GONE WITH THE DEATH? – Teil 7-8

 

Teil 7 - WILLST DU DARÜBER REDEN?

 

Es wurde allmählich ruhiger im Haus, und an irgendeinem Abend befanden sich Lilah und Spike tatsächlich ganz alleine dort.

Lilah saß vor mit hochgezogenen Beinen auf dem Sofa und schaute ‚Reich und schön’, als Spike frisch geduscht und mit noch feuchten Haaren die Treppe herunterkam. Er trug ein weich fallendes blaues Hemd und sah einfach umwerfend aus.

„Was guckt du?,“ fragte er und setzte sich zu ihr.

„Reich und schön“, sagte Lilah etwas verlegen, denn alle Männer, die sie kannte, hatten sich immer auffällig schnell und offenkundig angewidert vom Fernseher entfernt, weil Reich-und-schön-gucken bei Männern wohl als extrem unmännlich galt.

„Und wie steht's? Ist Ridge immer noch mit Taylor verheiratet?“

„Ja, aber Taylor stirbt vielleicht“, Lilah war mehr als erstaunt, er war anscheinend wirklich interessiert, denn in seinen Worten schwang keinerlei Häme mit.

„Dann bekommt Brooke ja endlich ihren Ridge“, meinte Spike nachdenklich.

„Nein... Der Witz bei der Sache ist, jetzt wo sie Ridge bekommen könnte – und sie hat schließlich fast Jahrzehnte darauf gewartet – jetzt will sie ihn nicht mehr...“

„Wie das?“

„Sie liebt jetzt Thorne, seinen Bruder, und sie behauptet, dass sie sich verändert hat.“

„So’n Quatsch! Da hat der Regisseur doch dran gedreht!“

„Glaubst du nicht, dass auch die größte Liebe eines Tages enden kann, weil man sich selber verändert hat?“

„Nein!“

„Aber du selber hast doch auch Drusilla geliebt. Übrigens, wusstest du, dass ich deine Drusilla kennen gelernt habe? Es war furchtbar!“ Lila erschauerte bei der Erinnerung an diese entsetzliche Nacht.

Die Erwähnung seiner Exflamme Drusilla schien Spike nicht sehr zu berühren. Er ging einfach drüber hinweg und sagte:  „Ich hab’ mich nicht selber gemeint.“

„Ach, dann meintest du wohl Buffy?“ Lilah musste das fragen, weil sie einfach wissen wollte, wo er stand, und wie seine Gefühle waren. Und ob sie überhaupt eine Chance hatte...

„Das ist eine verdammt lange Geschichte!“

„Willst du darüber reden? Oh, bitte entschuldige, Spike. Dieser Spruch kommt in neunzig Prozent aller Fernsehserien vor. Irgendwann fragt immer irgendein Idiot einen anderen Idioten: Willst du darüber reden?“

„Genau! Oder irgendein Kind mit schiefen Zähnen kreischt rum: Dad, dad, dad!!!“ Spike imitierte dieses Kind erstklassig.

Lilah musste lachen. „Willst du denn darüber reden?“

„Ich habe Angst, dass du mich für total idiotisch hältst, wenn ich darüber rede“, Spike sah besorgt aus. „Andererseits wäre es vielleicht besser, den ganzen Mist mal loszuwerden. Und vielleicht eine neutrale Meinung zu erfahren...“

„Du musst das nicht tun.“ Er hielt sie also für neutral? So ein Dummkopf!

„Ach Quatsch, was soll’s“, Spike stand auf, ging an die Bar und goss einen reichlichen Schluck Brandy in ein bauchiges Glas.

„Kann ich auch einen haben?“, fragte Lilah – und bekam kurz darauf das Gewünschte. Sie drehte das Cognacglas in ihrer Hand, nippte vorsichtig daran – und fürchtete sich ein bisschen vor seinen Enthüllungen.

„Eigentlich wollte ich ja nur noch im Keller rauchen...“ Spike zündete sich eine Zigarette an, sie sollte ihm wohl helfen, einen passenden Start zu finden.

„Ich kann’s verkraften... Mich interessiert dein Verhältnis zur Jägerin“, Lilah wollte ihm den Anfang leichter machen, „und zwar die Einzelheiten. Zum Beispiel das: Wann habt ihr das erste Mal miteinander geschlafen?“

„Mein sogenanntes Verhältnis?“ Spikes Stimme klang borstig. „Es gab kein wie auch immer geartetes Verhältnis. Ich wiederhole: ES GAB KEIN VERHÄLTNIS!“ Seine Stimme war etwas lauter geworden.

„Wie meinst du das?“, fragte Lilah vorsichtig.

„Gut, ich fange von vorne an. Als sie von den anderen wieder zum Leben erweckt wurde, war ich der einzige, dem sie erzählte, wo sie gewesen war. Sie war nicht im Höllenschlund, wie die anderen dachten, sondern sie war an einem sehr viel netteren Ort. Ich schätze mal, es war so ’ne Art Himmel.“

„Gibt es den wirklich?“, Lilah schaute ihn ungläubig an.

„Meine Meinung dazu ist, dass jeder bekommt, woran er letztlich glaubt“ erklärte Spike seinen Standpunkt, „ich meine außerdem, das menschliche Gehirn vollbringt das alles, wahrscheinlich sogar noch nach dem Tode. Ich hoffe also für mich, dass nach meinem Tode alles vorbei ist, dass ich wirklich tot bin und dass es keinen sogenannten Himmel gibt.“

„Ich habe auch immer gedacht, der christliche Himmel muss ziemlich fade sein“, überlegte Lilah, „im Vergleich zu anderen Religionen...“

„Denkst du da an was Bestimmtes?“, grinste Spike.

