GONE WITH THE DEATH?
Teil 21 –
LONDON IN KANADA...
Zwei
Tage später verabschiedeten sich Angel und Snikkers.
Nach dem
langen Gespräch, das Buffy mit Angel geführt hatte, fühlte sie sich zwar etwas
bedrückt, aber auch irgendwie erleichtert. Ihr Verhältnis war nun nicht länger
ein Liebesverhältnis, sie wollten nur noch gute Freunde sein, falls das
irgendwie möglich war.
Angel
hatte sie freigegeben. Er wusste, dass sie keine gemeinsame Zukunft hatten,
Buffy sollte ihr Leben nicht vergeuden, indem sie auf ihn wartete. Buffy hatte
ein Kind von Spike, und sie fühlte sich offenkundig von Spike angezogen, der im
Gegensatz zu ihm, Angel, ziemlich lebendig war. Er musste das tolerieren. Es
hätte schlimmer kommen können, dieser Arsch Riley, den er nicht ausstehen
konnte. Oder noch schlimmer: Parkinson, der mittlerweile Verblichene...
Angel
hatte Buffy endgültig freigegeben, was nicht hieß, dass er sie nicht mehr
liebte.
Spike
wollte über Weihnachten in Woodcape bleiben und danach nach L.A. zurückfliegen.
Er musste dort einiges erledigen.
Spike
hatte die Absicht, Buffy ein wenig zu entlasten, denn sie hatte es bestimmt
nicht leicht gehabt im letzten Jahr. Und Buffy war sichtlich davon angetan.
Spike
erledigte die Einkäufe.
Spike
passte auf beide Kinder auf, damit Buffy, was sie lange nicht mehr getan hatte,
einen Einkaufsbummel machen konnte, denn Kleinkinder waren bei so was eher
hinderlich.
Spike
fuhr mit Dawn und den Kindern zu den Niagarafällen, es war ein richtiger
Tagestrip, sie aßen unterwegs bei Mac Donalds, die Kinder waren vorbildlich
friedlich und lieb, und Buffy hatte endlich einmal viel Zeit zu Hause, um sich
zu pflegen – allerdings wäre sie gerne mitgefahren, denn die beiden kamen so
begeistert nach Hause, dass sie neidisch wurde.
Es hatte
tatsächlich geschneit. Als ob das in dieser Gegend was Außergewöhnliches
wäre...
„Ich
wusste gar nicht, dass Spike so stark ist. Genau wie früher“, unterbrach Dawn
Buffys Gedanken. „Der hat die liegengebliebenen Autos angeschoben wie nix!“
„Die
können alle nicht Auto fahren“, brummte Spike. „Wenn ein paar Schneeflocken
fallen, dann sind die gleich aufgeschmissen.“ Eine wahrhaft typisch männliche
Aussage.
„Bei
Macs musste Spike Autogramme geben“, erzählte Dawn sichtlich aufgekratzt
weiter.
Und die
Fälle erst: Soviel Wasser, so viel wildes fallendes Wasser. Weißes Wasser.
Tiefes Wasser. Tosendes Wasser. Funkelndes Wasser! Und vor allem nicht endendes
Wasser!
Einmalig,
so schwärmte Dawn und hielt Buffy Fotos unter die Nase, auf denen sie und Spike
in wunderbar familiärer Eintracht zu sehen waren und auf ihren Armen glückliche
Kinder grinsten. Dawn hatte vor, so schnell wie möglich die Fotos auf eine CD
zu brennen, um sie ihren Mitschülerinnen unter die Nase halten zu können.
Buffy
wurde bei jedem Bild etwas stiller. „Wieso habe ich die Fälle noch nicht
gesehen?“, fragte sie schließlich leise, aber ihre Frage schien keinen zu
interessieren.
Spike
überreichte ihr just in diesem Moment, als könne er ihre Gedanken lesen, eine
Brosche aus kleinen Brillantsplittern, auf denen die Fälle nachgebildet waren
in einer Kaskade aus wilden, weißen, tosenden, funkelnden Brillanten. Spike
mochte zwar keine Diamanten, aber um glitzerndes Wasser darzustellen, waren
diese Steinchen wohl der optimale Stoff. Die Brosche war so kitschig, dass sie
schon wieder interessant aussah.
Er hatte
eine Ewigkeit lang kein Geld mehr ausgegeben, vermutlich war er deshalb in
einen Kaufrausch verfallen und hatte den Kindern kuschelige Mützchen und
Jäckchen gekauft - die mit dem Bild der Niagarafälle bestickt waren - und noch
andere Sachen, die aber schon für Weihnachten bestimmt waren. Allerdings wollte
er nur der Kinder wegen Weihnachten feiern, eigentlich nur wegen Morgan, denn
Gwydion war noch zu klein dafür. Außerdem hatte er vor, sich Heiligabend in
irgendeiner Kneipe zu besaufen. In Erinnerung an das letzte Weihnachtsfest mit
Lilah....
Buffy
freute sich riesig, denn die Brosche war das erste persönliche Geschenk, das
sie von Spike bekommen hatte – bis sie feststellte, dass Dawn die gleiche
Brosche trug. Mist aber auch! Spike war einfach nicht zu fassen. Auch jetzt als
Mensch nicht. Er hatte sich kaum verändert, er war immer noch Spike, Spike der
Drecksack, Spike, der Unwiderstehliche, Spike, der Spötter, Spike, der sie
immer mit der Wahrheit konfrontiert hatte... Seltsam, dass Spike als Mensch
fast genauso war wie als Vampir. Der Drecksack, der Spötter, der mit der
Wahrheit, der Unwiderstehliche und vor allem der Standhafte, nein um Gottes
Willen nein, nicht DIE Standhaftigkeit, sie fühlte, wie ihre Wangen leicht
erröteten, nein, sie meinte doch die Standhaftigkeit seiner Seele...
Denn die
Mistelzweige, die sie großzügig über alle Türrahmen des Hauses gehängt hatte,
umging er mit traumwandlerischer Sicherheit, und sie bekam nie die Gelegenheit,
mit ihm zusammen unter den Zweigen zu stehen. Also kein Kuss. Mist! Vielleicht
kam der Name Mistelzweig ja von Mist...
Also nix
mit küssen, ganz im Gegenteil, die meiste Zeit, wenn sie alleine waren,
stritten sie sich, aus Buffys Sicht fing Spike immer mit dem Streiten an, und
immer begann es mit einem total harmlosen Thema...
„Wusstest
du, dass es keine hundert Meilen von hier entfernt einen Ort namens London
gibt. In Kanada auf der anderen Seite des Sees?“
„Nein,
das wusste ich nicht“, sagte Buffy vorsichtig.
