GONE
WITH THE DEATH? – Teil 13–14
Am Abend des gleichen Tages - und zwar im circa zweitausend Meilen
entfernten Woodcape in der Nähe von Cleveland - lehnte sich eine junge Frau
entspannt auf ihrem Sofa zurück und schaltete den Fernseher ein.
Sie fühlte sich total erschöpft und geschafft. Ein bisschen
anspruchsloses TV wäre jetzt nicht schlecht, denn der Tag steckte ihr noch
schwer in den Gliedern, wie jeder Tag eigentlich.
Natürlich
gab es nichts, wie immer im Kabelfernsehen.
Sie
zappte sich tapfer durch die Kanäle, aber es gab wirklich nichts.
Bis sie
schließlich auf einem Musikkanal landete, Musik war gut, da musste man nicht
viel gucken und auch nicht viel überlegen. Zufrieden griff sie nach dem Buch –
sie hatte es sich tatsächlich angewöhnt zu lesen – und schlug es auf. Interview
mit einem Vampir...
Es
handelte tatsächlich um Vampire, wie der Name schon sagte, aber so seltsame
Vampire hatte sie noch nie erlebt, andererseits kannte sie nur zwei von diesen
Exemplaren einigermaßen gut. Ach verdammt, besser nicht abschweifen, sondern
lesen!
Das Lied
fing düster instrumental an mit beunruhigenden Zwischentönen. Sie horchte auf,
sie meinte, ihr bekannte Laute vernommen zu haben, das Chaos, die Hölle, die Teufel...
Jedenfalls klang es seltsam wüst, und es erschreckte sie.
Denn es
hörte sich fast an wie der Höllenschlund...
Sie
hatte es verdrängt, wie der Höllenschlund sich anhörte, obwohl hier in
Cleveland auch einer existierte, er war nur nicht so eklig präsent wie der
andere früher. Hier passierte kaum etwas, und sie fühlte sich ein wenig
überflüssig. Na und wenn schon! Sie hatte jetzt etwas anderes, und das würde
sie um keinen Kick und um keinen Preis der Welt wieder hergeben. Sie lächelte
vor sich hin.
Trotzdem
verging kein Tag, an dem sie nicht an ihre Vergangenheit in dieser kleinen
Stadt dachte.
Und kein
Tag und auch keine Nacht verging, ohne dass sie an IHN dachte.
Die
letzten Stunden vor dem großen Kampf. Als sie mit ihm geschlafen hatte, beide
total verkrampft, beide versucht, so wenig wie möglich dem anderen weh zu tun,
was immer das auch hieß, aber letztendlich war es wunderbar und tröstlich
gewesen. Dann die endlose Höhle des Höllenschlunds mit seinen grölenden
Uppervamps, und er mit dem Amulett, dass sie ihm gegeben hatte, um ihn in den
Tod zu schicken und dadurch die Welt zu retten. Er glühte von innen heraus, als
sie seine Hand hielt, als sie ihm gestand, ihn zu lieben – ...und er es nicht
glaubte.
Seltsam,
diese Geräusche, was für ein blöder Zufall, die klangen genauso wie der
Höllenschlund vor über einem Jahr.
Sie
legte das Buch von Anne Rice zur Seite – sie fand es zwar interessant aber doch
etwas realitätsfremd - und schaute auf den Fernseher, wo sie eine dunkle Bühne
sah, auf der sich allmählich einige schemenhafte Leute einfanden.
Dann
ging langsam irgendwo ein Licht an, und eine raue, aber trotzdem sanfte Stimme
begann zu singen:
Last night I dreamt
that somebody loved me
no hope – but no harm
just another false alarm
Die
Stimme kam ihr irgendwie bekannt vor. Sie starrte auf den Sänger und ging näher
an den Fernseher heran, bis sie ihn fast mit der Stirn berührte, aber das Bild
wurde dadurch nicht deutlicher. Sie konnte die Gestalten auf der Bühne nur
verschwommen sehen.
Doch
allmählich lichtete sich ihr Sehvermögen, und sie erkannte einen nicht mehr
ganz so jungen Mann, er war dunkelblond, mit hinten ausrasierten und vorne ein
wenig längeren zerzausten hellen Haaren, er hatte ein markantes Gesicht mit
hervorstechenden Wangenknochen, er war mittelgroß mit verdammt guter Figur, er
spielte auf einer Gitarre und sang mit dieser rauen und dennoch so sanften
Stimme. Außerdem hatte er eine gespaltene Augenbraue.
Und er
sah verdammt noch mal aus wie Spike!
Es
konnte nicht sein. Spike war tot!
Andererseits,
diese Narbe, dieses Aussehen, diese Stimme, das konnte auch nicht sein, so
etwas gab es nur einmal im bekannten Universum. Es war Spike. Es musste Spike
sein!
Dieser
Drecksack lebte, und er hatte es nicht nötig, zu ihr zu kommen?!
Übergangslos
begann die Band mit ‚Horror movies’, dem wohl
simpelsten Stück des Abends, aber nicht unbeliebt deswegen. Nein, ganz im
Gegenteil!
