GONE WITH THE DEATH? – Teil 15-16
„Ich
habe viel selbstsüchtiges Zeug erzählt bei unserem letzten Treffen. Von wegen
auf dich warten... Aber eigentlich habe ich dich doch damals verlassen, um dir
ein neues Leben zu ermöglichen.
Und dann
hast du Spike ins Spiel gebracht. Ich war entsetzt, war furchtbar eifersüchtig,
und vor allem wollte ich nicht, dass noch ein Vampir dir etwas antut. Obwohl
Spike eigentlich kein Schlechter ist, abgesehen vor der Vampirsache natürlich,
eigentlich habe ich ihn immer beneidet um seine Fähigkeit zu lieben. Das konnte
ich als Angelus nicht.“ Angel schüttelte hilflos den Kopf, bevor er fortfuhr:
„Buffy, du wirst nicht jünger, du solltest dir jemanden suchen, der dich lieben
kann, ohne gleich böse zu werden. Du solltest nicht auf mich warten.“ Angel tat
es weh, das zu sagen.
„Ich
habe ein Kind von ihm.“
„Was?
Von wem?“
„Von
Spike. Am Tag vor dem großen Kampf haben wir miteinander geschlafen.“
„Ach...
ach Buffy, irgendwie weißt du nicht, was du willst. Ich war gerade weg aus
Sunnydale, und du schläfst mit ihm. Ich fasse es nicht!“
„Es ist
passiert, und ich bin froh drüber. So habe ich wenigstens etwas von ihm
behalten. Nachdem ich ihn in den Tod geschickt habe...“
„Er ist
freiwillig in den Tod gegangen. Und außerdem ist er jetzt wieder da, und zwar
als Mensch.“
„Ja...“
Buffy starrte vor sich hin.
„Warum
ist er nicht zu dir gekommen, wenn er dich so sehr geliebt hat?“ Angel wusste
nicht, warum er das sagte, und er wollte Buffy auch nicht wehtun, aber Spike?
Nicht der!
„Ich
weiß es verdammt noch mal nicht!“ Buffy sah ihn an, als wolle sie ihn schlagen.
„Ich
fasse es nicht, ein Kind von Spike!“
„Warum
regst du dich auf? Du hast doch auch einen Sohn, und dann noch von Darla.
Keiner hielt es für nötig, mich darüber zu informieren. Also hat’s mich wohl
auch nicht zu interessieren“, sagte Buffy säuerlich.
„Er ist
zwar mein Sohn, aber seine Mutter habe ich nicht geliebt, wenn du das meinst.“
„WAS ich
damit meine ist, dass ich dich überhaupt nicht kenne. Diese ganzen Jahre in
Sunnydale habe ich mir ein Bild von dir gemacht, und jetzt stellt sich heraus,
dass du sehr wohl ohne mich leben kannst. Gut ohne mich leben kannst. Aber mir
Vorwürfe machen...“
„Ich
habe mich gesorgt. Weißt du, Spike war kein Heiliger...“
„Du
etwa? Ich habe nicht gewusst, wie viel er mir bedeutet. Seine Anwesenheit war
so... selbstverständlich, und ich habe immer auf ihm herumgetreten, sogar noch,
als er eine Seele hatte und am Boden zerstört war. Er brachte meine
schlechtesten Seiten ans Licht, aber er hat mich auch immer wieder aufgebaut.“
Angel
ignorierte ihre Worte. „Und warum lässt er sich nicht bei dir blicken?“
„Ich weiß
es nicht... Da muss was anderes hinter stecken. Ich weiß es wirklich nicht. Ich
weiß nur, seine Liebe, das habe ich erst später erkannt, hat mich die letzten
zwei Jahre in Sunnydale ertragen lassen, aber nein, ich musste ja auf ihm
herumhacken...“
„Das
heißt also, dass du mich nicht mehr liebst?“
„Auch
das weiß ich nicht. Manchmal reicht Liebe einfach nicht aus. Und du, kennst du
mich überhaupt? Du hast dir doch auch ein Bild von mir gemacht...“
„Natürlich
kenne ich dich, Buffy. Sonst würde ich dich nicht lieben...“
„Ich
habe wochenlang mit Spike geschlafen, und das, bevor er eine Seele hatte. Was
sagst du dazu? Passt das in dein Bild von mir?“
„Ich...
ich bin entsetzt, Buffy, wie konntest du nur? Ausgerechnet mit Spike! Mit dem
Vampir Spike!“
„Oh ja, hack’
nur auf ihm herum! Ich glaube, du hasst Spike mehr als alles andere auf dieser
Welt. Warum nur?“
„Er ist
...war ein Vampir, und er hat Jägerinnen getötet.“
„Du hast
ihn immer schon gehasst!“, Buffy lächelte sarkastisch. „Und du wolltest ihn
immer schon töten!“
„Er hat
mich foltern lassen“, Angel verspürte seltsamerweise das Gefühl, sich für seine
Abneigung gegenüber Spike verteidigen zu müssen.
„Wie
viele Leute hast DU denn gefoltert? Unter anderem die teure Drusilla... Ich
weiß noch genau, was du mir vor ein paar Jahren auf meine Frage nach ihr
geantwortet hast. Du hast als erstes eine Gegenfrage gestellt: LIEBST DU MICH?
Das hast du mich gefragt. Ich habe ‚JA’ gesagt, und dann hast du mir die
Geschichte mit Drusilla erzählt.“ Buffys Stimme nahm einen hysterischen Klang
an. „Als ob meine Liebe zu dir die Absolution auf alle deine Sünden wäre!“
„Es war
falsch von mir, dich so unter Druck zu setzen. Aber ich hatte Angst vor deiner
Reaktion...“
„Spike
hatte diese Möglichkeit nicht – das mit der Liebe, die alles entschuldigt. Er
hatte nie diese Möglichkeit, meine Verzeihung zu erlangen. Er hatte meine Liebe
nicht. Damals...“
Nach
kurzem Zögern fuhr Buffy fort: „Aber er hatte auch nie Angst vor meiner
Reaktion. Er hat mir immer die Wahrheit gesagt. Er war der einzige, der mich
mit all meinen Fehlern akzeptiert hat. Er hat sich so verzweifelt bemüht, von
mir geliebt zu werden. Und ich habe...“ Buffys Stimme brach ab.