„Vielleicht
lasse ich mich irgendwann dort nieder. Kanada soll nicht übel sein. Und
vielleicht hat dieses London eine gewisse Ähnlichkeit mit dem London meiner
Jugend. Cambridge ist auch nicht weit weg...“
„Gute
Idee“, gab Buffy zu, denn wenn er schon nicht vor hatte, hier zu bleiben, dann
war das London in Kanada auf der anderen Seite des Sees immerhin etwas...
Sie
strahlte ihn instinktiv an und zog einen dekorativen Flunsch. Ohne Absicht – es
rutschte einfach so aus ihr heraus.
„Was zum
Teufel soll das?“, Spike schaute sie wütend an.
„Was
meinst du?“, fragte Buffy ahnungslos.
„Flirtest
du etwa mit mir?!“
„Iiich
weiß nicht“, stammelte Buffy verblüfft, und das Strahlen auf ihrem Gesicht
erlosch.
„Du
verschwendest deinen Charme an den Falschen. Ich bin ziemlich immun dagegen.“
„Aber
ich wollte doch gar nicht...“
„Du
kannst deinen Charme bei Wood anwenden! Oder bei deinem Exlover Parkinson,
meine Güte, der Name hört sich an wie ‘ne Krankheit“, giftete Spike weiter
herum. „Bei mir jedenfalls ziehen diese Mätzchen nicht.“
Buffy
schaute ihn stumm an. Sie fühlte einen gewissen Respekt vor ihm, denn es gab
wirklich nicht viel Männer, die ihrem Charme widerstanden hatten.
„Was
willst du eigentlich, Zuckerpuppe?“
Ich will
dich, du Idiot! Das sagte sie natürlich nicht, sondern trat näher an ihn heran
und hob automatisch die Fäuste, als ob sie ihn schlagen wollte.
„Du
könntest ruhig ein bisschen netter sein, Liebes“, meinte Spike spöttisch. „Kein
Wunder, dass du alle Männer vergraulst.“
Was zum
Geier sollte sie denn tun? Wenn sie nett war, war es zu nett, und wenn sie
nicht nett war, dann war es... Buffy ließ ihre Fäuste sinken und starrte ihn
wortlos an. Ihr Herz machte einen Sprung, als sie realisierte, dass er sie
‚Liebes’ genannt hatte wie früher.
„Ich
dachte, du stehst auf Gewalt“, meinte sie dann anzüglich und bereute ihre Worte
schon, kaum dass sie ihren Mund verlassen hatten.
„Kann sein.
Früher...“ Spike hob seine zernarbte Augenbraue und blickte sie an, als wolle
er sie um Verzeihung bitten.
Und
schon tat er ihr leid. Warum konnte sie auch nicht die Klappe halten? Mühsam
sagte sie: „Ist doch schon lange her und fast schon nicht mehr wahr...“
„Damit
kannst du mein Verhalten nicht entschuldigen, ich weiß, es gibt keine
Entschuldigung, verdammt noch mal! Man kann sich nicht entschulden, die Schuld
ist immer da!“ Spike grinste diabolisch. „Also Zuckerpuppe, was willst du?
Willst du, dass wir heiraten? Sozusagen als Entschuldigung?“
Buffys
Herz schlug auf einmal schneller, als er diese Frage stellte. Vergessen war der
grauenhafte Moment, als er sie im Badezimmer des alten Summers-Haus
vergewaltigen wollte, Falsch, durch sein Verhalten danach hatte sie ihn schon
lange vergessen. Er hatte seine Seele erkämpft, er hatte sie unterstützt, hatte
sie nie mehr belästigt, hatte ihr die Führungsposition als Jägerin
zurückgegeben - hatte ihr Schicksal bestimmt. Und jetzt wollte er sie heiraten.
Dann aber
kam ihr schlagartig zu Bewusstsein, dass dies kein romantischer Heiratsantrag
war, sondern eine Konzession, die er wegen Morgan machen wollte.
„Nein
danke, eigentlich wollte ich aus Liebe heiraten“, sagte sie schnippisch.
„Gut,
und ICH habe schon mal aus Liebe geheiratet. Dann hat sich dieses Thema also
erledigt.“ Spike wirkte unbewegt.
„Wenn du
meinst...“
„Außerdem
könnte ich dir nicht vertrauen.“ Spike wirkte immer noch unbewegt.
Das war nun
wirklich ein Tiefschlag! Buffy erinnerte sich an ihre eigenen Worte, die sie
ihm damals in ihrem eigenen Badezimmer entgegen geschleudert hatte: Ich kann
dich nicht lieben, weil ich dir nicht vertrauen kann!
Konnte
ER ihr vertrauen? Er meinte mit Sicherheit Angel und dass sie vielleicht sofort
zu ihm rennen würde, wenn er ein Mensch werden würde, aber das war absurd, die
Sache mit Angel war aus. Aber wie sollte sie Spike das beibringen?
Spikes
Handy klingelte, er nahm den Anruf unwillig entgegen, denn er hasste er das
Telefonieren. Zumindest das wusste sie von ihm.
Er
lauschte aufmerksam in den Hörer und lächelte dann. Er ging in die Küche, um
wohl ungestört sprechen zu können. Buffy folgte ihm unauffällig und hielt
zufällig vor der Küchentür an, sie bückte sich, um ein Staubflöckchen vom Boden
entfernen. Und seltsam, durch puren Zufall konnte sie mithören, was Spike
sagte.
„Woher
weißt du, wo ich bin?“, fragte er, und seine Stimme klang viel freundlicher als
bei den Gesprächen mit ihr, Buffy...
„–-– –-––––
–– –––– -– ––“
„Ach so,
von Snikkers.“
„-––-–
–-– ––--––-- ––– –- –––-“
„Es geht
mir ganz gut, den Umständen entsprechend...“
„–-–
–––-– ––- ––––– -–– -–“
„Und ist
das so wichtig?“
„–-–
–-–––– –– –––– -– –– -––– –-––– ––-––- -––––--– ––-“
„Okay,
dann hole ich dich heute Abend vom Flughafen ab. Ich freue mich.“ Mit diesen
Worten beendete Spike das Gespräch, und Buffy verließ unauffällig ihren Posten
vor der Küchentür.
Als er
wieder ins Wohnzimmer kam, wo sie unschuldig auf dem Sofa saß, redete er nicht
viel über das Gespräch, sondern sagte nur: „Ich muss nachher noch mal weg,
meine Agentin ist in der Stadt. Sie war ‘ne Bekannte von Lilah. Kommst du mit
den Kindern klar?“
Buffy
nickte und blieb mit recht gemischten Gefühlen zurück.