„Ich denke an viele Jungfrauen, die den wackeren Gläubigen zustehen, doch was passiert mit den anderen Frauen? Kommen die auch in den Himmel? Und was kriegen die dort? Vielleicht müssen sie zur Belohnung keine Socken mehr waschen“, meinte Lilah aufgebracht. „Oder nur die Socken von den geliebten Männern und nicht noch zusätzlich die von den Jungfrauen...“

„Baby, du wäscht doch gar keine Socken. Also, was regst du dich auf?“ Spike wollte sie ein wenig beschwichtigen.

„Hhmm“, Lilah schnappte kurz nach Luft und schien tatsächlich besänftigt. „Schon gut, wie ging es also weiter?“

„Ich glaube, sie war mir dankbar, dass ich auf Dawn aufgepasst habe. Dawn war ihre kleine Schwester, und wenn sie nicht gewesen wäre, hätte ich mich wahrscheinlich umgebracht, aber so hatte ich wenigstens eine Aufgabe. Es war Buffys Vermächtnis an mich, so habe ich es jedenfalls empfunden.“

„Du hättest dich tatsächlich umgebracht?“, fragte Lilah ungläubig, und langsam fing sie wirklich an, sich vor seinen Enthüllungen zu fürchten.

„Ach Gottchen, ich wollte mich schon für viel weniger Ungemach umbringen. Damals als sie mir den Chip eingesetzt hatten, wollte ich mich in einen Pflock stürzen. Da kam alles zusammen, Drusilla hatte mich ein paar Monate vorher in den Hintern getreten, und der Chip von der INITIATIVE gab mir den Rest. Keinen Menschen mehr verletzen oder gar töten zu können – und das bei einem Vampir!“

Lila schwieg, obwohl sie ihm eigentlich zustimmen wollte, aber sie hatte das Gefühl, sie sollte besser die Klappe halten.

„Ja“, sagte Spike langsam, „ich war sogar gezwungen, bei meinen Todfeinden Unterschlupf zu erflehen. Verdammt entwürdigend! Aber das ist eine andere Geschichte.“

„Du könntest mir bestimmt viele Geschichten erzählen“, sagte Lilah verdrossen.

„Könnte ich, kein Problem!. Aber erst einmal diese. Also, eines Tages schlug Buffy mich, hatte wohl Frust oder so, ich schlug zurück und merkte im gleichen Augenblick, dass ich keine Schmerzen hatte wie sonst immer, wenn ich einem menschlichen Wesen etwas antun wollte. Zuerst konnte ich es nicht glauben. Ich dachte, der Chip hätte seine Funktion verloren, um das auszutesten, wollte ich im Bronze eine junge Frau beißen. Aber es ging nicht, die Schmerzen haben mich fast umgebracht – der Chip war also noch in Ordnung“, Spikes Stimme stoppte unmerklich, bevor er fortfuhr: „Also musste es wohl an Buffy liegen. Sie war nicht als Mensch zurückgekommen. Das war die einzige Erklärung.“

„Ja aber...“

„Tja, da habe ich mir wohl was vorgemacht“, Spikes Stimme hörte sich wütend an, „ich war so ein Idiot! Wie fing es also an? Nein, das ist falsch, da hat überhaupt nichts angefangen. Ich mache es kurz. Wir prügelten uns, ich konnte zurückschlagen, und es war wie in alten Zeiten. Bis sie mich an eine Wand schmiss und mich küsste. Na ja, und dann bumsten wir uns, bis das Haus fast einstürzte. Die ganze Nacht lang. Ich meine das Bumsen, nicht das Einstürzen...“

„Die ganze Nacht lang?“, fragte Lilah ungläubig.

„Ich hatte lange keinen Sex mehr gehabt,  fast über ein Jahr nicht. Das letzte Mal war mit dieser Nervensäge Harmony. Jedenfalls hat sie mich ganz schön rennen lassen, Buffy natürlich, nicht Harmony.“

„Oooh“, Lilah fand keine Worte. Spikes Enthüllungen machten sie ärgerlich, aber sie wusste, dass sie nicht auf ihn ärgerlich war, sondern vielmehr auf seine Gefühle für diese Buffy.

„Nun denn, unsere Prügelorgien hatten sich also in Sexorgien verwandelt.“ Spike blickte nachdenklich vor sich hin. „Das Blöde an der Sache war, dass wir weiter voneinander entfernt waren als früher. Sie konnte mich nicht akzeptieren als das, was ich war. Sie hielt mich von ihren Freunden fern und drohte mir an, mich zu verlassen, wenn ich irgend jemanden von unserem Verhältnis erzählen würde.“ Spike zuckte mit den Schultern. „Wir waren noch nicht einmal mehr Freunde, wir gingen nicht mehr zusammen auf Streife, alles spielte sich nur noch in meinem Bett, auf dem Boden meiner Gruft oder auf der Empore des Bronze ab.“

„Die Frau kann ich nicht verstehen“, murmelte Lilah vor sich hin.

„Aber im Bett oder sonst wo, tja, man könnte fast sagen, da habe ich ihr gezeigt, wo der Frosch die Locken hat“, meinte Spike sarkastisch grinsend.

„Hat der Frosch Locken?“

„Sicher doch... Aber der Rest war einfach: Ich war nur ein böses Ding für sie, allerdings auch ein böses Stück Fleisch, in dem sie sich suhlen konnte. Und ich habe es genossen...“

„Und es hat sich nichts geändert? Ich meine, man kann doch nicht auf Dauer mit jemanden schlafen, ohne irgendwelche Gefühle für ihn zu entwickeln, vielleicht nicht gerade die große Liebe, nein, irgendwelche Gefühle.“ Lilah sprach aus Erfahrung. Wesley...