Angel
starrte sie fassungslos an. „Liebst du ihn?“
„Ja, aber anders als dich. Ich weiß nur, dass ich mich in all diesen Jahren verändert habe. Als wir beide zusammen waren, da war ich siebzehn, eigentlich noch ein Kind. Wenn ich dich erst mit einundzwanzig kennen gelernt hätte, hätte ich mich bestimmt nicht so hoffnungslos in dich verliebt.“
„Sag’ so
etwas nicht“, Angel sah sie flehentlich an.
„Es
stimmt aber. Und du hast doch auch mittlerweile ein enges, wie soll ich
sagen... Verhältnis zu Cordelia. Könntest du sie einfach verlassen, wenn ich
mich jetzt in diesem Augenblick entschließen würde, mit dir zusammen zu sein?“
„Ich
weiß nicht“, stammelte Angel unentschlossen.
„Na
also! Ich werde zu Spike gehen und ihm von seinem Kind erzählen.“
„Tu das
nicht! Du könntest eine Enttäuschung erleben...“
„Ich
muss es aber tun!“ Mit diesen Worten verließ Buffy Angels Zimmer.
Angel
blickte seufzend auf die Los Angeles Gazette, die er unauffällig auf einen
Stuhl gelegt hatte, als Buffy hereingekommen war. Sie sollte die Zeitung besser
nicht zu Gesicht bekommen.
Die Lokalseite
der Gazette war aufgeschlagen, und darauf waren drei Fotos zu sehen, ein großes
und zwei kleine.
Auf dem
großen Foto sah man Spike und Lilah engumschlungen bei einem Strandspaziergang
auf Longbeach. Die beiden wirkten so unheimlich glücklich wie ein Wirklichkeit
gewordener Traum.
Auf
einem der kleinen Fotos ging Spike durch den nassen Sand und trug Lilah auf
seinen Armen.
Auf dem
anderen kleinen Foto standen sie einfach da und küssten sich. Es war offenkundig,
dass beide verdammt gute Laune hatten.
Auf
allen Fotos war zu erkennen, dass Lilah merklich zugenommen hatte, und wer das
noch nicht erkannt hatte, der wurde schließlich durch die Überschrift ‚Gibt es
bald Nachwuchs bei Bill und Leela?’ mit der Nase drauf gestoßen.
Angel
seufzte noch einmal.
Wie
würde Buffy darauf reagieren?
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Buffy
nahm sich ein Taxi und fuhr zu der Adresse, die sie von Spikes Plattenfirma
erhalten hatte. Es war ein bisschen außerhalb. Ein langer Weg führte bis zur
Eingangstür des Hauses, jedenfalls kam er Buffy ziemlich lang vor. Nach kurzem
Zögern drückte sie auf die Klingel.
Eine
gutaussehende junge Frau mit langem braunen Haar öffnete ihr die Tür.
Sie war
offenkundig schwanger, etwa im siebten Monat, schätzte Buffy, die nach einer
sprachlosen Pause die Frau wiedererkannte. Es handelte sich um diese
ausgeflippte Leela–Person, mit der Spike das Duett gesungen hatte. Damals schon
hatte Buffy ein ungutes Gefühl gehabt, als sie diese beiden auf der Bühne sah.
Die Frau war hundertprozentig in ihn verliebt, Spike zu durchschauen, fiel ihr
damals schwerer, aber in seinen Augen hatte sie große Zuneigung und auch Sorge
gesehen.
Buffy
stieg das Blut ins Gesicht, als sie es kapierte. Sie wandte sich um und wollte
wieder gehen, aber die junge Frau sprach sie an.
„Sie
sind Buffy, nicht wahr.“
„Woher
kennen sie mich?“, stammelte die so Angesprochene.
„Ich
weiß es nicht. Aber Sie müssen es sein.“
„Ist
Spike da?“
„Nein,
er ist in Pasadena bei einem Phototermin. Es kam ganz plötzlich...“
„Das ist
gut!“, Buffy seufzte erleichtert auf. Jetzt Spike gegenüberzutreten, dazu noch
in Gegenwart seiner schwangeren Freundin, sie wäre lieber gestorben, als das zu
erleben.
„Kommen
Sie doch herein“, bat Lilah sie.
Buffy
schluckte. „Nein, es ist ... eigentlich nicht so wichtig.“
„Soll
ich ihm etwas ausrichten?“
„Nein,
nein“, stammelte Buffy. „Ich wollte nur wissen, wie es ihm geht. Er ist ein
Mensch, nicht wahr?“
„Natürlich
ist er ein Mensch“, sagte Lilah, und ihre Stimme klang zärtlich. „War er das
nicht schon immer?“
„Oh...
Ja. Da haben Sie recht“, sagte Buffy verzweifelt, denn sie wusste nicht, ob
diese Leela–Frau über Spike voll informiert war. Vielleicht wusste sie ja gar
nichts über den Vampir Spike.
„Ich
weiß es, Buffy.“ Lilahs klare angenehme Stimme unterbrach ihre Gedanken.
„Das
ist... äääh gut. Dann kann ich ja gehen. Sagen Sie am besten nichts zu Spike!“
„Wirklich
nicht? Aber warum denn?“
„Er würde
sich nur aufregen. Es ist besser so“, Buffy schaute Lilah fest an. „Schwören
Sie mir, dass Sie ihm nichts sagen!“
„Ich
schwöre es“, sagte eine recht verwirrte Lilah und fügte hinzu: „Wir werden
heiraten, eigentlich sollte ich ihn nicht belügen.“
„Tut mir
leid, aber ich will nicht, dass Sie ihm etwas sagen!“ Buffy blickte wie betäubt
vor sich hin, nickte Lilah kurz zu und trat den Rückzug an.