Sie
hörte, wie Spike spät in der Nacht nach Hause kam. Er wohnte natürlich
mittlerweile nicht mehr in ihrem Zimmer, sondern im Keller. Was Buffy sehr
bedauerte.
Als sie
am nächsten Morgen in die geräumige Küche kam, saß er schon am Küchentisch.
Dieser Vampir, äääh dieser Mann hatte wirkliche eine unverwüstliche Kondition!
Spike
hatte schon Kaffee gemacht, verspeiste gerade eine Scheibe Toast und fühlte
sich ziemlich gut, zumindest im Vergleich zu seiner sonst eher gedrückten
Grundstimmung.
Er hatte
mit Vivian einen wirklich netten Abend verbracht, bei dem sie sich fast
ausschließlich über Lilah unterhalten hatten. Das war es, was Spike im
Augenblick brauchte, nämlich über Lilah sprechen zu können. Spike lächelte
versonnen vor sich hin und war guter Laune.
Im
Gegensatz zu Buffy. Die war nicht guter Laune. „War wohl nett gestern Abend“,
warf sie ihm säuerlich hin, mit Betonung auf ‚nett’.
„Das war
es. Wirklich!“ Spike schien ihre miese Laune nicht zu bemerken. „Du glaubst
nicht, was sie mir angeboten hat!“
„Sex
vielleicht?“, schoss es unkontrolliert aus Buffy heraus, bevor sie sich
erschrocken die Hand vor den Mund hielt.
„Liebes,
glaubst du, ich gehe mit jeder ins Bett, die mir Trost spenden will?“
„Nnnein,
eigentlich nicht“, stammelte Buffy verlegen. Und machte sich so ihre Gedanken.
‚Liebes’, er hatte wieder ‚Liebes’ gesagt, das klang gut. Und ‚nicht mit
jeder’, das klang auch gut. Hieß das, sie war etwas besonderes für ihn?
„Hörst
du mir überhaupt zu?“ Spikes Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Sie haben mir
angeboten, in einem Film die Hauptrolle zu spielen.“
„Hääää....“,
sagte Buffy verblüfft.
„Ich
soll Rudolfo Valentino spielen. Und zwar als Scheich.“
„Kenn’
ich nicht. Oder? Moment mal, war das nicht dieser Stummfilmknilch? Muss
mindestens hundert Jahre her sein...“
Spike
kümmerte sich nicht um die Anspielung auf sein Alter. „Man behauptet, ich hätte
große Ähnlichkeit mit ihm. Aber das ist gelogen, ich sehe besser aus!“
„Mit
viel Schminke kriegen die das schon hin...“ Buffy sagte das etwas sarkastisch,
er war ja sooo eingebildet...
„Die
Dreharbeiten wären in der Nähe von New York.“
„Das ist
gar nicht so weit von hier“, dachte Buffy laut nach, sie hatte flugs vergessen,
wie eingebildet er war, „auf jeden Fall nicht so weit wie von Los Angeles...“
„Ich
weiß nicht, ob ich es machen soll. Eigentlich will ich nicht bekannt werden. So
wie es jetzt ist, reicht es vollkommen, manchmal ist es schon zu viel.“
„Hast du
mal überlegt, dass Bekanntheit ein Schutz sein könnte? Falls die von W&H
wieder was versuchen, würde sich die Presse sofort drauf stürzen. Bei einem
Unbekannten, von dem die Mädels nicht jeden Augenblick ein Autogramm haben
wollen“, Buffy zog einen Flunsch, „wäre das wohl nicht der Fall...“
„Ich
hatte aber andere Pläne.“
„Du
meinst das Studium? Das läuft dir nicht weg. Du könntest in Cleveland
studieren, die sind bekannt für ihre gute Juraabteilung.“ Buffy hatte natürlich
nicht die geringste Ahnung, ob die Uni von Cleveland eine gute Juraabteilung
hatte, aber es schien ihr angebracht, das vor Spike zu behaupten.
„Das
sagt Vivian auch“, gab Spike überrascht zu. „Und stimmt, ich kann es ja immer
noch tun...“
Buffy
war nun auch überrascht, zum einen, weil sie mit der Juraabteilung recht gehabt
hatte, ohne sie zu kennen, zum anderen, weil Spike eventuell in Betracht zog,
hier in der Nähe zu bleiben. „Wieso rauchst du eigentlich nicht mehr?“, fragte
sie zerstreut.
„Ich hab’ damit aufgehört. Vor zehn Monaten und zehn Tagen“, sagte Spike gereizt. Und dann drehte er sich weg von ihr.
Mist, jetzt hatte sie wieder was Falsches gesagt. Er war aber auch empfindlich! Buffy zog es vor, das Thema zu wechseln und sagte schließlich nachdenklich: „Lass mich mal überlegen... Wen außer Rudolfo könntest du sonst noch spielen?“
„Du
willst mich wohl verarschen“, brummte Spike.
„Nein,
nein! Wie wäre es mit Captain Ahab in Moby Dick?“ Buffy musste lachen. „Du
siehst Gregory Peck sehr ähnlich.“
„Duuu
verfluuuchter Waaal! Ha, das kommt gut“, Spike musste nun auch lachen.
„Als die
vier Musketiere, alle außer Portos, bevorzugt Aramis“; kicherte Buffy weiter.
„Aramis
ist geil! Ich wollte schon immer ein Gottesmann sein...“
„Als
Kardinal Frikassee – oder wie der in den Dornenvögeln hieß....“
„Noch
ein Pfaffe! Aber in den Reiterhosen und dem weißen Hemd kam er gut rüber“, stöhnte
Spike hingerissen. „Kein Vergleich mit dem Kardinalsfrack...“
„Als
Captain Picard, der Jüngere!“ Buffy geriet mächtig in Fahrt.
„Hmmm,
Jean–Luc? Und klar, ohne Glatze...“
„Jetzt
hab’ ich es: Winnetou, der edle Apache. Du müsstest allerdings eine Perücke
tragen und was mit deinen Augen machen.“
„Gut,
gefällt mir. Wie wär’s mit Angel als Old Shatterhand? Wir als Blutsbrüder
sozusagen. Das entbehrt nicht einer gewissen Komik.“
„Und ich
könnte dann die Nscho–tschi spielen.“
„Moment
mal, ist das nicht Winnetous Schwester?“
„Uups!
Das ist mir jetzt aber peinlich, Brüderchen...“
Spikes
Handy klingelte just in dem Augenblick, als sie im Lachen vereint waren wie
noch nie zuvor. Nicht nur im Lachen, auch in einem lockeren Gespräch, denn so
etwas hatte bei ihnen noch nie stattgefunden. Entweder hatte sie ihn
beschimpft, oder er hatte ihr etwas über seine Seele erzählt – oder sie hatten
über die Sache gesprochen. All das war nicht sehr lustig gewesen, und es war
ein Symptom dafür, dass ihre Beziehung zu keinem Zeitpunkt normal gewesen war.