Nach jedem
Satz wurde Spikes Sprechgesang von wuchtigen Trommelschlägen untermalt:
White Zombie
This island earth
Frankenstein meets Wolfman
House of Usher
The thing
Teenage Frankenstein meets
teenage wolfman
Walking dead
The house of haunted hill
The phantom of the opera!
GOOD EVENING!!!! rief Spike ins Publikum.
GOOD
EVENING!!!! brüllte das Publikum aus mindestens tausend Kehlen zurück.
On a Friday night I like to
go
BeeBeeb, BeeBeeb, Casios Piepsorgel erklang gnadenlos.
some like it cold
I like it hot
especially when my girl
holds my hand such a lot
Well, me and my girlfriend
we love watching horror
movies
BeeBeeb, BeeBeeb...
some like it cold
I like it hot
especially when my girl
is holding MY....
Das Publikum
stöhnte auf aus tausend lüsternen Kehlen, und anerkennende Pfiffe ertönten.
Er
musste es sein. Dieses dreckige Grinsen und wie er den Text sprach. Buffy
versank in Gedanken. Warum hatte er nicht nach ihr gesucht? Sich nicht bei ihr
gemeldet? Warum? Was war mit ihm geschehen? Er liebte sie doch. Das hatte er
gesagt, und sein Tun hatte es auch bewiesen.
… ON A
FRIDAY NIGHT!
Buffy hörte nur noch den letzten Satz des Songs. Die Leute im Saal
tobten. Und die Gruppe ließ sie eine Weile toben.
Buffy schaute und lauschte dem ganzen ungläubig zu. Sie war fast
soweit, genauso hysterisch zu lachen wie die Frau in dem Stück, das die Gruppe
jetzt gerade anfing zu spielen.
Hysterisches
Frauengelächter, Ein Wind weht brausend, ein Schiff fährt über das Meer. Der
Drummer schlägt einen sauberen Rhythmus. Klavierklänge perlen sich in große
Höhen empor, und die Drums gehen in einen wiegenden stampfenden Rhythmus über,
eine helle Gitarre fällt ein, die Frau lacht immer noch hysterisch, der Wind
braust.
nowhere girl you're living in a dream,
nowhere girl you stay behind
the scenes,
nowhere girl you never go
outside,
nowhere girl cause you prefer
to hide…
Das
Schiff verlangsamt seine Fahrt, komisch, seitdem sie in der Nähe des Eriesees
wohnt, denkt sie viel an Schiffe. Und komisch, sie fühlt sich auch wie dieses
Nowhere Girl...
Die
Fahrt ist zu Ende, Applaus, viel Applaus und Jubel. Prächtig aufgekratzte
Stimmung.
Die Zuschauer, insbesondere die Girls sind noch aufgewühlt, da fängt
der Keyboarder an, eine schwermütige simple Sequenz zu spielen. Was keiner im
Publikum weiß ist, dass es sich um ein uraltes Stück aus einer
Computer-Simulation handelt, nämlich um SimCity 2000 - Motiv Depression.
Depression und Niedergang einer Stadt. Schlagartig verfallen die Besucher in
Schwermut, und das seltsame an der Sache ist, sie wissen gar nicht warum.
Dieses Stück geht schwer aufs Gemüt. Casio lässt das Publikum gnadenlos an
Arbeitslosigkeit leiden. Casio mit seinem hochwertigen Stück Technologie, das
er benutzt, um eine Piepsorgel der Vergangenheit nachzuahmen, die wiederum eine
gewaltige Klangfülle vortäuschen wollte, die sie aber gar nicht hatte...
Doch
auch das ist nur die Einführung für das nächste Stück namens Permafrost.
Ein ganz düsteres Lied, ein destruktives Lied, und es fängt auch gleich mit disharmonisch
klingenden orgelartigen Tönen an und einem klaren fragenden Bass, auf das ein
Klavier die Antwort gibt. Spike spricht übergangslos mehr, als dass er singt.
Thunder shook loose hail
On the outhouse again
Today I bumped into you again
I have no idea what you want
Nun
kommt die berühmte Terz, die sich qualvoll auf den Unterleib niederschlägt und
so richtig weh tut, weil Casio auf dem Keyboard die gleiche ätzende Melodie
spielt, die Spike singt, nur drei Töne höher...
As the day stops dead
At the place where we're lost
Dieser
Satz wird von Pfiffen begleitet.
Spike
spuckt die Worte förmlich ins Publikum.
‚Fuck you from the permafrost’, das gibt dem Lied eine irgendwie bekannte und auch pikante Note. Diese Note durfte allerdings nur Spike bekannt sein. Und ihr selber natürlich, und sie fragt sich, ob das Lied speziell für sie geschrieben ist. Nein, bestimmt nicht. Oder doch?