Sie lief
die ganze Strecke bis zum Hotel Hyperion, es war ein windiger Tag, windig
genug, um das Gehirn zu erfrischen und klare Gedanken zu fassen. Leider waren
ihre Gedanken immer noch diffus nach dem fast zweistündigen Stunden Marsch zum
Hotel.
Dem
Himmel sei Dank war keiner der Bewohner zu sehen. Buffy schnappte sich ihre
Reisetasche und ging schnell wieder nach draußen, um sich ein Taxi zum
Flughafen zu nehmen.
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Namen sind nicht
Schall und Rauch
Der Sohn des Jägers stark
auch die Tochter des Jägers
Der König und die Fee
Nie zusammenliegen sollten sie
Niemals wiederholen sollte sich:
listiger Rat, die Macht des Bösen
Wäre des Bösen lang
„Die Prophezeiung ist in gälischer Sprache geschrieben, gälisch ist ein Zweig der keltischen Sprachen, eventuell gibt es noch Dialekte in Irland und Schottland, aber ansonsten ist die Sprache überall ausgestorben.“
Bei Wolfram & Hart herrschte große Freude. Heute war der Tag der Erkenntnis, denn die Deutung der Prophezeiung stand kurz bevor.
Der Experte räusperte sich und schickte sich an, weiter zu reden:
„Ein
paar Worte zum geschichtlichen Hintergrund: Die Römer verließen Britannien Ende
des dritten Jahrhunderts und hinterließen ein Land, das aufgesplittert war in
viele verfeindete Stämme, die zudem auch noch von den Sachsen bedroht wurden.
Irgendwann
gab es dann einen Großkönig, nämlich König Uther, dem viele folgten und zwar
unter dem Banner des Pendragon, was soviel heißt wie Drache oder Schlange.
Dieser Drache oder die Schlange war das Symbol des alten Glaubens, der wiederum
eine Art Naturmatriarchat war, dessen Herrschaft von den Priesterinnen auf der
Insel AVALON ausgeübt wurde.
Damals
war man gerade dabei, im Zeichen des Christentums das Patriarchat einzuführen,
also die“, der Experte lächelte verschmitzt, ,„Männerwirtschaft! Man begann, die
Söhne der Herrscher als Thronfolger zu bevorzugen und nicht mehr die Töchter.
Dieses stand im Gegensatz zur alten Religion, denn bei den Priesterinnen von
Avalon galten die Söhne nicht viel.“ Der Experte hörte auf zu lächeln, als er
merkte, dass seine Klienten ihn ziemlich humorlos anstarrten und redete
energisch weiter:
„Avalon
trachtete also danach, selber einen Herrscher einzusetzen. Einen, den man
lenken konnte, egal wodurch. Dieses erforderte aber außergewöhnliche Maßnahmen
und einen weitgreifenden Plan.
Igraine,
die Schwester der obersten Priesterin von Avalon,
war vermählt mit dem Herzog von Cornwall, einem Römer, der Britannien im
Gegensatz zu seinen Landsleuten nicht verlassen hatte. Aus dieser Ehe stammte
eine Tochter, nämlich Morgan, die von der obersten Priesterin als ihre
Nachfolgerin in Avalon favorisiert wurde. Das kleine Mädchen hatte als Kind
schon das sogenannte Gesicht, also die Gabe der Weissagung und somit alle
Voraussetzungen.
Nun
musste man ‚nur’ noch dafür sorgen, dass Igraine aus dem altem
Herrschergeschlecht von Avalon sich mit dem regierenden Großkönig Uther
zusammentat. Aus dieser Verbindung würde, alten Prophezeiungen zufolge der neue
große König hervorgehen, und alle Stämme in Britannien würden diesem Mann
folgen.
Der Plan
funktionierte, ob durch Zauber oder andere Nachhilfe sei dahingestellt.
Jedenfalls wurde Igraine von Uther schwanger, und ihr Gemahl, der römische
Herzog von Cornwall kämpfte gegen seinen Großkönig, wurde aber letztendlich von
Uther getötet.
Uther
heiratete Igraine, sie bekamen einen Sohn und nannten ihn Gwydion, offiziell galt er allerdings
als der Sohn des Herzogs von Cornwall, denn Uther bekannte sich nicht
öffentlich zu ihm.
Morgans Halbbruder Gwydion wurde“, der Experte nahm einen Schluck Wasser zu sich, bevor er weitersprach, „schon als kleiner Junge zu Pflegeeltern gegeben, um ihn vor Feinden zu schützen und außerdem dort erziehen zu lassen.
Morgan wurde von ihrer Tante auf die Insel Avalon gebracht und dort nach einer langen Ausbildung zur Priesterin geweiht. Sie hatte nur noch schwache Erinnerungen an ihren Halbbruder.
Nun
folgte die zweite Stufe des Plans. Man wollte den zukünftigen König Gwydion eng
an Avalon binden. Und zwar durch
das RITUAL.
Haben
Sie die Namen bemerkt? Spike heißt mit ursprünglichen Namen William, Gwydion
Pendrag. Gwydion, dieser Name wurde in seiner Familie immer dem ältesten Sohn
gegeben. Beachten sie ferner seinen Nachnamen: PENDRAG.
Das hat
doch wohl große Ähnlichkeit mit dem Pendragon, dem Symbol des alten Glaubens
von Britannien, dem Drachen, der damals noch auf den Feldzeichen des Großkönigs
prangte.
Gut, das
Ritual war eine Art Inthronisierung des neuen Herrschers. Der zukünftige König,
der den Himmelsjäger darstellte, repräsentiert durch das Sternbild Orion,
schlief nach einer blutigen Hetzjagd, in deren Verlauf er mit den Hirschen lief
oder so ähnlich, das weiß keiner mehr so genau, mit der jungfräulichen
Priesterin von Avalon, die das Land und die Erde verkörperte. Diese Zeremonie
nannte man ‚Die große Ehe mit dem Land’. Morgan war diese jungfräuliche
Priesterin, und ihr Halbbruder Gwydion, der zu dieser Zeit schon ARTUS genannt
wurde, war der große Jäger.