„Genau, Hass und Abscheu, das hat sie für mich empfunden!“

„Das kann ich nicht glauben!“

„Hast du schon mal erlebt, wie Katzen sich in der Paarungszeit verhalten? Der Kater besteigt die winselnde Katze, paart sich mit ihr, und wenn die Katze meint, genug zu haben, fängt sie an zu kreischen, reißt sich los und versetzt dem Kater ein paar Ohrfeigen.“

„Oooh...“ Lilah kannte das Katzenpaarungsspiel, sie war auf dem Lande groß geworden.

„Ich musste ein paar wirklich herbe Ohrfeigen einstecken“, Spike grinste ironisch, „aber genossen habe ich es trotzdem...“

„Ich finde das ziemlich abartig“, Lilah schüttelte den Kopf und musste im gleichen Moment daran denken, wie sie sich bei Wes hatte einschleimen wollen. Wie peinlich im nachhinein...

„Tja, und das waren noch die besseren Zeiten... Eines Tages nämlich kam ihr Exfreund, dieses Arschgesicht Riley nach Sunnydale zurück.“

„Der von der INITIATIVE?“

„Genau, der von der INITIATIVE! Sie war so aufgelöst und so glücklich, so bereit dazu, sich ihm an die breite Brust zu werfen, aber dummerweise“, Spike grinste bösartig, „hatte er sein kleines Frauchen mitgebracht. Er war nämlich mittlerweile verheiratet, nach gerade mal einem Jahr ohne sie. Hat nichts anbrennen lassen, der Penner!“

„Warum haben sie sich überhaupt getrennt?“, fragte Lilah neugierig.

„Er hatte in so ’nem Etablissement, Puff kann man sagen, mit ’ner Vampirnutte rumgemacht. Hatte sich von ihr beißen lassen. Waren eigentlich recht harmlos, waren keine Gefahr für die Menschheit, hatten sich mit der Menschheit, das heißt mit den Freiern arrangiert. Nach dem Motto: Ich beiße dich, aber nicht so heftig, dass du gleich abkratzt, und du gibst mir dafür Kohle“, Spikes Stimme triefte vor Verachtung.

„Ich habe gehört, dass es so etwas gibt.“

„Buffy hat übrigens den ganzen Puff angezündet, alle Vampire vernichtet und zum krönenden Abschluss die Vampirlady, von der Riley sich hat beißen lassen, mit einem Speer in den Rücken getötet!“

„Das hört sich ja entsetzlich an.“

„Das war nicht sehr nobel von unserer Buffy. Diese Vampire hatten ihr nichts getan, sie hatten zu einer Koexistenz mit den Menschen gefunden, bei der beide Seiten ihren Vorteil nahmen. Prostitution eben.“

„Ja, da hast du recht.“

„Und diese Pfeife Riley, was für ein Jammerlappen! Ich weiß nicht, was der Typ eigentlich von ihr wollte. Wenn man vergleicht, was ich von ihr bekommen haben, mit dem was ER hatte – er hätte der glücklichste Mensch auf Erden sein müssen“, fügte Spike bitter hinzu, „aber er hatte diesen einen Vorteil – bei all seinen Unzulänglichkeiten, Jammereien und vor allem seinem Betrug an ihr, hatte er diesen einen Vorteil. Er war ein Mensch!“

„Als ob das so was Tolles wäre...“, murmelte Lilah.

„Für Buffy schon... Ich war ja nur Dreck für sie. Ein totes Ding ohne Gefühle, verflucht noch mal, sie konnte nie glauben, dass ich sie geliebt habe. Typen ohne Seele konnten ihrer Meinung nach keine Liebe empfinden.“

„Seltsam, ich fühle wirklich keinerlei Sympathie für diese Frau“, Lilah reagierte mit einer Heftigkeit, die sie so gar nicht kannte. Was war los? Konnte es sich etwa um Eifersucht auf die Jägerin handeln?

„Gut, langer Rede kurzer Sinn“, fuhr Spike entschlossen fort, „Riley erwischte uns im Bett in meiner Gruft – sie hatte sich von mir ‚trösten’ lassen – ferner erwischte Riley mich bei einer Schweinerei mit gefährlichen Dämoneneiern, die ich im hinteren Teil meiner Gruft deponiert hatte, um ein nettes Geschäft damit zu machen, man muss ja schließlich von was leben. Es gab eine kleine ätzende ‚Aussprache’ mit der Jägerin. Und danach haben sie mir die Gruft in die Luft gejagt, weil die Dämoneneierchen just in diesem Moment so dämlich waren, auszuschlüpfen...“

„Die Gruft in die Luft, das ist echt komisch“, Lilah verzog ihren hübschen Mund. „und es reimt sich auch gut!“

„Sie kam dann nach ein paar Stunden zurück, hatte sich wohl noch gefühlsduselig von ihrem Exlover verabschiedet – und machte mit mir Schluss. Punkt. Aus. Ende. Ach ja, Riley hatte es ihr überlassen, mich zu töten oder nicht. Sie tat es nicht, wie du siehst...“

 

Lilah schwieg. Die Jägerin Buffy wurde ihr durch Spikes Enthüllungen nicht gerade sympathischer. Wer weiß, vielleicht hatte diese Kuh ihn so verdorben, dass er nie wieder Zuneigung oder gar Liebe für eine andere Frau empfinden konnte. Diese Zicke mit ihrer Geilheit und ihrer Unverschämtheit, Leute ohne Seele in Grund und Boden zu stampfen.

„Es ging noch ein bisschen weiter.“ Spike hatte sich währenddessen eine neue Zigarette angezündet und sein Glas mit Brandy aufgefüllt.

Es klingelte an der Tür, und kurz darauf hörte man ein Auto, das sich entfernte. Vermutlich ein Taxi.