Nach
diesem Stück ist es wohl an der Zeit, etwas nicht ganz so Destruktives zu
spielen, und das elektronische Schlagzeug beginnt mit dem klopfartigen Rhythmus
von Blue
Monday, was sofort große Unruhe und freudige Erwartung im
Publikum hervorruft. „Billy“,
kreischt jemand laut, und andere hysterische Stimmen fallen ein.
Bei Buffy ruft das alles auch große Unruhe hervor, sie sieht jemanden, der eigentlich tot sein müsste, aber die Ähnlichkeit mit dem angeblich Toten ist so frappierend, dass er einfach nicht tot sein kann. Diese Narbe hat sonst keiner. Die Größe stimmt, die Figur auch und vor allem das Gesicht. Es ist einmalig auf dieser Welt, und Buffy drängt sich noch enger an den Fernseher heran, ja, sie kriecht förmlich in ihn hinein und versucht jedes Detail von Spike aufzunehmen. Er sieht so verdammt gut aus. Und er sieht nicht mehr so blass aus wie früher. Ist er jetzt etwa menschlich?
Die
Gitarre stimmt ein in den klopfartigen Rhythmus von BLUE Monday, dazwischen trommelt der Drummer ein brummelndes
Bongo-Geräusch, und der Rhythmus verdichtet sich, der Drummer lässt eine Salve
los, die wie das Rattern eines Maschinengewehrs klingt, ein von Casio
gesteuerter Trauerchor stimmt ein langes ‚aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa’
auf einem einzigen Ton an, und dann endlich fängt Bill an zu singen:
How does it feel to treat me
like you do?
When you've laid your hands
upon me…
Die Kamera schwenkte von Spike weg ins Publikum und zeigte, wie vielschichtig es war: Vierzigjährige, Dreißigjährige, Zwanzigjährige und Unterzwanzigjährige, und möglicherweise auch einige Fünfzigjährige, die aber wirklich nicht aussahen wie Tattergreise.
Aber
alle, egal welcher Altersklasse, befanden sich im Zustand der Auflösung.
Teenies kreischten nach Bill und Porterhouse und konnten nur durch die
Ordnungskräfte daran gehindert werden, auf die Bühne zu springen, um Bill und
Porterhouse an die Wäsche zu gehen. Einem vielleicht Dreißigjährigen gelang es
auf die Bühne zu klettern, um dort wild zu tanzen.
Nach
zwei Minuten wurde er sanft von den Bodyguards hinuntergeleitet.
Spike grinste ihm nach. Und Buffy wusste nun hundertprozentig: Er war
es!
Punkig
gekleidete Knaben fingen an, sich auf Pogo einzustimmen.
Die
Bill, Bill, Bill-Rufe hörten nicht auf. Mit Bill meinten sie wohl Spike,
überlegte Buffy. Wieso Bill? Könnte von William kommen. Wie hieß die Band? Auf
dem Schlagzeug war ein Aufkleber zu sehen: THE BIG BAD THING
Und auch
das kam Buffy vage bekannt vor. Big bad? Big bad? Hatte Spike sich nicht früher
so bezeichnet? Und was sollte das heute bedeuten? War das eine Verarschung oder
was? Andererseits hatte Spike ja immer schon einen seltsamen Humor gehabt...
Das
Konzert entwickelte weiterhin die Dynamik, die den Konzerten von TBBT zu eigen
war, die Pogo-Tänzer und Punk-Anhänger kamen bei Faith Healer voll auf ihre Kosten. Spike hatte dieses Stück übrigens
Porterhouse zum Singen überlassen, weil er meinte, es wäre zu hoch und zu ätzend
für ihn. Für Porterhouse war es gerade richtig, auch das rollende rrrr kriegte
er blendend hin wie ein richtiger Cockney. Aber dann:
and fact to fact
you see and feel
my sex attack…
Das konnte wirklich kein Zufall mehr sein. Er hatte den Text abgeändert, denn eigentlich hieß es ja ‚Back to back’. Mist! Pure Gemeinheit! Erstens die Ähnlichkeit von Spike mit Billy, wobei Spike wahrscheinlich früher da gewesen ist als Billy, vielleicht hat Billy ihn irgendwann mal gesehen und nachgeahmt, und dann dieser... Text! Das ist ein Tiefschlag. Oder doch Zufall?
Natürlich war das Publikum begeistert. Der Saal brodelte förmlich.
Spike
schaute suchend über seine Schulter, als würde er jemanden erwarten.
Hat er vielleicht die Frau erwartet, die gerade auf die Bühne kam?
Buffy musste, als sie genau hinschaute, unwillkürlich auflachen, die sah ja aus
die Leela aus Futurama, nur mit ZWEI Augen. Aber eine geile Figur hatte sie, so
schlank und trotzdem gut proportioniert. Das Publikum verhielt sich beim
Anblick dieser Frau wie eine homogene Masse und stöhnt hingerissen. Pfiffe und
Rufe wurden laut: Leela, Leela, Leela!!!
Die Frau
trat schüchtern ans Mikrophon, während ihre Blicke an Spike hingen. Und dieser
lächelte ihr aufmunternd zu. Wenn es denn Spike war. Aber wie konnte es Spike
sein? Er musste doch tot sein. Verglüht im Höllenschlund.