Weder
Morgan noch Artus wussten, mit wem sie da schliefen. Erst im Morgengrauen
erkannten sie sich, und sie waren entsetzt. Morgan viel mehr als Artus, der
damals schon angefangen hatte, seine Schwester über alles zu lieben, viel mehr
jedenfalls als seine zukünftige Frau Gwenhyfar...“ Der Experte wartete an
dieser Stelle auf Fragen, und die kamen tatsächlich.
„Was
meinen Sie? Ja genau, das war die, die später mit Lancelot rumgehurt hat...
Wie auch
immer, man überreichte Artus das magische Schwert Excalibur, dessen Besitz ihm
die Gefolgschaft der Stämme sichern würde.
Es gab
aber noch ein weiteres Heiligtum auf Avalon, nämlich den heiligen Kessel.
Es wird
vermutet, dass dieser Kessel aus seinem sicheren Platz in Avalon in die Welt
gekommen ist. Er hat dort allerlei Verwirrung und Unheil angestiftet. Man
nannte ihn den HEILIGEN GRAL. Interessant, nicht wahr?
Morgan
brachte unterdes einen Sohn zur Welt. Sie nannte ihn Gwydion wie seinen Vater
und überließ ihn der Obhut ihrer anderen Tante, nämlich Morgause, die den
Kleinen wie eine Mutter liebte und in ihrem Sinne aufzog. Man munkelte, sie
hätte sich der bösen Magie verschrieben. In dem kleinen Gwydion sah sie das
ideale Werkzeug, um zur Macht zu gelangen, und sie schürte den Hass ihres
Ziehsohns auf seinen leiblichen Vater. Denn Artus wurde so durch seine
christliche Frau Gwenhyfar beeinflusst – vermutlich hatte er ein schlechtes
Gewissen, weil er mit ihr kein Kind zeugen konnte – dass er sein einziges
leibliches Kind, zudem noch entstanden durch ein heidnisches Ritual, niemals
als seinen Nachfolger anerkennen würde.
Das also
sind die Fakten. Es gab Krieg, der ungeliebte Sohn Gwydion verbündete sich mit
den Sachsen und wurde von ihnen Mordred genannt, was soviel wie ‚Listiger Rat’
hieß. Er war nun der Gegner seines Vaters.
Als
Artus sich weigerte, mit dem Banner des Pendragon, dem Symbol des alten
Glaubens, in die Schlacht zu ziehen, wandten sich mehrere Stämme von ihm ab.
Das Ergebnis waren katastrophale Zustände in Britannien. Alles was Artus im
Namen der Tafelrunde aufgebaut hatte, nämlich eine gerechte Landesführung unter
edlen Rittern, zerfiel innerhalb weniger Monate.
Wir
wissen nicht, was damals geschah, es gibt keinerlei Aufzeichnungen, sondern nur
Legenden. Es ist, als hätte es niemals existiert. Aber das Amulett existiert,
und wir vermuten, dass es ein Teil des Heiligen Kessels ist, der auch Gral
genannt wurde. Das Amulett sucht sich seine Leute. Es suchte Spike. Vielleicht
ist er kein wahrhaftiger Nachkomme von König Artus, aber in seiner Familie gab
es, wie in vielen anderen, unbewusste Erinnerungen an die große Zeit des
Königs, und diese Erinnerungen lebten in der Tradition weiter.
Allerdings
wurden in den beiden Weltkriegen ganze Generationen getötet, die sonst
vielleicht das Vermächtnis weitergegeben hätten. Spike aber blieb am Leben. Na
ja, am Leben ist vielleicht der falsche Ausdruck. Sagen wir, er existierte weiter.“
Der Experte konnte sich ein schmieriges Grinsen nicht verkneifen, bevor er
fortfuhr:
„Fazit: Wenn wir also annehmen, dass Spikes Sohn Gwydion das Wunderkind Artus darstellt, und Spikes und Buffys Tochter Morgan die sogenannte Zauberin Morgan le Fay repräsentiert“, der Experte nahm wieder ein Schluck Wasser zu sich, bevor er weitersprach, „dann können wir erstens davon ausgehen, dass beide zusammen viel Macht haben werden, die sie zum Guten einsetzen können. Ein entsetzlicher Gedanke, wie ich finde...
Doch
zweitens können wir davon ausgehen, dass wenn diese beiden zusammen ein Kind
zeugen, es ein Kind des Bösen sein wird, nämlich Mordred, der die Welt im Chaos
versinken lassen wird.“ Der Experte sah befriedigt, dass seine Klienten ihn
gespannt anschauten, und er warf die Frage in den Raum: „Wie wir es anstellen
sollen?“ Er zögerte eine Weile, bis er mit der Antwort herausrückte, er wollte
seinen Triumph nämlich voll auskosten.
„Antwort:
Wozu haben wir die Zeitportale? Wir schaffen die Kinder einfach in eine
Dimension, in der die Zeit viel schneller vergeht als hier auf der Erde, und in
Nullkommanix werden sie für Nachwuchs sorgen. Übrigens handelte es sich auch
bei der Insel AVALON um ein uraltes Dimensionsportal. Es hieß, dass dort die
Zeit viel langsamer vergehen würde als in Britannien selber. Mit so einem
Zeitverlauf kann man natürlich nicht viel anfangen...“, der Experte lächelte,
und auch seine Klienten schauten belustigt drein.
„Ferner
schlage ich vor, einen Agenten zu Miss Summers zu schicken, sie ist im Moment
bestimmt empfänglich für ein bisschen Trost. Wie schön, dass Mister Castaway
verhindert war, als sie ihn besuchen wollte...“ Der Experte lachte hämisch auf.