Spike
sprach wieder mit seiner Agentin Vivian. Sie wollte ihn wohl noch einmal
treffen.
Spike
ging willig, viel zu willig, wie Buffy meinte, darauf ein. Was für ein
hartnäckiges Weibsbild, dachte sie empört.
Immerhin
war das Gespräch schnell vorbei, aber Spikes Laune war wieder schlechter
geworden, er drehte zerstreut den Ring an seinem kleinen Finger.
Das war
Lilahs Ehering. Buffy zog ein ärgerliches Gesicht, Spike sah es natürlich,
sofort schlug die Stimmung um, und sie setzten das Gespräch, das sie vor der
Ankunft seiner Agentin geführt hatten, scheinbar übergangslos fort.
„Was ist
denn nun schon wieder?“, fragte Spike sie grob, als er ihren beleidigten
Gesichtsausdruck und ihre feucht gewordenen Augen sah.
Buffy
wusste gar nicht, warum ihre die Augen auf einmal feucht waren und starrte ihn
nur an.
„Summers“,
sagte Spike beißend, „du warst wirklich immer schon ein Jammerlappen. Hast
immer geflennt, wenn ich dich gesehen habe. Huuu, ich bin die Jägerin, huuu,
ich bin allein, huuu, alle Männer verlassen mich, huuu, ich habe überhaupt
keine Schuld, huuu, nein die bösen Männer sind es. Summers, du bist eine
Heulsuse!“
„Das bin
ich nicht!“, sagte Buffy verzweifelt,, während sich ihre Augen vollends mit
Tränen füllten und sie sich abwendete, damit Spike das nicht sehen konnte.
„Sieh
dich doch an! Schon wieder Tränen“, sagte Spike grimmig. „Hast du jemals daran
gedacht, wie Angel sich gefühlt haben muss, als er dich verließ, um dir ein
neues Leben zu ermöglichen? Nein das hast du nicht. Du hast nur an dein eigenes
Elend gedacht. Ich bin verlassen worden, nur das hast du gedacht!“
„Das ist
nicht wahr!“ Buffy konnte die Tränen nicht mehr unterdrücken. Und eigentlich
stimmte es ja, was er sagte.
„Sag’
mal, hast du jemals wegen einem andern geflennt und nicht wegen dir?“
„Das
habe ich, Spike“, sagte Buffy mühsam und dachte an das Hotelzimmer, als er sie
allein gelassen hatte. Das war wirklich das erste Mal gewesen, dass sie nicht
um ihr eigenes sogenanntes Elend geheult hatte.
„Nein,
hast du nicht! Du warst die Jägerin und die Hauptperson! Schau dir Riley an,
den hast du so weggegrault, dass sogar ich mit ihm Mitleid hatte. ICH!!!“ Spike
lachte höhnisch auf. „Du hast ihn nicht in dein Leben gelassen und ihn fast
zerstört. Er hatte Glück, dass er den Absprung noch geschafft hat. Mit ’ner
anderen...“
„Ach,
und jetzt kommt wohl, wie ich DICH behandelt habe“, Buffy, die ihre Tränen
mühsam unterdrückte, ging zornig auf ihn los
„Mich
behandelt?“, ereiferte sich Spike. „Wie kommst du darauf, dass ich in diesen
illustren Kreis hineinpasse? In diesem illustren Kreis mit Angel und Riley. Das
waren die Männer, die du geliebt hast, nicht wahr? Obwohl... mittlerweile
glaube ich, du musst das erst lernen, das mit der Liebe.“
„Bitte Spike,
hör’ auf“, flüsterte Buffy, deren Zorn schlagartig verflogen war.
Spike
starrte sie an.
„Ich
glaube, ich hab’ Gwydion gehört“, Buffy verschwand eilig nach oben, um den
Kleinen zu holen. Sie hatte nämlich die Erfahrung gemacht, dass Spike in Gegenwart
seines Sohnes viel netter und zugänglicher war. Mit dem Kleinen auf dem Arm kam
sie die Treppe herunter.
Wie
durch ein Wunder fiel der Zorn von Spike ab, er wusste noch nicht einmal, warum
er sich so aufgeregt hatte. Das war doch alles Schnee von gestern, und er
fühlte fast Mitleid mit ihr.
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Teil 22 – GONE
WITH THE DEATH...
Die Loge im Rennclub von Atlanta ist gut besetzt, Kriegsgewinnler hauptsächlich, die gibt es massenhaft. Auch er ist so einer, obwohl er sich in den letzten Tagen des verlorenen Krieges freiwillig zum Heer gemeldet hat. Aus Gewissengründen oder gar wegen der Ehre? Er weiß es nicht.
Der
Krieg zwischen Nord- und Südstaaten ist vorbei, und der Süden hat verloren.
Georgia ist mittlerweile zwar bettelarm, aber William hat genug als
Blockadebrecher verdient, um Buffy all den Luxus zu geben, den sie will. Und
sie will viel. Warum liebt sie ihn nicht? Er tut doch alles für sie, aber
dennoch stößt er auf eisige Zurückhaltung, an der auch ihre gemeinsamen Nächte
nichts ändern. Im Grunde ist sie unerweckt, sie duldet ihn nur, während sie von
dem anderen träumt. Warum kann sie Angel nicht vergessen? Nein, sie nimmt sogar
jede Gelegenheit wahr, um sich bei dessen Gattin einzuschmeicheln. Um IHM
dadurch näher zu sein?
William
zieht nachdenklich an seiner Zigarre, während Buffy in einem strahlend blauen
Kleid neben ihm sitzt. Der Stoff des Kleides wurde so üppig verarbeitet, dass
die Stahlreifen fast unter seiner Last zusammenbrechen - und Buffy selber ist
so eng geschnürt, dass sie wie eine unwirkliche Porzellanpuppe erscheint. Man
sieht, wie sie es genießt, gut auszusehen. Alles was sie trägt, muss teuer und
prunkvoll sein. Die Damen der alten verarmten Herrenhäuser nennen ihren Stil
geschmacklos und tuscheln hinter vorgehaltener Hand über sie. Er lächelt
nachsichtig, sie hat es ja auch schwer im Krieg gehabt. Sie musste ihre Familie
durchbringen, musste den Landsitz verteidigen, musste hungern...
Morgan
kommt gerade auf den Platz geritten. Sein Töchterchen sieht entzückend aus, das
blonde Haar zusammengerafft unter dem grünen Barett, die winzige Gestalt in
einem grünen Reitkleid.