„Das muss Casio sein“, sagte Spike und ging zur Tür. „Ich erzähl’ dir den Rest ein anderes Mal, okay?“

Es war wirklich Casio. Spike verschwand mit ihm und seinem Glas Brandy im Kellergeschoss, um den Computer anzuwerfen und irgendwas auszutüfteln, das mit Musik zu tun hatte

 

„Zieh dir was Nettes an, wir gehen ins E-body“ sagte Spike beiläufig zu Lilah, als er kaum eine Stunde später wieder mit Casio aus dem Keller auftauchte.

„Trägt man da was Bestimmtes?“ Endlich hatte er sie gefragt!

„Nööö, sollte nur bequem sein. Oder wenn du willst, aufreizend und unbequem“, schlug Spike vor, und nach einem kurzen Blick auf ihren rechten Arm in der Schlinge sagte er: „Du siehst bezaubernd aus! Ich rufe uns jetzt ein Taxi, und komm’ mir ja nicht auf die Idee, dich noch mal umzuziehen...“

„Ich bin also perfekt angezogen?“

„Du BIST perfekt!“

Diese Aussage fand Lilah großartig.

 

Eine Viertelstunde später sind sie schon im E-Body, im dampfend warmen E-body.

Die anderen Jungs sind auch schon da. Handelt es sich hierbei um eine telepathische Verabredung, oder haben die alle Mobiltelefone?

Jedenfalls sind sie alle da. Und sie haben Plätze freigehalten. „Rutsch rein, Lilah!“

Lilah klettert in die Polsterbank, und Spike setzt sich neben sie. Es ist so eng auf der Polsterbank, dass er seinen linken Arm um ihre Schulter legen muss. Danke, Polsterbank!

Lilah blickt sich neugierig um. Was sie sieht, gefällt ihr. Keiner kümmert sich um andere Leute, und es sind jede Menge andere Leute da, teilweise ziemlich ausgeflippt wirkende Leute. Zwei ältere Pärchen sind in Abendrobe erschienen, kommen bestimmt aus der Oper auf eine Portion Spaghetti vorbei, aber keinen interessiert das sonderlich.

Lilah seufzt erleichtert auf. Sie hätte hier auch im sündhaft teuren Anwältinnen-Kostüm mit dezenter Perlenkette erscheinen können, und es hätte sie keiner beachtet.

„Hast du Hunger?“ Spike reicht ihr die sagenumwobene Speisenkarte des E-body.

„Mal schauen.“ Lilah vertieft sich in die Karte – circa zwei Minuten lang – muss lachen und fragt Spike, was er ihr denn empfehlen könne. Die billigen Spaghetti, den absolut vitaminlosen Proletenteller, oder die Torties mit reichlich Geschmacksverstärkern.

„Die Spaghetti sind nicht schlecht. Nein, besser nicht, nimm die Torties. Die kannst du gut mit nur einem Arm essen“, empfiehlt Spike. „Ich könnte dich zwar mit den Spaghetti füttern, aber das wäre eine ziemlich schweinische Sache...“

Lilah bestellt eine Portion Torties beim Wirt. Obwohl das schweinische Füttern mit Spaghetti auch seine Reize gehabt hätte...

Snikkers kommt rein, leicht schwankend, als hätte er schon woanders einiges getrunken.

„Oh Lilah, mein Liebling!“ Snikkers fällt Lilah fast um den Hals vor Wiedersehensfreude, was umso erstaunlicher ist, da sie sich gerade erst gestern gesehen haben.

Die Torties werden gebracht, und Lilah entschließt sich, sie an einem dieser Baumstämme zu essen. „Lass mich raus“, sagt sie zu Spike, greift sich den Tortie-Teller und das Besteck, rutscht aus der Bank heraus und setzt sich zwei Meter weiter auf einen Barhocker, der vor einem dieser abgesägten Baumstamm steht.

Die Torties sind erstaunlicherweise genießbar.

Aus den Augenwinkeln heraus verfolgt sie, wie Spike aufs Klo geht, nach kurzer Zeit wieder herauskommt und irgendetwas vor sich hinmurmelt, während er sich auf den Weg nach draußen macht, um wohl in die Büsche zu pinkeln.

Lilah setzt sich wieder auf die Bank, Snikkers gesellt sich zu ihr, legt einen Arm um sie und stöhnt verzweifelt: „Der wollt ihr mal die Welt zeigen...“

Lilah ist etwas verwirrt, sie weiß nicht, was er meint und ist außerdem abgelenkt von Spike, der gerade wieder hereinkommt von draußen, und es ist ihr peinlich, dass Snikkers seinen Arm um sie gelegt hat.

Spike sieht sie in Snikkers’ Armen und denkt, es ist mal wieder soweit! Snikkers ist fertig! Spike knirscht mit den Zähnen. Obwohl er weiß, dass Snikkers ein armes Schwein ist und dazu noch besoffen, will er nicht, dass er Lilah anfasst. Aber was zum Teufel will er? Ja, was will er? Bis jetzt hat er sie fast wie ein angenehmes... ja vielleicht Haustier empfunden, wie eine Katze vielleicht, wunderschön und überhaupt nicht aufdringlich (Wir stellen fest, dass Spike noch nie eine Katze gehabt haben kann, sonst würde er dieses Tier nicht als unaufdringlich bezeichnen, aber egal). Was also empfindet er? Er empfindet nur, dass sie nicht in Snikkers’ Armen sein sollte, wenn schon in irgendwelchen Armen, dann in seinen, Spikes Armen. Allerdings weiß er nicht genau warum. Irgendwie scheut er davor zurück, weil er vielleicht Angst hat, sich zu verlieben? Möglich...