„Und das
andere Paar... Nun denn, als erstes werden wir uns um Lilah kümmern, natürlich
erst, nachdem ihr Kind gesund geboren wurde und das Gröbste überstanden hat.“
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Anfang
Juni traf in Woodcape am Eriesee ein Mann ein, der sich bei Buffy vorstellte
als der ehemalige Wächter Thomas Parkinson – und der just in diesem Augenblick
auf eine Buffy traf, die stinksauer war auf Drecks- und Exvampire, wie sie
Angel und Spike bei sich nannte.
Auf
Angel war sie sauer, weil er einen Sohn von Darla hatte und außerdem ein wie
auch immer geartetes Verhältnis mit Cordelia. Wieder einmal hatte sie sich
etwas vorgemacht. Die Liebe, sie fand sie nicht mehr beglückend und tröstlich
wie früher, als sie sich der Vorstellung hingab, Angel würde ihr für immer –
was für ein Witz im nachhinein – treu sein.
Auch
Spikes Gefühle hatte sie für unwandelbar gehalten, vergleichbar mit denen von
Angel, und jetzt war er ein Mensch und hatte eine andere Frau geschwängert.
Nachdem er sie, Buffy, geschwängert hatte. Buffy wusste immer noch nicht, wie
das passieren konnte. Vielleicht lag es ja an diesem Amulett, vielleicht hatte
es so einen Einfluss auf Spikes Körper gehabt, dass es, nachdem Spike selber im
Höllenschlund verglüht war, seinen Samen in ihr lebendig gemacht hatte. Als ein
Geschenk von ihm über seinen Tod hinaus.
Morgan
war so ein Schatz, und Buffy liebte sie über alles. Aber sie hatte es als
alleinstehende Mutter nicht gerade einfach im neuen prüden heuchlerischen
Amerika mit seinen die Familie verklärenden Fernsehserien. Da war immer der
Dad, die Mom und das Kind – oder mehrere Kinder. Die Mom alleine trat recht
selten auf und wenn dann nur, um den passenden Dad zu finden, weil der
leibhaftige Dad verschwunden oder tot war. Wurde der passende Dad gefunden,
dann lief alles wunderbar. Buffy schüttelte den Kopf. Als ob das so einfach
wäre...
Woodcape war ein ziemlich kleines Kaff, in der Größe her vergleichbar
mit Sunnydale, jeder kannte jeden, aber interessante Männer konnte man hier mit
der Lupe suchen.
Sie gab
sich, um nicht als ledige Mutter zu gelten, der Einfachheit halber als Witwe
aus, und irgendwie hatte sie sich auch als Witwe empfunden. Aber jetzt? Was für
ein Witz, ihr ‚Mann’ war früher ziemlich tot gewesen, und jetzt war er
lebendig!
Buffy
lachte bitter auf. Sie musste jemanden finden, mit dem sie ihr Leben teilen
konnte. Am besten sofort. Dann würden auch die Gedanken an Spike aufhören. Doch
statt jemanden zu finden, wurde sie von einer unterschwelligen Eifersucht gequält,
sie stellte sich vor, wie er mit dieser Leela im Bett lag, wie er zärtlich zu
ihr war... Verdammt noch mal, sie versuchte, das Gefühl zu verdrängen, aber es
funktionierte nicht. Stattdessen ging sie so weit, sich die DVD vom
Live–Konzert der Band zu kaufen. Sie studierte Spike. Sie studierte seine
Stimme, seine Blicke. Sie studierte das Stück ‚Homecoming’, sie versuchte über
seine Blicke herauszukriegen, was für Gefühle er für Leela hegte. Mist,
eigentlich hieß sie ja Lilah, aber sie konnte immer nur als Leela von ihr
denken. Er mochte Leela-Lilah, und er war besorgt um sie, möglicherweise wusste
er damals schon von ihrer Schwangerschaft. Konnte es sein, dass er sie nur
deswegen heiraten wollte?
Quatsch,
sie schob diesen Gedanken beiseite. Spike würde nie eine Frau heiraten, die er
nicht liebte, auch wenn sie fünf Kinder von ihm hätte. Also liebte er Leela.
Und er liebte sie, Buffy, nicht mehr.
Warum,
was war mit ihm passiert?
Buffys
Gedanken drehten sich im Kreise, und die Vorstellung, dass Spike zärtlich zu
Leela war, verstörte sie über alle Maßen.
Seltsam,
eifersüchtig war sie immer schon auf ihn gewesen, sogar auf den seelenlosen
Spike. Als sie ihn in der Magic Box mit Anya sah, da fühlte sie sich
schlagartig von ihm verraten. Dabei war sie es doch gewesen, die ihn
aufgefordert hatte, sie loszulassen.
Doch als
er sie dann wirklich losließ, verspürte sie einen ihr unverständlichen Schock,
den sie betäuben musste durch wilde Kämpfe. Kämpfen war gut, Denken war nie
ihre Sache gewesen.
Sie
hatte Spike nie gesagt, dass er ihr irgend etwas bedeuten würde...
Doch,
ein einziges Mal, und zwar, als er vor ihren Augen verglühte. Ein wirklich
toller Moment für eine Liebeserklärung! Und er hatte sie natürlich nur für
Mitleid gehalten.
Buffy
verstand ihr früheres Ich nicht, Buffy verstand auch ihr jetziges Ich nicht.
Sie wusste nur, sie brauchte Ablenkung, weil die Grübelei über Spike sie sonst
in den Wahnsinn getrieben hätte.
Und das
konnte sie ihrer kleinen Tochter Morgan nicht antun. Außerdem brauchte Morgan einen
Vater, eben eine richtige Familie, die sich um sie kümmerte.
Also,
der Mann sah gut aus, er war charmant, erfahren genug und schien an ihr
interessiert zu sein.
Sie war
dreiundzwanzig. Sie hatte nicht studiert, weil ihre Jägerinnen-Pflichten das nicht
erlaubten, ihre große Liebe Angel würde sich, wenn sie mit ihm zusammen wäre,
sofort wieder in Angelus verwandeln, ihr menschlicher Freund Riley hatte sie
verlassen, weil er sich im Vergleich zu ihr zu schwach vorkam, oder weil sie
eine Verabredung mit ihm vergessen hatte...