Er liebt
dieses kleine Mädchen, und sein kleines Mädchen liebt ihn ebenso. Wenn nur ihre
Mutter... Er atmet tief aus. Und auf einmal verschwimmt alles um ihn herum.
Nein,
nein nein! Er schreit auf - Morgan zieht gerade ihr Barett grüßend vom Kopf,
während ihr Pony ungeduldig tänzelt. Sie wird beim zweiten Hindernis stürzen.
Woher er das weiß? Keine Ahnung, aber er muss es verhindern. Denn es wird nicht
nur Morgan töten, sondern durch dieses Unglück wird auch sein Sohn Gwydion nie
geboren werden. Welch furchtbare Vision!
William springt von der Loge hinunter auf den Parcours. Blitzschnell rennt er auf Morgan zu, die gerade mit dem Pony das zweite Hindernis anreitet. Mit aller Kraft fällt er dem Tier in die Zügel, hängt sich förmlich daran, und tatsächlich bringt er es zum Stehen.
Er zieht
Morgan zu sich herunter und umarmt sie beschützend.
Durch
seine Tränen hindurch sieht er, wie Buffy auf den Parcours kommt. Ihr Gesicht
wirkt starr und ängstlich. Vielleicht hat auch sie dieses seltsame Gefühl der
Bedrohung verspürt, sie geht wie betäubt auf ihn zu und umarmt erst ihre
Tochter und danach ihn.
In diesem
Augenblick spürt er, dass sich etwas verändert hat. Kann es wirklich sein, dass
sie nicht mehr an den anderen denkt? Dass sie tatsächlich anfängt, ihn,
William, zu lieben? Dass sich ihr Schicksal zum Guten wandelt?
Fast
neun Monate später wird ihr gemeinsamer Sohn Gwydion geboren, und nur manchmal
scheint es ihm, als ob er durch einen Riss in der Wirklichkeit etwas
Furchtbares sehen kann, etwas Schlimmes, etwas Grauenhaftes, das passiert wäre,
wenn er nicht so beherzt eingegriffen hätte.
Spike
wachte schweißgebadet auf. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Es war
bestimmt nur ein dummer Traum. Aber wenn nicht? War es vielleicht ein Blick in
die Zukunft oder in eine dieser phantastischen Parallelwelten? Konnten
Parallelwelten auf Filmen oder auf Romanen basieren? So ein Quatsch!
Aber es wirkte doch so echt, er stöhnte auf. Manchmal dachte er, die Träume stammten von Morgan, aber was konnte die davon wissen? So ein winziges Kind! Dennoch sollte er sie nicht unterschätzen, sein kleines Mädchen war genial, und vielleicht steckte eine Warnung in diesen verdammten Träumen...
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„Du
kannst mich... nein, Morgan, ich meine natürlich Morgan, doch nicht allein
lassen, das ist viel zu gefährlich!“
Was
sollte das nun wieder? Er hatte ihr doch gerade nur mitgeteilt, dass er Anfang
Januar nach L.A. zurückfahren würde. Er musste dort einiges regeln, Lilahs
Apartment verkaufen - Vivian hatte einen Käufer dafür - und natürlich auch den
Porsche. Die ganze Sache jagte ihm Angst ein, alles würde ihn an Lilah
erinnern. Er hatte Buffy natürlich auch nicht gesagt, wie heimatlos er sich
fühlte. Heimatlos, was für ein dummes Wort, deutsch irgendwie, aber es traf den
Kern, und er versank in Gedanken. War das erst drei Jahre her, als er mit dem
geklauten Lastwagen in die Wüste gefahren war, um all die anderen vor der
tödlichen Göttin Glory zu schützen?
Damals
hatte er zu Dawn gesagt: Hätt’ ich doch bloß den schicken Porsche geklaut. Der
hatte gerade mal Platz für mich, dich und Schwesterlein... Und jetzt besaß er
einen Porsche und hatte nicht das geringste Interesse daran, mit Dawn und
Schwesterlein in der Gegend herumzufahren.
Er war
tatsächlich erwachsen geworden, und zwar in einer recht kurzen Zeitspanne. Das
hatte er vorher nicht in einhundertzwanzig Jahren geschafft. Und auch nicht
gewollt.
Was war
mit der Band? Spike wollte die Band verlassen. Sie würde ihn immer an Lilah
erinnern. Er musste etwas neues versuchen, und dieser Film über Rudolfo
Valentino war vielleicht eine Möglichkeit.
Er würde
Lilahs Geld für Gwydion aufbewahren und nur im Notfall darauf zurückgreifen.
Spike verlor sich noch mehr in seinen Erinnerungen. Wie Lilah den Truthahn
gewürzt hatte, wie er hinter ihr stand und sie umarmte. Wie er sie auf den
Nacken küsste und sie sich gegen ihn fallen ließ. Ein paar Stunden später war
sie tot und sein Leben zerstört...
„Dawn macht Ferien auf einer Skihütte, und Willow und Kennedy werden auch nicht mehr lange hier sein. Die beiden wollen nach Chicago ziehen, da haben sie Jobangebote.“ Buffys Stimme klang ungewohnt ängstlich. „Bald wird das Haus ziemlich leer sein...“
„Seit
wann hast du Angst? Was soll das?“
„Ich habe nicht Angst um mich, sondern um Morgan“, sagte Buffy, die an diesem Tag einen Brief erhalten hatte, der sie immer noch schwer beunruhigte. Aber sie wollte Spike den Brief nicht zeigen, denn er würde sich bestimmt maßlos darüber aufregen.
Der
Brief kam viel später an als beabsichtigt, denn Casio war zwar verlässlich,
wenn es um digitale Sachen ging, aber den nichtdigitalen Brief hatte er einfach
vergessen. Bis er ihn acht Wochen nach Lilahs Tod durch Zufall beim Aufräumen
fand und ihn endlich mit schlechtem Gewissen abschickte.
Buffy
hatte den Brief mit der sie irritierenden Absenderin ‚Lilah Morgan Castaway’
zögernd in die Hand genommen, als würde eine Bombe in ihm ticken, ihn überaus
vorsichtig geöffnet, langsam entfaltet und schließlich gelesen:
An Buffy Summers,
ich weiß nicht wie ich
anfangen soll, denn an dem Tag, an dem Sie
diesen Brief erhalten,
werde ich wahrscheinlich schon tot sein.
Ich hoffe aber von
Herzen, dass auch die Organisation von Wolfram
& Hart zu diesem
Zeitpunkt zerschlagen und tot sein wird. Doch
leider haben solche
Organisationen die Eigenschaft, wieder neu zu
entstehen, solange noch
Bruchstücke von ihnen existieren. Ich weiß
von einer Filiale in
Chicago, also in bedrohlicher Nähe.