Ein knallharter synthetischer Rhythmus ertönte, gefolgt von einem heftigen Keyboard, der Rhythmus steigerte sich, nein, er wurde nur dichter, weil jetzt alle Instrumente einsteigen.
Die
Leela-Frau fing an zu singen, nein, an zu sprechen, und sie sprach so
leidenschaftlich wie eine Anwältin bei einem Plädoyer vor dem Obersten Gerichtshof.
Buffy kriegte zwar kaum etwas mit von dem, was sie sprach, denn sie war immer
noch total aufgewühlt über die Entdeckung, dass Spike lebte, aber ein bisschen
kriegte sie doch mit, nämlich dass die Kamera gerade wieder ins Publikum
schwenkte und die Fans von Leela zeigte. Und das waren fast alle männlichen
Besucher. Doch auch die Girls zeigten sich schwer beeindruckt, und alle
wünschten sich, jetzt statt Leela dort auf der Bühne zu stehen.
Leela
schaute wieder Spike an. Der hatte seine Gitarre abgelegt, trat mit langen
Schritten an ihre Seite, ergriff das Mikrofon und sprach, während er ihr in die
Augen sah:
I contain the need
It's moments that we're
stealing
No pleasure's ever free
You sustain the rhythm
I'll maintain the beat
We're bound by this emotion
Two bodies – one heartbeat? Das war ja rührend! Buffy fühlte sich
unsicher. Hatten die beiden was miteinander? Nein, das konnte nicht sein, er
liebte doch nur sie. Aber warum hatte er sich dann nicht bei ihr gemeldet?
Auch das Publikum schien erstaunt zu sein, denn ein leichtes Raunen
ging durch den Saal, das war nicht der normale Ablauf dieses Stückes.
Normalerweise sang Leela alles allein, aber diese Änderung war wirklich Klasse.
Das fanden vor allem die weiblichen Besucher des Konzerts. Diese beiden passten
so gut zueinander, und außerdem wirkte das wie eine eindeutige Liebeserklärung.
Waren Bill und Leela etwa ein Paar? Bis jetzt hatten sie sich ja
ziemlich bedeckt gehalten, aber wenn das stimmte, dann war es absolut genial!
Das
Konzert ging weiter, und die Stimmung war womöglich noch aufgekratzter als
vorher.
Buffy
war so versunken und abgelenkt von der Außenwelt, dass sie das Quietschen
hinter sich gar nicht hörte.
Bis es
richtig laut wurde mit dem Quietschen. Buffy seufzte tief auf und drehte sich
dann um.
„Was ist
denn, mein Schatz“, sagte sie zu dem Baby im Kinderwagen, sie hob es zärtlich
hoch, nahm es auf den Arm und ging mit ihm wieder vor den Fernseher. Sie hielt
das Baby so, dass es auf den Bildschirm gucken konnte.
„Das ist
also dein Daddy, der Drecksack! Was machen wir nun, Morgan?“
Das Baby
war vielleicht sechs Monate alt, es hatte natürlich keine Ahnung, was ein Daddy???
war, aber den Drecksack???, der gerade in dem bunten Ding zu sehen war, den
kannte es. Klein Morgan hatte es oder ihn schon oft in den Gedanken??? ihrer
Mom gesehen. Klein Morgan wusste natürlich nicht, was Gedanken sind, aber das
Bild in dem Kasten wies eine Übereinstimmung??? mit den Gedanken??? ihrer Mom
auf.
Klein
Morgan hatte da noch einen anderen??? gesehen, aber der andere wurde allmählich
blasser??? und kam nicht mehr so oft??? vor.
„... das
waren sie, die Newcomer des Jahres. ‚THE
BIG BAD THING’ aus Los Angeles. Und das war echt ein Hammer,
nicht wahr... Na denn träumt mal schön von Frontmann Bill!“, blubberte eine
junge Blondine nach Ende des vielleicht neunzigminütigen Konzerts. Die Jungs
hatten auf Drängen des Publikums noch drei Zugaben gegeben.
„Aus Los
Angeles? Das ist ja wirklich ein Hammer! Ob Angel was weiß? Ich glaube, ich
werde demnächst mal hinfliegen...“
Klein
Morgan brabbelte zustimmend vor sich hin, wie es schien.
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Teil 14 - FAMILIENTRADITIONEN
Endlich
wieder zu Hause!
Sie
hatten noch ein paar Zusatzkonzerte in den zahlreichen Vororten von L.A. geben
müssen, denn das vom TV übertragene Konzert hatte die Stimmung dermaßen
angeheizt, dass viele, aber auch verdammt viele Leute sie live sehen wollten.
TBBT war
nun eine Kultgruppe. Vielleicht keine besonders große Kultgruppe, aber eine für
den besonderen Geschmack.
Spike
schleuderte die geleerten Koffer in den Keller und fühlte sich total
erleichtert.
