele Gefühle für Männer.

Lass es zu, das kenne ich doch, das hat er vor ein paar Wochen gesagt, als ich diese Wette verloren hatte. Damals habe ich gedacht, er meint es rein körperlich, und ich habe es zugelassen. Diese süße Welle der Ekstase und Qual, die meinen Körper überschwemmte. Und jetzt soll ich außer meinem Köper auch noch mein Herz... ja was entkrampfen, entspannen?

If you won't show your heart to me…

Set me free!

Ihm mein Herz zu zeigen, das ist schwer für mich. Aber ich muss es tun, sonst geht er, jedenfalls sieht es so aus, als würde er gehen, falls ich nicht.... Aber wie soll ich anfangen? Es ist so schwer.

"Ich bin ziemlich dumm gewesen..." Das ist ein guter Anfang, weiter, ich spreche stockend und leise und kann ihm dabei nicht in die Augen sehen. Alle körperlichen Schweinereien kann ich ihm zwar ohne Hemmungen sagen, aber die gefühlsmäßigen gehen mir schwer über die Lippen...

"Ich hätte es merken müssen, diese verdammte Anziehungskraft, die du von Anfang an auf mich hattest, aber ich habe es verdrängt, sehr erfolgreich verdrängt... Es war das erste Mal, dass ich so... fühlte. Ich weiß nicht..." Wieder mache ich eine Pause. "Es steckte die ganze Zeit in mir drin, aber du warst auch so... ätzend, ich dachte, ich verabscheue dich, aber...", wieder muss ich eine Pause machen, "das stimmte nicht. Ich bin genauso bescheuert wie die anderen Weiber, die sich in dich verlieben. Ich bin nichts besonderes."

"Doch das bist du. Und war es jetzt so schwer?" Hardy grinst mich an.

"Nein", sage ich irgendwie erstaunt, denn es war wirklich nicht schwer. "Aber ich bin noch nicht fertig. Ich habe Sachen gemacht, die waren... Scheiße. Ich glaube, es waren alles bescheuerte Reaktionen auf das, was ich von dir dachte... Und danach habe ich mich immer schlecht gefühlt, und ich wusste gar nicht warum... Aber jetzt weiß ich es."

"Ich glaube, ich muss mehr auf dich aufpassen."

"Nein, das brauchst du nicht. Ich kann jetzt selber auf mich aufpassen, jetzt wo ich es weiß."

"Ich passe aber gerne auf dich auf."

"Ja wirklich, Hardy?"

"Und diese Sache mit der Wohnung. Du willst also ausziehen. Warum erzählst du mir so was nicht?"

"Ich wollte dich nicht langweilen."

"Als ob du mich jemals langweilen könntest... Also Süße, was hältst du davon, wenn du bei mir einziehst. Dann könnte ich auch besser auf dich aufpassen. Es gibt noch Platz genug bei mir, und deine Küche ist sowieso besser als meine. Dein Bett brauchst du allerdings nicht mitbringen..." Hardy grinst.

"Bei dir einziehen?" Ich glotze ihn mit offenem Mund an.

"Ist doch nicht so ungewöhnlich, wenn ein Paar zusammenzieht." Hardy grinst wieder.

"Aber ich würde nie ohne meine Katzen irgendwo einziehen." Ein Paar, hat er gesagt. Aus seinem Mund hört sich das seltsam an, aber es hört sich auch verheißungsvoll an.

"Naja, die kommen natürlich mit. Den Weißen mag ich übrigens ganz gerne, wenn er nur nicht so haaren würde..."

"Wirklich?"

"Klar. Max hat dich übrigens vermisst."

"Oh Gott. Ich hoffe, es geht ihm gut."

"Das werden wir sehen. Wenn nicht, müssen wir uns drum kümmern."

"Ja, das müssen wir unbedingt...."

"Und außerdem hat mein Alter einen Narren an dir gefressen. Ich wurde ja fast schon eifersüchtig, wenn er von dir gesprochen hat..."

"Er sollte aber nichts erzählen, verdammt noch mal!"

"Er hat mir erzählt", Hardys Stimme klingt irgendwie zärtlich, "dass du einen Heidenrespekt vor mir hast. Wieso eigentlich?"

"Keine Ahnung.... Aber ich habe wirklich Respekt vor dir, und du solltest auch Respekt vor mir haben.

"Hab ich, Süße. Komm, wir gehen in die Küche!"

"Warum?"

"Ich will mal was ausprobieren."

Also gehen wir Hand in Hand in die Küche, und weil ich immer noch barfuß bin, trägt er mich das letzte Stück, denn der Küchenfußboden ist ziemlich kalt.

Er hebt mich auf die Küchenarbeitsplatte, drängt sich zwischen meine Beine, die ich natürlich bereitwillig für ihn öffne und umarmt mich. Und ich lege meine Arme um seinen Hals.

Er ist so nahe bei mir, dass mir fast schwindelig wird. Ich streichele sein Gesicht, etwas das ich noch nie richtig getan habe, und es ist wunderbar...

Er küsst mich. Seine Zunge dringt sanft in meinen Mund ein. Und ich dränge mich noch enger an ihn an ihn und küsse ihn wieder.

Es ist wie vor fünf Monaten. Er küsst mich. Ich küsse ihn. Es ist wundervoll. Nein, es ist viel wundervoller als vor fünf Monaten.

Ich glaube, ich weine wieder... Ich werde mich doch nicht zur Heulsuse entwickeln? Das fehlte noch.

"Sollen wir nicht ins Schafzimmer gehen?" fragt er mich nach einer Weile, als ich schon richtig benommen von unserer Küsserei bin. Und er deutet in Richtung Schlafzimmer.

"Ja....."

"Ich werde dich lecken, bis du mich anflehst, dich zu ficken...", sein wundervoller Mund verzieht sich in freudiger Erwartung.

"Jeder Mann, der mit mir schläft, verliebt sich in mich. Und das kann ich keinem zumuten." Ach du lieber Himmel, was sag ich da überhaupt? Das ist aus mir rausgerutscht wie dem kleinen Drachen Grisu sein Feuerschweif. Das ist der kleine Drache, der immer gerne Feuerwehrmann werden sollte, es sich aber immer durch seine Feuerspuckerei versaut hat. Aber ich habe das Gefühl, ich muss das jetzt sagen.

"Da hast du wohl recht, Irma", sagt Hardy sanft.

"Quatsch", sage ich. "Blödes Zeug!"

Ich schlinge meine Beine um seine Taille und klammere mich an ihn, er hebt mich hoch und trägt mich ins Schlafzimmer.

"Und außerdem bin ich sowieso frigide!"

Hardy lächelt, und ich liebe ihn dafür.

 

E N D E

 

LOVE GAMES © Ingrid Grote 2004

 

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