Ich
kann Ihnen nur eines verraten: Sie wollen die Kinder! Und sie
haben
Furchtbares mit ihnen vor. Ich habe keine Zeit, Ihnen die
Einzelheiten
zu schildern, weil ich mich nur kurz im Computersystem
von
W&H aufhalten konnte. Aber es hat mit der Sage um König Artus
und
seiner Halbschwester Morgan zu tun. Sie selber müssen ein Kind
namens
Morgan haben, dessen Vater wohl Spike ist.
Ich
habe auch ein Kind. Es ist nicht schwer, Gwydion zu lieben.
Mein
Sohn ist so wundervoll, dass ich drüber weinen könnte. Ich
werde
es nicht erleben, wie er heranwächst. Aber er braucht eine
Mutter,
das ist mein Appell an Sie. Die Kinder sollten zusammen
aufwachsen,
sie sollten sich kennen, denn das würde die Gefahr
sofort
verringern.
Sie
sollten in einer liebevollen Familie aufwachsen, sie sollten alle
menschlichen
Schwächen kennen, und sie sollten das Gute wählen,
auch
wenn es zu ihrem Schaden wäre.
Das
klingt hart, und es tut mir in der Seele weh, aber so wird es
wohl
sein müssen.
Ich glaube, Spike hat im
tiefsten Inneren noch Gefühle für Sie, er
ist sich derer aber
nicht bewusst. Vermutlich sind diese Gefühle von
W & H manipuliert
worden, während er im Koma lag, aber mit der
Zeit werden sie
sicherlich zurück kommen.
Ich kannte Spike nicht
als Vampir, ich weiß nur, dass der Mensch
Spike es nicht verdient
hat, an der Nase herumgeführt zu werden.
Falls Sie ihn also
wiedergewinnen wollen, dann sollten Sie es wirklich
Ernst mit ihm und seinen
Kindern meinen.
Lilah Pendrag
Buffy
waren beim Lesen des Briefes die Tränen gekommen. Wieder einmal, wie so oft in
letzter Zeit... Da sprach eine Mutter, da sprach eine Liebende. Würde sie selber
jemals so aufopfernd sein? Diese Frau war viel gütiger als sie, viel... besser!
Und
Pendrag? Das war Spikes wirklicher Name? Sie wusste so wenig von ihm. Und jetzt
musste sie Spike auch noch beibringen, dass die Kinder möglicherweise immer
noch in großer Gefahr waren. Aber vielleicht würde ihn das ja umstimmen.
„Ich
glaube, ich weiß was die von W&H wollen. Ich habe das Buch gelesen, die
Sage über König Artus. Die Namen stimmen: Gwydion und Morgan“, sagte sie
beschwörend. „Wenn es das ist, was ich meine, dann müssen wir sie beschützen.
Unbedingt!“
„Ich hatte eigentlich nicht vor, zu bleiben“, Spike war unsicher geworden. er wollte zwar nicht mit so Buffy zusammensein, wie ihr es wohl vorschwebte, aber in der Nähe seiner Tochter wollte er durchaus bleiben.
„Warum
nicht, Spike?“
„Ich
weiß nicht, ob es Lilah recht wäre...“
Lilah,
Lilah, immer nur Lilah! Verdammt noch mal, sie konnte es nicht mehr hören!
Lilah war so schön, so intelligent, so clever, so sanft, so zärtlich. So gut,
so furchtbar gut, wie sie selber wohl nie sein würde. Sogar ihre Handschrift
war schön und ausdrucksvoll...
„Diese
Frau muss ein wahrhaftiger Engel gewesen sein“, sagte sie schließlich ein wenig
zynisch.
„Nein,
ein Engel war sie nicht, eher ein gefallener Teufel. So hat sie sich immer
bezeichnet.“
„Ironisch
war sie also auch noch“, ächzte Buffy auf.
„Oh ja,
fast so wie ich.“
„Es
reicht mir allmählich!“ Sie war tatsächlich eifersüchtig auf eine Tote. Bis ihr
dann die Erkenntnis kam, dass Spike auch immer eifersüchtig auf einen Toten
gewesen war, allerdings auf einen ziemlich lebendigen Toten. Was musste Spike
empfunden haben, als sie ihm immer wieder ihre Liebe zu Angel unter die Nase
rieb?
„Es gab
mal ein Buch. Gone with the wind, so hieß es.“, Spikes Stimme klang brüchig und
eintönig, „da ging es um einen Mann, der eine Frau, es war seine Ehefrau, so
sehr liebte, dass es ihn fast zerstörte. Das Problem war, sie liebte einen
anderen. Das war dumm, was? Sie liebte einen für sie Unerreichbaren. Ich will
diese Liebe nicht mit deiner Liebe zu Angel vergleichen. Tatsache ist aber,
dass die Liebe ihres Mannes irgendwann zu Bruch ging, wie weggeblasen.
Irgendwie vergleiche ich mich mit ihm, bei mir war die Liebe nämlich auch wie
weggeblasen, aber nicht durch den Wind sondern durch den Tod...“
Buffy
dachte an Lilahs Brief, in dem von Manipulationen seiner Gefühle geschrieben
stand, und dass die Zeit vielleicht alles richten würde. Aber auf die Zeit
konnte sie sich nicht verlassen, sie musste ihn aus eigener Kraft
zurückgewinnen.
Es
dauerte eine Weile, bevor sie zu einer Antwort fähig war. Während der letzten
Monate ihrer Schwangerschaft hatte sie nämlich angefangen zu lesen, etwas wozu
sie früher keine Zeit gehabt hatte.
Durch
Zufall fand sie das Buch über die Sage von König Artus, dort stieß sie auf den
Namen Morgan the fairy, sie nannte ihre Tochter so, weil sie auch so klein und
zierlich wie eine Fee war - und natürlich kannte sie auch ‚Gone with the wind’.
„Da hast
du aber was übersehen“, entgegnete sie Spike.
„Was
meinst du?“
„Es gibt
zu diesem Roman eine Fortsetzung“, sie schaute ihn triumphierend an, „und die
geht so: Er verlässt sie, aber sie schlafen noch einmal zusammen. SIE geht weg
und bekommt das Kind. ER heiratet wieder, aber einen richtigen Engel, nicht so
einen gefallenen Teufel, wie DU anscheinend einen geheiratet hast – aber seine
Frau stirbt. Am Schluss sind sie aber wieder zusammen. So ist es!“
Spike
schwieg eine Weile. Er musste an den seltsamen Traum denken, der in den
Südstaaten spielte. Als Morgan nicht bei einem Reitunfall starb. Als sein Sohn
Gwydion deswegen geboren wurde. „Sie hat mich geliebt“, sagte er leise. Und
diesmal bezog es sich nicht auf Lilah, sondern auf die Buffy im Traum.