Lilah sowieso, denn für sie waren die letzten Wochen viel anstrengender gewesen als für ihn, natürlich hatte sie das vor Spike nicht gezeigt. Jedenfalls wollte sie jetzt nur noch schlafen oder ausruhen. Hauptsache, sie musste nicht vor die Tür gehen. Zumindest für ein paar Tage.
Aber am
besten fand sie, dass die morgendliche Übelkeit nicht mehr auftrat. Und das
machte sie beide glücklich.
Die
Tournee war zwar das Aufregendste gewesen, was sie seit langer Zeit erlebt
hatten, und sie würde bestimmt noch Gesprächsstoff für Jahre liefern, aber
jetzt bereiteten Lilah und Spike sich auf ein noch größeres Abenteuer vor.
Nämlich ein Kind zu bekommen.
Nachdem Lilah ein paar Tage wirklich nur im Bett zugebracht hatte, fing
sie allmählich an, sich zu erholen. Das Frösteln wich aus ihrem Körper, denn
sie wärmte sich an Spike und am Kaminofen, der immer auf vollen Touren lief und
das ganze Haus heizte.
Spike
hatte eingekauft und ihre Lebensmittelvorräte aufgefrischt. Sie machten es sich
richtig gemütlich und genossen es, nicht mehr über Highways zu fahren und in
diversen unbekannten Hotels oder Motels übernachten zu müssen. Es war einfach
herrlich.
Lilah
guckte ‚Reich und schön’, und sie war erstaunt, welche Wendung die
verschlungene abstruse Handlung mittlerweile genommen hatte: Brooke liebte nun
wirklich Thorne, den Bruder ihrer bis vor kurzem ‚wahren großen Liebe’ Ridge,
aber die Mutter der beiden Brüder, Stephanie, hatte einen Schlaganfall
erlitten, als sie Brooke und Thorne beim Fastliebesspiel erwischte. Jetzt
konnte sich Stephanie an nichts mehr erinnern und musste geschont werden. Zur
Schonung gehörte, dass das neue Liebespaar seine Beziehung nicht offen bekennen
konnte. Wär’ ja auch zu einfach gewesen...
Was für
eine Tragödie, dachte Lilah belustigt und schaltete den Fernseher aus.
Irgendwie hatte diese Fernsehserie ihren Reiz verloren, denn es gab bestimmt
Wichtigeres.
.
„Habe
ich dir eigentlich schon von Wesley erzählt?“, fragte sie Spike, der sich zu ihr
gesetzt hatte. Sie hatte das Gefühl, Spike müsste davon wissen, von diesem
peinlichen Kapitel in ihrem Leben. Spike hatte ihr soviel von sich erzählt,
dass sie es ihm einfach schuldig war.
„Nein“,
sagte Spike. „Willst du?“
„Es ist
mir peinlich. Aber egal.“ Lilah zog die Beine an ihren Körper und umschlang sie
mit beiden Armen. „Gut, wie fang’ ich an?“
„Von
vorne vielleicht?“
„Okay!
Wir hatten ein Verhältnis. Zuerst ein rein sexuelles, aber dann wurde es
ernster. Natürlich hat keiner von uns das zugegeben. Vielleicht hat Wes das
auch gar nicht so empfunden wie ich. Ich weiß es nicht, oder doch? Jedenfalls
hat er sich um mich gekümmert. Wesley hat ein ausgesprochenes Pflichtgefühl, er
war schließlich Wächter, ich glaube, da hat man so etwas.“
„Ich habe
ihn nie gesehen. Zu der Zeit war ich nicht in Sunnydale.“
„Blöderweise
liebte er eine andere. Nämlich Winifred Burkle. Sie lebt auch in dem Hotel, wo
die ganze Angel-Sippe haust. Angel hat sie aus einer anderen Dimension
gerettet. Sie ist sehr intelligent, sehr jung, und sie ist mit Gunn zusammen.“
„Den
kenne ich auch nicht.“
„Ich war
so idiotisch, dass ich dachte, ich könnte ihn kaufen. Wesley natürlich. Ich
schenkte ihm ein kostbares Artefakt, um ihn zu beeinflussen und dann habe
ich...“ Lilahs Stimme stockte und sie sah Spike hilflos an.
„Was
denn? So schlimm kann’s doch nicht gewesen sein“, meinte Spike aufmunternd.
„Ich
habe mich so gekleidet wie Fred, ich habe mir die Haare so zurechtgemacht wie
Fred, ich habe eine Brille getragen wie Fred. Wie die Frau, die er in
Wirklichkeit liebte. Und es hat gewirkt. Allerdings nur kurzfristig. Bald
darauf hat er mit mir Schluss gemacht.“ Lilah sprach nun sehr schnell und auch
sehr bitter. „Er hatte sich für das Gute entschieden. Ich war draußen!“
„Oh ja,
die Guten sind wirklich unerbittlich“, sagte Spike, und auch seine Stimme klang
bitter. „Jeder handelt mal idiotisch im Namen der Liebe. Aber das sollte nur
einmal passieren. Liebe ist ja gut und schön, aber man sollte sich nicht selbst
verleugnen und demütigen. Das bringt nichts. Ich habe es ja auch getan, und es
hat mir nichts gebracht. Es war für alle nur peinlich. Besonders für Buffy...“
Wie entsetzlich! War er damals total übergeschnappt gewesen? Er stöhnte gequält
auf.