Der
Vater ihres Kindes war ein ehemaliger Vampir, der eigentlich tot sein sollte
und der nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte.
Noch
mal, der Mann sah gut aus, er war charmant, erfahren genug und schien an ihr
interessiert zu sein.
Buffy
grübelte weiter: Giles hatte ihr eine Art Leibrente besorgt, indem er die
Konten vom Wächterrat anzapfte, es schien ihm angebracht, eine Jägerin, die
zwar jetzt nicht mehr die einzige ihrer Art war, die aber jahrelang ihren
Hintern hingehalten hatte, um das Böse zu bekämpfen, in dieser Art zu
versorgen.
Sie
lebte mit Dawn, Willow und Kennedy in einem geräumigen Haus zur Miete, aber
bald würde sie dort allein mit Morgan sein, denn ihre Freunde wollten alle nach
Chicago ziehen. Außer Xander, der schon in Chicago wohnte und manchmal zu
Besuch kam. Sie konnte von der Leibrente, was für ein blöder altmodischer
Ausdruck, ihr Leben bestreiten, wenn sie sehr sparsam war. Demnächst aber
musste sie Dawns Studium finanzieren, teuer, teuer... Sie selber wollte nicht
studieren, zumindest nicht in den nächsten zwei Jahren, sie wollte sich
intensiv um Morgan kümmern. Doch nach diesen zwei Jahren würde es vermutlich
Geldprobleme geben.
Eigentlich
sollte Spike Alimente für seine Tochter zahlen.
Nein,
nein, niemals!
Dieser Dreckskerl und Exvampir lebte – und er schien nicht gerade schlecht zu leben. Hatte eine Karriere als Popstar gemacht, hatte eine schöne Frau geschwängert, und außerdem sah er so hinreißend aus, dass es ihr fast schon weh tat. Aber er war vergeben, und er sollte niemals erfahren, dass sie ein Kind von ihm hatte.
Wie
hätte er reagieren können?
Mit
Erstaunen? Mit Ungläubigkeit? Mit Freude?
Mit
Freude? Bestimmt nicht. Erstaunen und Ungläubigkeit, tja das wäre es wohl
gewesen.
Vielleicht
hätte er sich um Morgan gekümmert, aber er hätte nie im Leben diese Leela
verlassen. Diese Schmach und Enttäuschung wollte sie sich ersparen, und
deswegen hatte sie Leela verboten, Spike etwas von ihrem Besuch zu erzählen.
Doch...
Tatsache war, sie vermisste ihn. Trotz allem.
Oh nein,
aufhören mit der Grübelei!
Noch
mal, der Mann sah gut aus, er war charmant, erfahren genug und schien an ihr
interessiert zu sein.
Also tat
sie auch jetzt das einzige, was sie in ausweglosen Situationen immer getan
hatte, sie versuchte, sich abzulenken, sich in Aktivitäten zu stürzen. Sie
versuchte, sich in den Wächter zu verlieben.
Der
Wächter war wirklich ein gutaussehender Mann, er besaß eine gewisse Ähnlichkeit
mit Pierce Brosnan, er konnte gut zuhören, schien nicht gerade arm zu sein. Und
all das waren bestimmt gute Voraussetzungen, um einen blöden Exvampir vergessen
zu können.
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Im Juni
gab es eine kurze Pressemitteilung, die durch viele Zeitungen ging. Sie lautete
folgendermaßen.:
Bill Castaway,
Sänger der Gruppe ‚THE BIG BAD THING’ und Lilah Morgan, Anwältin, haben am 10.
Juni vor dem Friedensrichter in Long Beach die Ehe geschlossen. Für beide ist
es die erste Ehe. Die Presse war nicht eingeladen. Trotzdem wünschen wir dem
jungen Brautpaar alles Gute.
Details,
welche die Presse nicht erfuhr:
Trauzeugen:
Snikkers für Spike und die blonde Schwedin Maja – die Ehefrau des Wirtes Karel
– für Lilah.
Die
Eheringe waren aus Rotgold, passend zu Lilahs Saphirring.
Spike
und Lilah gaben sich nicht die ellenlangen Eheversprechen, die im Augenblick so
groß in Mode waren. Nachdem sie sich das Jawort gegeben hatten, küssten sie
sich sofort und kümmerten sich nicht groß um die Anwesenden.
Trotzdem
oder gerade deswegen waren diese gerührt.
Die
nachfolgende Feier fand nur im kleinen Kreis statt. Da Spike und Lilah beide
keine Verwandten mehr hatten, Lilahs Mutter war vor einem Jahr gestorben und
Spike, nun ja... hatten sie nur ihre Freunde eingeladen. Zum einen, um die
Presse fernzuhalten, zum anderen, weil sie absolut keine Lust auf ein Spektakel
hatten.
Die
Braut war zwar hochschwanger, aber ein dunkelblauer Samtrock und ein locker
fallendes Oberteil aus weißer Seide, beide überspielten ihren Zustand gut.
Die
blonde Schwedin Maja hatte Lilahs Haar zu einem Bauernzopf geflochten, der die
Braut sehr unschuldig wirken ließ. Weiße Orangenblüten durchzogen ihr Haar, und
ein paar Haarsträhnchen hingen wie zufällig auf ihre Schultern herab.
Spike
trug, man sehe und staune, einen schwarzen Anzug, dazu ein weißes Hemd und
schwarze Stiefel. Er war leicht gebräunt, und er sah aus wie ein kalifornischer
Sunnyboy. Nur viel besser.
Alle
hielten sich im Garten unter Sonnenschirmen auf, das Büffet war drinnen in der
kühlen Küche aufgebaut, und Bronson hatte es übernommen, die Gäste mit
Getränken zu versorgen
Alle
fühlten sich vollkommen zwanglos und fröhlich.
Snikkers machte Fotos von dem Brautpaar, Casio lud diese Fotos auf
seinen PC. Oh Wunder der Technik! Es waren fantastische Fotos, von denen Spike
eins ganz besonders gefiel: Er und Lilah in Großaufnahme, sie lächelten sich an
und waren so ineinander versunken, dass sie ihre Umgebung vergessen hatten.