Buffy
kriegte es natürlich in den falschen Hals. Lilah, Lilah, schon wieder Lilah,
wütend schnaubte sie: „Ich muss mit einer Toten konkurrieren!“
„Und ich
soll mit einem Lebenden konkurrieren – obwohl Lebender ist vielleicht nicht der
richtige Ausdruck...“
„Ich habe
mich geändert“, Buffys Stimme klang eindringlich, „das habe ich auch Angel
gesagt. Ich habe es ihm schon in L.A gesagt, vor ein paar Monaten...“
„Die
Menschen ändern sich nicht!“
„Quatsch,
alles Quatsch!“, sagte Buffy wütend. „Lilah hat sich doch auch geändert!“
Von
Spike erfolgt keine Reaktion, und Buffy ging auf ihn los: „Allmählich glaube
ich, du machst das mit Absicht! Weißt du was, Spike? Du bist nicht mehr der von
früher! Früher, da warst du mutig, du bist Risiken eingegangen. Du hast dich
sogar an MICH herangetraut!“
„Oh, ich
habe mich an eine Göttin rangetraut? Ach nein!“ Spike wurde allmählich sauer.
„Und du weißt ja, was daraus geworden ist!“
„Ich
finde, es ist etwas sehr Schönes daraus geworden“, sagte Buffy leise und deutet
auf Morgan, die sich gerade in ihrem Gitterstall aufrichtete und von Spike zu
Buffy und von Buffy wieder zu Spike schaute.
Spike
bekam von Morgan ein Bild geschickt, auf dem er mit Buffy zu sehen war, und
zwar in enger inniger Umarmung. Er wurde etwas nervös. Er wusste, dass dieses
Bild aus Buffys Kopf stammte, und es wirkte so verdammt real.
„Lass
das, Morgan!“, sagte er.
„Was
soll sie lassen?“, fragte Buffy neugierig.
„Sie
schickt mir ... Bilder!“
Buffy
lächelte, sie ging zum Gitterstall hin und hob Morgan heraus. Sie schäkerte mit
ihrer Tochter und küsste sie auf die kleine Nase. „Was macht denn klein Morgan
mit ihrem Daddy?“, fragte sie schelmisch. Morgan fing an zu lachen, sie
streckte ihre Ärmchen aus und deutete somit an, dass sie zu Spike wollte.
„Ihr
verdammten Weiber!“, beschwerte sich Spike, aber er nahm Morgan auf den Arm.
Sie umklammerte seinen Hals und drückte ihm einen feuchten Kuss auf seine
Wange.
„Das ist
einfach unfair“, beschwerte Spike sich wieder.
„Bleibst
du?“, fragte Buffy eindringlich
„Das
weiß ich noch nicht. Aber wenn du so viel Angst hast, alleine hier zu bleiben,
dann kommst du eben mit nach L.A. Danach sehen wir weiter...“
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
Der
Kaiser war fett und massig geworden, aber das hielt die Buffia nicht davon ab, ihn
anzuhimmeln. Spicus fühlte sich betrogen. Liamus Angelus hatte ihm gesagt, dass
sie noch Jungfrau wäre, als er sie ihm anbot. Natürlich stimmte das nicht, wie
Spicus in der Hochzeitsnacht feststellen musste – nun, es war ihm egal, ob sie
Jungfrau war oder nicht, denn er liebte sie vom ersten Augenblick an. Aber
mittlerweile hegte er den Verdacht, dass es der Kaiser war, der als erster mit
ihr... Und er mutmaßte sogar, dass Morganilla in Wirklichkeit Angelus’ Kind
war. Und Gwydius? Nein, er wollte nicht daran denken.
Doch all
das hätte er ertragen können, wenn die Buffia ihn lieben würde. So tief war er
gesunken durch die Liebe. Jeder aufrechte Römer hätte sie umgebracht oder
zumindest verstoßen. Er aber machte sich nur Sorgen darüber, ob sie den Kaiser immer
noch liebte. Wie sie ihn ansah... Ihr betörendes Antlitz ihm zugewandt, so
lockend, so provozierend. Sagte man nicht auch, dass der erste Mann immer
derjenige war, den eine Frau ihr Leben lang liebt?
Aber
wieso? Warum nur diesen verrückten Sadisten? So ging es nicht mehr weiter, er
musste der Sache ein Ende bereiten!
Spicus hatte einen Plan. Er wollte die beiden auf frischer Tat ertappen, dann würde er sie töten und sich selber als Kaiser ausrufen lassen. Er hatte genug Gefolgsleute unter der kaiserlichen Garde, und auch im Senat, der im übrigen aus einer Bande von Schleimern und Scheißern bestand, befanden sich Anhänger von ihm. Er war verwandt mit dem Kaiser, zwar nicht sehr eng, aber es würde ausreichen, um seinen Anspruch auf den Thron geltend zu machen, außerdem hatte er einen Sohn und somit einen Erben, verdammt viel in dieser dekadenten Zeit. Das war Spicus‘ Plan, und er wartete nur noch auf die passende Gelegenheit.
Tatsächlich
ergab sich diese Gelegenheit, er fand die beiden in seinem eigenen Ehebett vor,
seine Frau wurde von der feigen Ratte von Kaiser besprungen. Sie ächzte und
stöhnte währenddessen.
Er stand
mit dem Schwert vor der Bettstatt, fest entschlossen beide zu töten.
Aber er konnte
seinen Arm nicht erheben, es ging nicht, da war eine Stimme in seinem Kopf,
welche sagte: Sie ist auch nur ein Opfer des Kaisers, sie liebt ihn nicht, sie
wird von ihm genötigt, das zu tun, denn er droht ihr mit der Tötung von uns
Kindern.
Spicus stutzte.
Die Stimme kam ihm bekannt vor, sie hörte sich an wie die Stimme der kleinen
Morganilla, die er über alles liebte.
Aber das
war bestimmt nur Einbildung! Er hob den Arm mit dem Schwert, um dem sauberen
Paar ein Ende zu machen, aber wieder konnte er es nicht tun, stattdessen hörte
er sich zur Buffia sagen: „Bedecke dich!“
Die
Buffia starrte ihn verwirrt an, doch dann gehorchte sie ihm. Sie erhob sich und
streifte fiebrig schnell ihr Gewand über, während ihr Blick ihn nicht verließ.
Ihre Augen sahen aus wie tief verletzte Sterne. Blödsinn, alles Einbildung. Und
dennoch fühlte er Mitleid mit ihr. Er bedeutete ihr mit der Hand, den Raum zu
verlassen. Sie warf ihm einen scheuen Blick zu, als sie an ihm vorbei
hinausging.