Tatsache ist, dass er Lilah für eine Spionin von W&H hält, aber er hat nun wirklich keine Ahnung, was sie bei ihm ausspionieren soll. Denn was können DIE schon groß von ihm wollen...

 

Just in diesem Moment wird er angesprochen, und zwar von einer vollbusigen Person, die ihn mit der Begründung „Mein Auto springt nicht an, kannst du mal gucken“ nach draußen lockt.

 

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Teil 8 - ZWIESPÄLTIG

 

Lilah sieht diesem Schauspiel entgeistert zu. Das kann doch wohl nicht wahr sein! Energisch schiebt sie Snikkers zur Seite, klettert aus der Bank heraus und geht auch nach draußen.

Spike sitzt auf der Motorhaube eines Sportwagens und flirtet offensichtlich mit der Besitzerin dieses Sportwagens, einem Busenwunder, wie es möglicherweise nur die Vereinigten Staaten herstellen können... „Da hast du aber ein geiles Gerät“, sagt er zu dem Busenwunder, worauf das Busenwunder anzüglich entgegnet: „Da solltest du aber erst mein anderes Gerät sehen...“

Lilah erkennt sofort, dass sie es mit einer höchst unmoralischen Person zu tun hat, die alles Erdenkliche tun würde, um Spike in ihren Sportwagen und womöglich auch an ihre anderen geilen Geräte zu zerren.

Sie bewegt sich langsam zum Sportwagen hin, lächelt dann erfreut das Busenwunder an und sagt heiter zu Spike, als wäre sie überhaupt nicht stinksauer: „Da bist du ja, Liebling!“, sie drückt ihm einen zarten Kuss auf die Wange, „die Jungs warten schon auf dich!“ – und lotst ihn vorsichtig aber auch energisch wieder in Richtung Eingangstür E-body und dann auf die Polsterbank, aber so, dass er hinter ihr zu sitzen kommt und somit unter Kontrolle ist.

„Du hast mich gerettet“, Spike scheint erleichtert zu sein.

„Ach was!“ Lilahs Stimme klingt leicht säuerlich, „dein Kopf verschwand schon fast unter ihren Titten. Du musst ja unheimlich gelitten haben!“

„War auszuhalten, aber nicht gerade schön. Ich verstehe absolut nicht, dass amerikanische Männer solche Busenfanatiker sind. Haben die alle einen Mammakomplex?“ Spike fragt dieses sehr überzeugend, denn er steht nun wirklich nicht (ganz ehrlich) auf monströse Titten.

„Erzähl’ mir nichts“, meint Lilah ein wenig aufgebracht.

„Ich steh’ wirklich nicht auf Plastiktitten“, bekräftigt Spike und fährt fort: „Ich steh’ aber auch nicht auf Frauen, die sich von irgendwelchen Typen angrapschen lassen...“

Lilah guckt ihn erstaunt an. „Du meinst doch nicht etwa Snikkers?“

„Neeiiin, absolut nicht! Wie kommst du denn auf den?“ Spikes Stimme trieft ein wenig vor Hohn.

Sie streiten sich noch eine Weile, natürlich nicht ernsthaft, denn sie sind schließlich kein Liebespaar, aber man könnte fast sagen, sie simulieren einen Streit unter Liebespaaren, bis plötzlich von Porterhouse eine Knobelrunde ausgerufen wird – was sich kundtut durch die obligatorische Frage: „Sollen wir einen umdrehen?“

 

Das Schocken....

...ist ein Knobelspiel, das man meistens gewinnt, wenn man viel Geld in der Tasche hat – und meistens verliert, wenn man eh schon pleite ist...

...Ist eine Mischung aus Glücksspiel, Risiko und Taktik. Jeder Mitspieler benötigt dazu einen Knobelbecher, drei Würfel und am besten drei gewürfelte Einsen...

...Wie viele Leute können es spielen? Egal, von zwei bis unendlich, falls genügend Becher und Würfel da sind und die Theke lang genug ist.

...Wie viele Leute können es wirklich spielen? Nicht alle können das, nur wenige sind auserwählt, das Schocken zu beherrschen.

Spike hat wirklich mordsmäßiges Glück, außerdem versteht er sich auch gut auf Taktik.

Spike gewinnt, Snikkers verliert. Was traurig ist, denn Snikkers hat schon jede Menge Schulden, die Sharkie-Brothers hängen ihm im Nacken, er muss unbedingt Geld besorgen. Und eigentlich sollte er gar nicht in Kneipen gehen.

Glück in der Liebe – Pech im Spiel, das ist wirklich ein total blöder Spruch, denn meistens hat man Glück auf allen Fronten, so wie Spike. Außerdem hat er Lilah an seiner Seite... Das denkt Snikkers.

 

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Nach und nach lernte Spike die Bandmitglieder näher kennen, alle bis auf Porterhouse, der ein wenig unzugänglich war, nicht nur bei Spike. Aber die anderen drei waren in Ordnung.

Snikkers, eigentlich ein recht normaler Typ, mittelgroß, schlank, mit gelocktem Haar, irgendwie aussehend wie ein Puertoricaner aus einem Musical, mäßig trinkend und rauchend, hatte ab und zu Aussetzer und zwar dann, wenn er einen ÜBER den Durst getrunken hatte, was zwar selten vorkam, aber dann umso heftiger war. Er verwandelte sich unmittelbar von einem Augenblick zum anderen in ein schluchzendes untröstbares Etwas. Der Höhepunkt seiner trunkenen Depression war dann immer der Ausspruch: „Der wollte ihr mal die Welt zeigen“, gefolgt von weiteren heftigen Saufanfällen, bis der gute Snikkers hinterher so besoffen war, dass er aus eigener Kraft nicht mehr die Kneipe verlassen konnte, sondern von mindestens zwei befreundeten Saufbolden in die Mitte genommen und in seine bescheidene Wohnung abtransportiert werden musste.