Casio
machte aus den Bildern einen Bildschirmschoner, und brannte sie auf eine CD.
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Anfang
Juli erhielt Lilah einen seltsamen Anruf. Es war eigentlich kein richtiger
Anruf, sondern jemand sagte nur ein einziges Wort, so etwas ähnliches wie
‚Aufwachen’, dann wurde auf der anderen Seite aufgelegt.
Lilah
überlegte. War das vielleicht ein bestimmtes Wort, um einen sogenannten
Schläfer zu aktivieren, in diesem Falle SIE zu aktivieren? Aber wozu? Sie
fühlte sich kein bisschen anders als vor dem Anruf.
Oder?
Doch, auf einmal sah sie alles ein wenig klarer, und sie erkannte, dass W&H
eine Bedrohung für sie, Spike und das ungeborene Kind darstellten. Sie hatte es
lange Zeit verdrängt gehabt. Wie konnte sie nur? Sie wusste doch, wozu diese
Firma fähig war.
Vielleicht
sollte der Anruf bewirken, dass sie alles klarsichtiger sah. Aber warum? Was
wollten die Schweine von ihr und ihrer Familie?
Sie
dachte an Spike und sah ihn wirklich auf einmal viel klarer und deutlicher. Sah
seine Vergangenheit, seine Frauen...
Es hätte
sie abstoßen müssen, aber das tat es nicht, und plötzlich wusste sie, was
passiert war. Sie war vermutlich in der Hexenküche von W&H mit einem
Liebeszauber belegt worden. Sie sollte sich in Spike verlieben! Das musste es
sein. Der Plan hatte anscheinend funktioniert, und jetzt wollte man sie
aufwecken, damit sie die Wahrheit erkannte, die Wahrheit über ihre Liebe, die
Wahrheit über ihre Illusionen. Vielleicht wollte man, dass sie Spike verließ.
Aber warum?
Die
ausgetauschten Pillen kamen ihr in den Sinn. Es musste etwas mit dem Kind zu tun
haben. Oh nein, bitte nicht das! Vorerst schob sie diesen Gedanken zur Seite,
sie war noch nicht bereit dafür, musste ihn verdrängen, bevor sie sich damit
beschäftigen konnte.
Und noch
etwas anderes stellte sie fest. Sie liebte Spike immer noch! Da hatten sie sich
schwer vertan, die Wichser – Lilah fluchte untypisch für sie vor sich hin – von
W&H. Sie hätte sich auf jeden Fall in Spike verliebt, auch ohne den
verdammten Zauber.
Es war
atemberaubend, mit Spike verheiratet zu sein, ein Gefühl, das Lilah nicht in
Worte fassen konnte, er war der einzige Mensch, den sie kannte, und das im
wahrsten Sinne des Wortes. Sie liebte ihn über alles und würde alles für ihn
tun.
Dann auf
einmal kam ihr die Frage in den Sinn: Was hatten sie mit Spike getan?
Ein
Liebeszauber war es nicht gewesen, denn bis er sich in sie verliebt hatte, war
doch eine recht lange Zeit vergangen. Vielleicht ein Liebeszauber mit
Langzeitziel? Auch ziemlich unwahrscheinlich, wäre zu ungenau gewesen und fast
nicht steuerbar.
Was also
konnten sie mit Spike getan haben?
Dann
fiel ihr Buffy ein und außerdem Spikes striktes Leugnen von irgendwelchen
Gefühlen, die er in Buffy geweckt haben sollte. Lilah hatte, während sie seinen
Erzählungen lauschte, einen anderen Eindruck gewonnen. Und als Buffy vor sechs
Wochen vor der Tür stand und sie, die hochschwangere Lilah sah, da hatte Buffys
Gesicht Bände gesprochen.
Lilah
war sich sicher, dass Buffy Gefühle für Spike hatte. Und zwar keine schwachen.
Aber was
war mit Spike passiert? Er hatte Buffy so geliebt, dass er sich ihr und ihren
Bedürfnissen total untergeordnet hatte, bis hin zum Weltretten, indem er sich
selber opferte.
Hatten
sie ihm die Liebe zur Jägerin durch Zauberei ausgetrieben oder durch
Flüsterpropaganda, während er in der Krankenstation bei W&H lag? Immerhin
hatte er dort über drei Monate zugebracht. Eine sehr lange Zeit, um ihm während
seiner Bewusstlosigkeit seelisch alles mögliche einzutrichtern.
Lilah stellte sich den Zeitablauf vor: Drei Monate tot im Krater, dann
hatte man das Amulett ausgegraben und nach L.A. geschafft. Zwei Monate später
hatte sie ihn kurz gesehen, als er in einem streng abgeschirmten Zimmer lag, zu
dem nur die obersten Bosse, die besten Ärzte und die furchtbarsten Hexenmeister
Zutritt hatten.
Diese
ganze verfluchte Bande machte sich anscheinend mit seiner Wiederherstellung
sehr viel Mühe.
Er sah
so verwundbar und hilflos aus in diesem Krankenbett, angekettet an dubiose
Drähte und Leitungen...
Bald
darauf wurde sie selber von einem Dämon getötet. Lilah argwöhnte, dass man sie
hatte töten lassen, aber das war ihr egal, sie hatte ein neues Leben geschenkt
bekommen, und dieses Leben war so kostbar und so wertvoll...
Weiter:
Sie hatten Spike bestimmt Tag und Nacht Bänder vorgespielt, in denen die
Jägerin nicht gut wegkam. Die Bänder flüsterten von Demütigungen,
Beschimpfungen und Prügeln, die er von ihr einstecken musste und denen er
aufgrund seiner Liebe zu ihr hilflos ausgesetzt war.
Und das
war ja auch die Wahrheit, dachte Lilah ärgerlich.