„Seltsamerweise
veränderte ich mich, nachdem er mit mir Schluss gemacht hatte. Ich wollte nicht
mehr so böse sein wie zuvor, und ich fing allmählich an, meine Position in der
Firma auszunutzen, um bestimmten Leuten zu helfen. Natürlich konnte ich nicht
viel tun, aber ich glaube, ich habe ein paar Leute vor dem Tod bewahrt. Ich
wollte mir wohl beweisen, dass ich Wesley nicht brauchte, um gut zu sein, nein,
gut ist das falsche Wort, sagen wir, nicht ganz so schlimm wie früher zu sein.“
„Du hast
es aus eigener Kraft geschafft!“
„Ein
bisschen, wie gesagt, nur ein bisschen. Erst als ich gestorben war und
zurückgeholt wurde, da wurde ich zu einem...“, Lilah lächelte, „gefallenen
Teufel.“
„Gefallener
Teufel? Das gefällt mir!“
„Wie
haben sie es wohl gemacht?“
„Was
gemacht?“
„Uns
wieder zum Leben erweckt.“
„Ich
schätze mal“, meinte Spike nachdenklich, „sie brauchten dazu nur ein paar
Sachen, vielleicht ein bisschen Kohle, ein bisschen Zucker, ein Streichholz,
einen Nagel und viel Wasser. Da ist alles drin, was man so fürs ‚Leben’
braucht: Kohlenstoff, Schwefel, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff - und ein
bisschen Eisen.“
„Sie
haben mich etwas kleiner gemacht“, sagte Lilah nachdenklich.
„Vielleicht
haben sie für das Rezept weniger genommen als auf der Packung angegeben war...
Vielleicht war der Zucker ausgegangen...“
„Ich bin
froh darüber“, musste Lilah zugeben. „Aber wie haben sie deine Narbe
hingekriegt? Als simpler Klon wie ich wärst du so frisch und unversehrt wie ein
neugeborenes Baby. Bei mir sind keinerlei Narben zu sehen, und ich weiß genau,
dass ich welche hatte...“
„Ach was
weiß ich! Vielleicht durch Zauber, vielleicht durch das Amulett. Das Amulett
hatte große Kräfte, vielleicht hat es sich so inniglich mit meinen Molekülen
verbunden, dass ich so bin wie ich war... Heiliger Strohsack, das hört sich ja
sehr philosophisch an.“
„Bin ich
ich? Oder bin ich gar kein Mensch?“
„Natürlich
bist du ein Mensch“, sagte Spike eindringlich. „Du wärst auch ein Mensch, wenn
du zu hundert Prozent aus Ersatzteilen bestehen würdest. Wenn du Gefühle hast
und darüber nachdenken kannst, dann bist du ein Mensch.“
Lilah
war es zufrieden, sie rückte näher an Spike heran und küsste ihn.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
Sie
fingen an, gemeinsam an der Schwangerschaftsgymnastik teilzunehmen. Lilah
spürte die neidischen Blicke der anderen Frauen, die nicht das Glück hatten,
einen so attraktiven Mann an ihrer Seite zu haben. Und sie genoss es, sie war
so glücklich.
Als der
Frühling kam, konnten sie endlich ihren Wintergarten benutzen und sich bei geöffneter
Glastür auf das große Rattansofa setzen und in den Garten hinausschauen. Lilah
setzte sich oft alleine dort hin, wenn Spike nicht da war, weil er mit den
Jungs oder der Plattenfirma etwas zu besprechen oder zu verhandeln hatte.
Manchmal gaben er und die Jungs auch Interviews. Nein, nicht mit einem Vampir.
Sie musste lachen.
Sie
sprachen darüber, sich ein eigenes Haus zu kaufen und besichtigten auch mehrere
Objekte, aber blöderweise wurden ihnen alle, die in Frage kamen, von anderen
Interessenten vor der Nase weggeschnappt. Als Lilah allmählich unbeweglicher
wurde, gaben sie es auf, sie wollten es erst wieder versuchen, wenn das Kind
geboren war.
Lilah
schaffte es auch nicht mehr, sich um Spikes Geschäfte zu kümmern, sondern
besorgte ihm eine Agentin, die nichts mit W&H zu tun hatte, sondern eine
Studienkollegin von ihr war und der sie absolut vertrauen konnte. Im Gegensatz
zu W&H.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
„Kannst
du übrigens französisch?“
„Habe
ich dir das eben nicht bewiesen, mein Schatz“, sagte Spike etwas anzüglich.