<Der wollte ihr mal die Welt zeigen> Dieser Spruch zeigte Snikkers tiefe Lebenskrise auf. <Der> war ein mit ihm verfeindeter junger Snik-Casanova, der unglaublichen Erfolg bei Frauen hatte.

<Ihr> bezog sich auf Snikkers Exfreundin, mit der er gut zwei Jahre lang die große Liebe geteilt hatte. Bis dann <Der> auftauchte und alles, woran Snikkers glaubte, zuschanden machte. Jedenfalls war es aus. Ob allerdings <Der> <Ihr> jetzt wirklich die Welt gezeigt hatte oder nur gewisse Teile seiner Anatomie, darüber gab Snikkers nie erschöpfend genug Auskunft. Vielleicht wollte er es gar nicht wissen.

Irgendwie fühlte Spike eine gewisse Sympathie für Snikkers. Snikkers war der einzige von den Jungs, der mal eine feste Beziehung zu einer Frau gehabt hatte, und das war gleich so furchtbar in die Hose gegangen. Bemitleidenswert irgendwie. Snikkers besaß Spikes vollstes Verständnis, und die beiden schwammen ungefähr auf der gleichen Wellenlänge.

Casio, der eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit mit Oz, dem Werwolf besaß, war zwar ein guter Kumpel, aber seine Interessen beschränkten sich nur auf sein Keyboard, dem er traumhafte Klänge entlocken konnte, auf Computersysteme und auf veraltete DOS–Spiele. Einseitig irgendwie.

Bronson, groß mit langen glatten schwarzen Haaren, man hätte ihn gutaussehend nennen können, wenn er nicht diese Klamotten aus der Mülltonne getragen hätte. Bronson war zwar auch ein guter Kumpel, aber er lebte eigentlich nur in seiner ruhmreichen Vergangenheit, zitierte des öfteren seine Gedichte, wenn ein Publikum da war – also ungefähr zwei Leute – und hatte leider, wahrscheinlich wegen seiner exzessiven Saufereien, gedankliche Aussetzer, die dazu führten, dass seine Gedichte immer kürzer wurden. Er konnte sich einfach nicht mehr an die Enden erinnern. Tragisch irgendwie.

Porterhouse dagegen – mittelgroß, drahtig und mit kurzrasiertem Schädel – besaß einen hellen Verstand und ähnelte Spike in seinem Sarkasmus und seiner ironischen Art, aber sein Verhältnis zu Frauen stieß Spike ab. Nicht dass Spike etwas gegen eine einmalige Bumsaktion gehabt hätte, aber er war nun mal ein Mann der Liebe, auch wenn er nie die richtige Frau für sich gefunden hatte.

 

Aber allesamt waren die Jungs mittlerweile musikmäßig so perfekt, dass Spike dran dachte, mit ihnen ins Aufnahmestudio zu gehen. Es gab nur noch ein paar Kleinigkeiten zu regeln. Zum Beispiel, ob sie ein Stück von den Sex Pistols spielen sollten. Oder gar ein eigenes Stück?

Alles schwere Entscheidungen!

 

( --- http://www.youtube.com/watch?v=KL2YmITv4WM --- Kann man nebenbei hören, wenn man ein neues Firefox- oder Explorerfenster aufmacht und es dann minimiert.)*

 

Und dann war da noch Anne Clark mit ihrem ‚Homecoming’. Damit kam Spike überhaupt nicht zurecht. Das war so ein Sprechgesang, aber irgend etwas stimmte nicht damit. Es sollte eigentlich von einer Frau gesprochen werden. Von einer Frau mit einer deutlichen, kühlen spröden Stimme. Und dann kam ihm die Erleuchtung.

„Liiilaaah! Komm’ mal runter!“

Und so geschah es, dass Lilah Morgan im Alter von 32 Jahren bei einer Band mitsang, nein eher mitsprach. Sie erhielt einen Ausdruck des Textes und die Anweisung: „Nur sprechen, auf keinen Fall singen!“ Ferner spielte man ihr das Stück vor, und sie erhielt die gleiche CD, die jedes andere Bandmitglied schon erhalten hatte. Zum Üben!

„Das ist es!“ meinte Spike zufrieden nach der ersten ernsthaften Probe. Er wusste nicht, dass Lilah, die gewissenhafte Anwältin stundenlang den Text geübt hatte, unter anderem auch diesen Teil:

 

Sliding to the floor

we swell, falling to the ground

the world becomes a place

with no clear shapes, with no clear sounds…

 

Falling to the ground, das träumte Lilah vor sich hin. Mit Spike, schön wär’s... Eigentlich hatte sie ja andere Sorgen, mittlerweile waren fünf Wochen vergangen, und der Gips war ab. Das hieß, sie hatte jetzt keinerlei Grund mehr, in Spikes Haus herumzuhängen. Sie konnte jetzt wieder für sich selber sorgen. Aber wollte sie es überhaupt? Nein, sie wollte nicht in ihre Wohnung zurück, in dieses Symbol ihres alten Lebens, und als keiner über Auszug redete, blieb sie einfach da und trainierte wacker ihren rechten, etwas dünn gewordenen Arm.

Die Jungs gingen ins Studio, die Aufnahmen dauerten fünf Tage, und am letzten Tag musste Lilah auch mit hingehen und ihr Lied singen, pardon sprechen. ‚Homecoming’.

Mittlerweile war auch der Belagerungszustand durch die Jungs zu Ende, sie kamen zwar noch ab und zu vorbei, aber es gab wieder Luft im Hause, im wahrsten Sinne des Wortes.