Er trat
auf die Bettstatt zu, der Kaiser zuckte angstvoll vor ihm zurück und zog das
Laken über sich. Spicus lachte höhnisch auf und ließ die Spitze seines
Schwertes auf dem Laken tanzen, während der Kaiser Schreie der Furcht ausstieß.
Töte ihn
nicht, es ist besser so! Wieder diese Stimme in seinem Kopf, und wieder klang
sie wie die seiner Tochter Morganilla.
Er wurde
anscheinend wahnsinnig, er, ein römischer Bürger, aus einer Adelsfamilie
stammend, beschützte seine untreue Ehefrau und sollte auch noch ihren Liebhaber
leben lassen? Und dennoch, obwohl es so absurd war, hielt er inne, und seine
Hand sank herab.
Es lohnte sich nicht, diesen Mistkerl zu töten! Er würde das Römische Reich verlassen. Welch befreiender Gedanke!. Für den Fall, dass sein Plan misslingen würde, war alles schon vorbereitet, die Kinder befanden sich auf einem Handelsschiff, das im Hafen von Ostia vor Anker lag und heute noch auslaufen würde - in Richtung Britannica. Dort wollte Spicus sich unter den Schutz des Königs Gweodrudcallum begeben. Dieser war sein Freund, und er herrschte außerhalb von Roms Einflussbereich. Seine Kinder sollten nicht unter einem Tyrannen aufwachsen. Das war er ihnen schuldig.
Aber nun
hatte er alles umgeworfen, denn die Buffia würde mitkommen, was hatte er sich
nur dabei gedacht? Sein Kopf fühlte sich wie betäubt an, während er auf das
Bett herabblickte.
Dann gab
er sich einen Ruck. „Fick dich doch selber!“, sagte er zu dem zitternden Bündel
Fleisch unter dem Laken.
Er
steckte sein Schwert ein und ging hinaus.
Der
Traum oder die Vision wurde ausgeblendet wie eine Szene in einem Hollywoodfilm.
Mist, was passierte wohl danach? Kamen die beiden miteinander klar?
Spike
fühlte sich ärgerlich, so ein blöder Traum! Buffy und Angel, anscheinend waren
die beiden wie ein Pfahl in seinem Fleische. Immer war da das Gefühl, von ihnen
betrogen zu werden. Immer das Gefühl, von Buffy nicht geliebt zu werden.
Aber
vielleicht wollten ihm die Träume etwas sagen. Wenn er nur wüsste was... Worauf
lief alles hinaus? Er grübelte hin und her, bis er schließlich drauf kam, dass
die Kinder wohl zusammen bleiben mussten, und zwar mit ihm, Spike - und mit
Buffy.
Morgan schickte ihm diese Träume, das kleine Biest! Er lächelte - und erkannte, dass die Kinder sich selber schützen konnten gegen alles, was ihnen übel wollte. Sie brauchten nur einen guten Start.
Natürlich
befielen ihn sofort Zweifel, ob er, der ehemalige blutrünstige Vampir ihnen
auch nur irgendwas an Werten vermitteln konnte. Buffy? Die schon eher. Aber sie
hatte so ein gewisses Schwarz-Weiß-Denken. Klar doch, als Jägerin... Ob sie
jemals davon abkam? Okay, es war toll, gut zu sein, aber sie brauchte auch das
Verständnis für die dunkle Seite. Nein nicht der Macht, wieder musste Spike
lächeln. Sie musste akzeptieren, dass nicht alle Menschen gut und nicht alle
Dämonen schlecht waren.
Und das brachte ihn wieder zu Lilah. Ach Lilah! Er vermisste sie so
sehr. Sie hatte ihn verstanden und ihn akzeptiert. Wo war sie? War sie
unwiderruflich verschwunden, ohne ein winziges Molekül von sich zu
hinterlassen? Wie grausam das doch war! Er hatte immer noch nicht von ihr
geträumt, sie immer noch nicht wiedergesehen. Er hatte versucht, sie mit Gewalt
herbei zu zwingen, es hatte nicht funktioniert, und er resignierte allmählich.
Er brauchte ihre Unterstützung, er brauchte ihren Rat, er brauchte doch ihre
Liebe... Er wälzte sich in seinem Bett hin und her, bis er schließlich in einen
unruhigen Schlaf fiel.
Du musst
Gwydion und Morgan in Sicherheit bringen, sie dürfen auf keinen Fall getrennt
werden. Du musst Buffy wieder lieben. Dann wird alles gut. Ich liebe dich und
werde immer bei dir sein...
Endlich
war sie gekommen! Er drehte sich freudig um, um sie zu sehen, er dachte an all
die Nächte, in denen er sie herbeigesehnt hatte. Jetzt war sie endlich da.
Sie
schaute ihn an, Liebe stand in ihren Augen, und sie berührte sanft mit der Hand
seine Lippen. Er wollte sie festhalten, aber sie löste sich auf, unaufhaltsam,
wie ein Morgennebel dem Tage weicht.
Bleib’
doch, sagte er flehend, aber er wusste, dass er sie nicht halten konnte. Er
konnte nur eines tun: Er atmete Lilah ein, trank sie und ihren Duft, trank ihr
Wesen und ihre Liebe, trank ihre Güte. Und er wusste, dass sie nun in ihm war,
genauso wie sie in Gwydion war. Für immer.
Am nächsten Tag erwachte ein ziemlich bestürzter Spike. Einerseits war er getröstet worden, andererseits fühlte er sich furchtbar unsicher. Was würde nun werden? So viele Fragen stürzten auf ihn ein. Wie konnte er die Kinder beschützen? Abgesehen davon, dass er Buffy lieben sollte. Absurd das, unvorstellbar! Willow kam ihm in den Sinn. Er brauchte die Hexe, er würde sie einstellen als, nein, nicht als Hexe, sondern als... Wellness-Illusionistin vielleicht? Das war irgendwie lustig... Und da war da noch Buffy, die behauptete, sie hätte sich geändert. Okay, er würde es ihr nicht leicht machen, er würde sie auf die Probe stellen. Er würde sie öfter auf die Probe stellen. Sie und ihre angeblich nicht mehr vorhandenen Gefühle für Angel.
Am besten demnächst schon in Los Angeles.
ENDE
(siehe unten)
© Ingrid Grote 2003/2012
Die Fortsetzung >>>DAS LICHT AM ENDE
DER FAHNENSTANGE>>> ... wird erst einmal
auf Eis gelegt. Was ich da geschrieben habe, ist irgendwie unbefriedigend, da
ist viel mehr Potential drin, also mach’ ich es neu. Irgendwann. ;-)