„Nein“,
sagte Lilah etwas verlegen, „das meinte ich nicht. Ich meinte französisch, die
Sprache...“
„Un
petit peu“, schon während er das von sich gab, überlegte Spike. Das war
natürlich Quatsch, denn entweder musste es heißen ‚un peu’ oder ‚un petit’,
beides zusammen war so überflüssig wie der weiße Schimmel, der schwarze Rappe
oder die unberührte Jungfrau.
„Aha, du
kannst du ein bisschen französisch! Un petit
peu! Das ist interessant... Was meinst du, siezen die Franzosen ihre
Katzen?“
„Äääh
bitte?“ Spike war überrascht. Sie hatte immer wieder das Talent, ihn zu
amüsieren, und vor allem zu interessieren.
„Die
Franzosen. Siezen sie ihre Katzen?“
„Keine
Ahnung. Sag’ es mir!“
„Gut.
Ich war mit einer Freundin auf einer Studienreise durch Europa. Moment mal,
hast du eigentlich schon Mark Twains ‚Reisen durch Europa’ gelesen?“
„Nein.
Ist es gut? Dann besorg’ ich es.“
„Es ist
witzig! Wie auch immer, wir fuhren durch Südfrankreich. Irgendwann bekamen wir
Hunger, es war in einem kleinen Ort, und wir hielten vor einer Épicerie. Oder
war es eine Boulangerie? Was für eine Sprache... Jedenfalls wollten wir was zu
Essen kaufen.“
Spike
lauschte ihr gespannt und sagte nichts.
„Ich
wollte die Verkäuferin mit meinem fließenden Französisch beeindrucken, ich
hatte vorher zwei Stunden darüber nachgedacht, wie ich es ausdrücken sollte.
Ich fragte also: Avez vous du pain?“
„Habense
Brot da?“, tat Spike seine Französischkenntnisse kund.
„Brot
war natürlich ausgegangen. Am späten Nachmittag haben die Franzosen kein Pain
mehr. Das hätten wir wissen müssen...“
„Gut,
Brot war alle. Und was war mit den Katzen? Waren die auch alle?“
„Non, da
waren zwei Katzen in diesem Laden, egal ob Épicerie oder Boulangerie, eine
kleine Getigerte und eine große dicke Rote. Die kleine Getigerte belästigte die
große dicke Rote.“
„Die
Getigerten sind die reinsten Drecksäcke...“
„Die Verkäuferin sagte: Laissez faire le grand.“
„Das
heißt: Lassen Sie den Großen in Ruhe“, meinte Spike.
„Habe ich
zuerst auch gedacht. Aber bei dieser Sprache, wo alles genauso gesprochen -
aber ganz anders geschrieben wird, sind mir mittlerweile Zweifel gekommen.“
„Inwiefern?“
„Es
könnte genauso gut heißen: Laisser faire le grand. Und das würde heißen, es
wäre die Befehlsform, also der Imperativ, und das würde heißen: Den großen in
Ruhe lassen!“
„Ich glaube nicht, dass die Franzosen ihre Katzen anschnauzen“, sagte Spike. „Welches zivilisierte Volk würde das tun? Einigen wir uns also darauf, dass die Franzosen ihre Katzen siezen. Und wenn ich mich so recht entsinne, dann siezen sich sogar französische Ehepaare im Ehebett... Also warum sollten sie nicht ihre Katzen siezen?“
„Voulez vous coucher avec moi?“
„Aber
Schatz wir sind doch gar nicht im Ehebett…“
„Ce soir?“
„Klar! Coucher avec moi!!! Was soviel heißt wie: Mit
mir schlafen!!! Das ist die Befehlsform. Verstanden, ma chere?“
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
Spike
war schon den ganzen Tag nervös und unkonzentriert gewesen. Lilah wunderte
sich, was er wohl hatte.
Er zog sie auf seinen Schoß, streichelte ihr Haar, zwirbelte
geistesabwesend einige ihrer Haarsträhnen zu Löckchen, öffnete seinen Mund,
schloss ihn aber sofort wieder.
„Was ist
denn eigentlich los mit dir?“, Lilah sah ihn besorgt an.
„Äääh
ich.. ich wollte dich was fragen.“
„Jaaa?“
„Wir
verstehen uns doch gut, oder?“ Seine Stimme klang unsicher.
„Oh
ja...“
„Und wir
wollen zusammen bleiben? Oder willst du das nicht? Für unser Kind wäre es doch
besser, wenn wir zusammenbleiben würden.“
„Ich
glaube schon“, Lilahs Herz machte einen Sprung, als er ‚unser Kind’ sagte. Er
hatte es also akzeptiert. Zum erstenmal hatte er ‚unser Kind’ gesagt.
„Ich
weiß, dass du ziemlich.... äääh vermögend bist“, Spike strich sich nervös durch
sein Haar, „und dass ich“, er stockte kurz und sprach dann schnell weiter,
„nicht gerade die beste Partie bin.“
„Worauf
willst du hinaus?“ Lilah war nun mehr als verwundert.