 

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Spike schaltete den elektrischen Kaminofen ein, denn im Oktober herrschten zumindest nachts schon niedrigere Temperaturen. Lilah hatte sich deswegen kuschelig warme, innen angeraute Jazzpants und ein lavendelblaues Flanellhemd anzogen. Ihre langen Haare hingen zu Zöpfen geflochten nach vorne über ihre Schulter, und sie sah damit aus wie ein junges Mädchen.

Spike trug noch ein kurzärmeliges schwarzes T-Shirt, weil er bei seiner niedrigen Körpertemperatur nicht so leicht fror, andererseits trug er dicke grau-melierte Wollsocken. Lilah überlegte, ob er kalte Füße hatte und dass sie ihm die gerne wärmen wollte.

Sie schauten mal wieder ‚Reich und schön’. „Oh Gott, was passiert da?“, wundert sich Spike stöhnend, als Taylor bei der Geburt ihrer Zwillinge, geschwächt von einer eklig resistenten Tuberkulose, die sie sich von einem Landstreicher, dem sie Gutes tun wollte, geholt hat, in ein Koma fällt. Und zwar in ein minutenlanges Koma! Ridge, Taylors Ehemann steht weinend neben ihrem Bett. Ferner zwei Ärzte, diverse Krankenschwestern, und dann kommt der Rest der Familie: ihre Schwiegermutter Stefanie, ihr Schwiegervater Eric und sogar ihre bisher größte Feindin, nämlich Brooke, die schon immer auf Ridge scharf war, alle betreten den OP:

„Wenn ich Arzt wäre, würde ich die alle rausschmeißen!“, empörte sich Spike.

„Schau, jetzt kommt Taylor noch aus ihrem Körper heraus und sieht sich selber von oben. Huch, was ist denn das? Etwa ein Engel? Komisch, als ich gestorben bin, habe ich nichts dergleichen erlebt.“ Trotz ihrer Bedenken sahen Lilahs Augen ein wenig feucht aus.

„Als ich gestorben bin, hatte ich ziemliche Schmerzen, und es war verdammt hell, aber nicht von einem himmlischen Feuer, sondern ganz im Gegenteil“, ereiferte sich Spike.

„Sie kommt zurück. Nein, das glaube ich nicht!“ Lilah war so entrüstet, als hätte die Schwerkraft gerade ausgesetzt und sie und alle anderen Gegenstände würden in der Luft schweben.

„Das ist alles total unrealistisch“, stimmte Spike ihr zu. „Ich glaub’ ich guck’ den Scheiß nicht mehr!“

„Das habe ich auch schon oft gesagt, aber es ist wie Nikotinsucht. Die Zigaretten schmecken dir zwar nicht mehr – und du weißt, es ist schlecht für dich, aber du steckst dir immer wieder eine an, denn vielleicht schmecken sie ja doch wieder.“ Lilah sprach aus Erfahrung.

„Ich hab’s noch nie versucht. War ja auch bis jetzt nicht nötig...“

Lilah schaltete den Fernseher aus. „Erzähl’ mir weiter, du weißt doch, deine Geschichte mit der Jägerin...“

„Wo hatten wir denn aufgehört?“

„Als Riley zurückkam, und als Buffy mit dir Schluss gemacht hat.“

„Da kommt nicht mehr viel“, sagte Spike gelassen, „jedenfalls nix Gutes, deswegen werde ich es kurz machen. Sie hatte also mit mir Schluss gemacht, aber aus dem Weg gehen konnten wir uns trotzdem nicht. Zum Beispiel bei der Hochzeit von Xander und Anya.“

„Anya, das war doch eine Dämonenfrau“, sagte Lilah.

„Eine ehemalige Rachegöttin, hatte ein bisschen Pech gehabt. Egal, ich führte bei dieser Hochzeit mit Buffy ein fast normales Gespräch. Die Hochzeit platzte übrigens, Xander wollte nicht mehr...“

„Ach nee!“

„Das führte dazu“, Spike musste unwillkürlich grinsen, „dass Anya, die ehemalige Rachegöttin auf Rache aus war. Ich stolperte in ihren Zauberladen hinein, weil ich ein Trostmittel gegen Liebeskummer kaufen wollte. Buffy hatte mich kurz vorher beschuldigt, in ihrem Vorgarten ein paar als Gartenzwerge getarnte Abhörgeräte installiert zu haben. Was natürlich absurd war, wie ich ihr auch sagte. Ich war zwar besessen von ihr, aber so einen Scheiß... Na gut, es kam zu dem üblichen Gespräch zwischen ihr und mir. ICH behauptete, ich wäre nicht mehr böse und würde ihr nie ein Leid antun können. SIE behauptete, ich würde das zwar glauben, es wäre aber nicht so, denn ich würde lügen, stehlen und manipulieren... blaahblaahblaah. Du Dämon – du schlecht! Und ich sollte loslassen. Loslassen!!! So ein dämliches Wort! Ich konnte es nicht mehr ertragen und warf sie aus meiner Gruft hinaus.“

„Ach, und das soll jetzt eine Kurzfassung sein?“, sagte Lilah ein wenig konsterniert, während Spike heftig Luft holte, um gleich darauf weiter zu reden.

„Anya und ich leerten gemeinsam eine Flasche Whisky, wir waren so besoffen, dass wir es auf dem Tisch im Zauberladen trieben. Wir wussten natürlich nicht, dass eine Überwachungskamera alles aufnahm und in alle Haushalte von Sunnydale sendete. Das waren die gleichen Wichser, die den Überwachungszwerg in Buffys Vorgarten installiert hatten.“

„Hmmm...“

„Wir guckten uns ziemlich blöde an, als wir wieder zu uns kamen. Es war peinlich! Noch peinlicher war, dass alle es gesehen hatten, Xander, Dawn und vor allem Buffy. Als ich aus dem Laden rausging, schwirrte eine Axt auf mich zu, ich konnte mich gerade noch wegdrehen. Die Axt kam vom Exbräutigam Xander...“

„Oh, der war wohl eifersüchtig?“

„Yep! Kurz danach traf auch Buffy ein, und sie beschützte mich vor Xander, das war zum Kotzen! Als er dann auch noch Anya beschimpfte, sie hätte es mit einem toten seelenlosen Ding getrieben, da konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und sagte: Für Buffy war ich gut genug.“

„Na endlich mal ein klares Wort“, meinte Lilah erleichtert.