Den
Rest, denn die Spione konnten damals in Sunnydale nicht alle schmutzigen
Details in Erfahrung bringen, hatte Spike sich selber eingeflüstert. Deswegen
war er so verbittert und leugnete strikt irgendwelche Gefühle für die Jägerin
und Gefühle der Jägerin für ihn.
Nein,
leugnen war das falsche Wort. Er GLAUBTE es!
Kurzform:
Sie hatten an seinen Verstand und an seine Vernunft appelliert und seine
Gefühle in den Hintergrund treten lassen.
In den
Hintergrund... Das klang bedrohlich, und Lilahs Körper begann zu zittern. Sie
waren vermutlich noch da, seine Gefühle für die Jägerin, tief vergraben
irgendwo.
Waren
diese Gefühle stärker als die Gefühle für seine Ehefrau?
Konnten
diese Gefühle wieder hervorkommen aus dem hintersten Winkel seines
Unterbewusstseins?
Nicht
durch Zauber. Aber vielleicht durch die Zeit? Vielleicht, wenn er länger mit
der Jägerin zusammen sein würde? Lilah fühlte, wie ein furchtbarer Schmerz sich
in sie hineinbohrte, aber sie verdrängte ihn, denn er war nicht wirklich
wichtig.
Was also
konnte sie tun? Im Augenblick nicht viel. Das Kind würde Ende des Monats
geboren werden, und sie fühlte sich viel zu schwerfällig, um jetzt zu
reagieren. Zeit, Zeit, sie brauchte ein bisschen Zeit...
Dann
fiel ihr noch etwas ein. Die erfolglose Suche nach einem neuen Heim für Spike
und sie, als ihnen alle in Frage kommenden Häuser vor der Nase weggeschnappt
wurden. Wollte man sie an dieses Haus fesseln? Aber wozu? Gut, vielleicht
konnte man sie hier besser überwachen, hier waren die Wanzen angebracht. Aber
was konnten die schon groß ausspionieren?
Oh!
Allmählich dämmerte es Lilah, dass dieser Satz ‚Was können die schon groß
ausspionieren’ der Schlüssel zu allem war. Gut, es war der Schlüssel, aber wo
war das Schloss?
Sie hatten
Spike und sie eingelullt in Sorglosigkeit, obwohl sie hätte es wissen müssen!
Diese Leute taten nichts aus Freundlichkeit. Aber man hatte ihnen
eingetrichtert, dass diese Leute nett wären.
‚Was
können die schon groß von mir wollen?’ Dieser Satz war ihnen eingetrichtert
worden.
Mist!
Wieder fluchte Lilah vor sich hin.
Was aber
wollten sie? Es musste mit dem Kind zusammenhängen. Und sollte sie Spike davon
erzählen? Besser nicht. Er konnte nichts gegen sie tun, und sie konnte im
Augenblick auch nicht viel tun, außer nachzudenken und die Zeit mit Spike zu
genießen, sie würde nicht ewig dauern. Doch, da gab es etwas...
Sie ging
nach oben in ihr altes Zimmer, in dem bereits ein Kinderbett und eine
Wickelkommode standen, sie holte ihren Aktenkoffer aus dem Kleiderschrank,
öffnete ihn, nahm die kleine Pistole heraus und legte sie in eine Schublade
ihres Schreibtisches. Es würde zwar nicht reichen, gab ihr aber eine ungewisse
Sicherheit.
Als Spike nach Hause kam – er hatte mit der Band ein Interview gegeben – begrüßte sie noch zärtlicher als sonst. Sie schien ihn gar nicht loslassen zu wollen.
Sie sah ihn an, als hätte sie ihn noch nie gesehen. Sie fand ihn so... überwältigend. Und das kam nicht von dem Zauber, sondern es war Liebe. Wirklich Liebe!
„Weißt
du, dass ich dich liebe“, sagte sie leise zu ihm, während sie sich an ihn
klammerte.
Spike
hob sie hoch und setzte sich auf das Sofa, er legte sie so, dass ihre
Oberschenkel über seinem Schoß lagen und er bequem ihren Bauch streicheln
konnte.
„Ich
glaube, ich weiß es“, sagte er zärtlich, während er weiter ihren Bauch
streichelte und dann ihre Oberschenkel, bis er schließlich bei ihren Füßen
ankam und ihre Schuhe auszog.
Lilah
wand sich vor Wohlbehagen.
„Spike?“
„Was ist
denn, Liebling?“
„Du hast
doch auch einmal unter einem Liebeszauber gestanden. Wie war das? Kam es dir...
echt vor?“
„Es kam
mir so echt vor, dass es echt war. Wie kommst du darauf?“, fragte Spike
erstaunt.
„Aber es
war doch unecht. Oder?“
„Weißt
du, diese Gefühle, die man Liebe nennt, keiner kann erklären, wie sie
entstehen, auch die Wissenschaftler nicht. Es könnte etwas im Gehirn vorgehen,
etwas chemisches oder physikalisches, irgendwelche Moleküle oder Atome finden
zusammen und Peng – auf einmal lieben sich zwei Leute. Vielleicht funktioniert ein
Zauber ähnlich. Die Gefühle sind da, also ist es echt. Und wenn die Chemie
zwischen zwei Leuten stimmt, dann verändert auch die Aufhebung eines Zaubers
nichts daran, Liebe ist echt, egal wie sie nun herbeigeführt wurde.“ Spike
schaute sie forschend an. „Aber warum interessiert dich das?“
Lilah
atmete erleichtert auf. „Ach nur so...“
Dann verzerrte sich ihr Gesicht auf einmal.
„Ist das
so schrecklich?“, fragte Spike, erstaunt über den Wandel in ihrem Gesicht.
„Ooooh“,
stöhnte Lilah laut und schnappte nach Luft.
„Was zum
Teufel ist los?“ Spike war schwer beunruhigt.
„Ich
glaub ich... ich ...hab Wehen.“
Woraufhin
nicht etwa sie, sondern Spike in Panik ausbrach.
© Ingrid Grote 2003/2011
Fortsetzung: GONE
WITH THE DEATH? Teil
17–18