„Ja, die Katze war aus dem Sack. Sie guckte mich an, teils verletzt, teils als ob sie mich umbringen wollte und sagte dann: Das hat ja nicht lange gedauert. Seltsam, einen Tag vorher hatte sie noch zu mir gesagt, ich könne nicht loslassen.“

„Aber du durftest nicht mit einer anderen schlafen!“, warf Lilah ein.

„Was zum Teufel wollte sie überhaupt von mir? Ich war jedenfalls raus aus der Gang, so richtig war ich ja nie drin gewesen, aber jetzt war Buffy anscheinend so sauer auf mich, dass sie allen verboten hatte, mich jemals um Hilfe zu fragen.“

„Seltsam. Schizophren...“ Lilah machte sich so ihre Gedanken.

„Nun kommt das wohl übelste Kapitel unserer... haha Beziehung. Ich habe nämlich versucht, sie zu vergewaltigen.“

Lilah blieb nun stumm, denn sie wollte jede Einzelheit genau in sich aufnehmen, als Frau sowohl wie als Rechtsanwältin.

„Zu meiner Entschuldigung, und das ist die einzige Entschuldigung, die ich habe, muss ich sagen, dass ich damals noch ein Vampir war. Ich hatte zwar den Chip, der mich allmählich von gewalttätigen Sachen entfernt hatte, doch ich war immer noch gewalttätig, nur konnte ich es nicht ausleben. Buffy liebte ich, und sie war der einzige Mensch, den ich verletzen konnte, mein Chip wirkte ja nicht bei ihr. Ich hätte sie beißen können, so schnell, dass sie keine Möglichkeit gehabt hätte, sich zu wehren. Und es gab dazu viele Gelegenheiten während unserer Liebesspiele. Aber ich habe es nicht getan, weil ich dachte, dass sie es noch nicht wollte...“

„Schon gut, weiter!“ Lilah wurde ein wenig ungeduldig.

„Buffys kleine Schwester besuchte mich in meiner Gruft. Ich hatte mir schon einiges an Schnaps reingezogen und war ziemlich sauer, als die Kleine mir doch tatsächlich einreden wollte, ich hätte Buffy sehr weh getan. Dieser Spruch wiederum tat MIR sehr weh. Was wusste die Kleine schon von unserer... hahaha Beziehung. Als sie dann gegangen war, rappelte ich mich auf, um einen letzten Versuch zu starten. Ich ging zu Buffys Haus und in ihr Badezimmer, sie wollte gerade ein Bad nehmen...“ Spikes Stimme stockte.

„Was dann.“

„Ich wollte sie zwingen, mit mir zu schlafen, sie sollte einsehen, dass sie mich liebte, denn ich hatte es gespürt, wenn ich in ihr war“, Spikes Stimme wurde leiser. „Da war etwas...“

„Was?“

„Gefühle, die sie sich nicht eingestehen konnte. Wir hatten uns mehrere Male fast gegenseitig umgebracht. Ich war ein Vampir, noch dazu einer ohne Seele. Sie muss sich so verdammt dreckig vorgekommen sein!“

„Du hast Mitleid mit ihr?“

„Jetzt ja. Damals konnte ich sie nicht verstehen. Jedenfalls schlug sie zurück, wehrte mich ab, sie wollte es nicht.“ Spike blickte nachdenklich vor sich hin, bevor er weitersprach: „Und dann machte sie unwiderruflich und endgültig Schluss mit mir.“

„Aber sie war eifersüchtig!“

„Das bedeutet überhaupt nichts“, Spike schaute Lilah an, als würde er sie zum ersten Mal sehen. Sie sah ganz entzückend aus mit diesen Zöpfen, sie wirkte wie ein kleines Mädchen, und sie war so bar jeder Koketterie, sie lächelte nicht verführerisch und verließ sich nicht auf ihre Schönheit, setzte sie nie als Waffe ein, und sie würde nie einen relativ fremden Mann so schmachtend ansehen wie Buffy damals in diesem Restaurant Robin Wood angesehen hatte. Was für ein beknackter Name: Robin Wood! Er würde das nie vergessen – ihre Lippen ihm zugedreht wie das Maul eines bestimmten Fisches, dessen Name ihm natürlich jetzt nicht einfiel, ein Kussmaul eben. Und diese Anspielung, sie hätte nie so etwas ...Gutes im Mund gehabt. Buffy hatte ihn, Spike, nie mit diesem überwältigenden Charme angeschaut – für ihn waren andere Dinge reserviert. Und das war auch richtig so, denn im nachhinein stellte sich heraus, dass er die Mutter von diesem Robin Wood getötet hatte, irgendwann in New York in einer U-Bahn. Damals liebte er es halt, Jägerinnen zu töten...

 

*Isch selber habe Anne Clarke 1985 in der Zeche Bochum gesehen –als erstes riss das Band der Tonbandmaschine. Aber als es dann geflickt war, war’s Klasse! Und deswegen gebe ich noch einen drauf: http://www.youtube.com/watch?v=KDjBKXHBQUk&feature=related

;-)

© Ingrid Grote 2003/2011

 

Fortsetzung: GONE WITH THE DEATH? Teil 9-10

 

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