„Wir
könnten ja zum Beispiel, so einen Vertrag abschließen. Weißt du, so einen
Vertrag, in dem die Vermögenssachen geregelt sind...“
„Was zum
Teufel willst du denn regeln?“
„Bin ich
die Anwältin oder du?“ Er sah genervt aus bei dieser Frage.
„Wenn du
dich ein bisschen deutlicher ausdrücken könntest“, sagte Lilah einigermaßen
ratlos, obwohl sie auf einmal ahnte, was... Nein, sie musste sich irren. „Was
also wolltest du mich fragen?“
„Verflucht
noch mal, ich wollte dich fragen, ob du...“, nach einer ganz kurzen Pause
redete Spike ganz schnell weiter, weil er es sonst möglicherweise nie sagen würde,
wenn er es jetzt nicht über die Lippen brachte „meine Frau werden willst!?“
Lilah
starrte ihn verblüfft an. Sie hatte es vorhin zwar vermutet aber nie im Leben
für möglich gehalten. Dieses war ein Heiratsantrag. Von Spike, den sie liebte.
Lilah
hatte auf einmal einen Geistesblitz, der ihre Antwort auf diese heikle Frage
vom Trivialen befreien – und vielleicht für alle Zeiten ein Gegenstand von
Witzen zwischen Spike und ihr bleiben würde.
„Gut,
ich hol’ schon mal Papier und was zum Schreiben.“
„Häääh?
Ach so. Du sagst ja?“
„Ja, du
verdammter Volltrottel“, Lilahs Stimme klang noch spröder als sonst, sie
zitterte fast, „ich will deine verdammte Frau werden!“
„Das ist
gut“, sagte Spike erleichtert, zog sie noch näher an sich heran und küsste sie
zärtlich. Und wollte gar nicht damit aufhören.
„So, und
jetzt kannst du das Papier holen“, sagte er nach einer Weile, als sie sich
atemlos voneinander getrennt hatten.
„Später,
wir werden das schon regeln. Also küss mich. Weiter!“
„Lilah,
iich will nnicht, dass du denkst, es wäre nur wegen ddes Kindes“, Spike fing
doch tatsächlich an, leicht zu stottern.
„Und
weswegen dann?“ Lilah fühlte sich zunehmend sicherer.
„Ich
hätte nicht gedacht, dass ich mich noch einmal richtig verlieben könnte. Weißt
du, gebranntes Kind scheut Feuer – blöder Spruch – aber mit dir ist alles so
leicht. Und schön. Mit dir habe ich keine Zweifel. Weder an dir noch an mir.“
„Ja das
stimmt. Ich habe auch keine Zweifel“, sagte Lilah ernst.
„Vermutlich
liegt es daran, dass ich dich liebe“, Spike lächelte sie an, und Lilah schaute
hingerissen in seine blauen Augen, die sie unglaublich liebevoll anblickten.
Sie umarmten sich wieder. Und küssten sich. Es war einfach unglaublich.
Auch die
Reihenfolge der Ereignisse war unglaublich: Sie hatten miteinander geschlafen.
Sie hatten ein Kind gezeugt. Er hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht. Und er
hatte ihr eine Liebeserklärung gemacht. Seltsame Reihenfolge, denn die
Liebeserklärung kam ein bisschen verspätet, aber es fühlte sich trotzdem alles
richtig an.
Dann
wühlte Spike mit der Hand in seiner Hosentasche herum und förderte schließlich
ein kleines Kästchen zutage. Er klappte es auf, nahm einen Ring heraus und
steckte ihn Lilah vorsichtig an den Finger.
„Natürlich
nur, wenn er dir gefällt. Es ist ein Saphir“, fügte er hinzu. Natürlich fügte
er nicht hinzu, wie schweinisch teuer der Ring gewesen war, aber für seine
Liebste war eben nur das Beste gut genug.
„Er ist
perfekt“, Lilah streckte versonnen ihre Hand aus und bewunderte IHREN Ring. Er
war so schlicht, dass er schon wieder auffallend war. Ein großer, flacher im
Facettenstil geschliffener dunkelblauer Saphir, der von der Farbe her perfekt
zu ihren Augen passte und der ganz schlicht gefasst war in einem dunklen Gold.
„Ist das
etwa Rotgold?,“ fragte sie Spike.
„Ja, das
ist mal was anderes als das ewige Weiß- und Gelbgold. Er ist dir doch nicht
zu... klobig?“ Spike küsste ihre Hand, die den Ring trug.
„Nein,
nein! Ich werde dann also Lilah Morgan Castaway heißen“, meinte Lilah
nachdenklich und betrachtete immer noch ihren Ring. „Aber eines möchte ich doch
gerne wissen...“
„Dann
frag’ mich, Frau!“
„Wie ist
eigentlich dein richtiger Name? Ich meine den außer William, William kennen wir
ja alle...“
„Lass
mal überlegen“, Spike musste wirklich ein paar Minuten überlegen, denn es war
so verdammt lange her... „William Gwydion Pendrag“, sagte er dann schließlich
stockend und bekräftigte nach einer kleinen Pause diese Aussage: „Ja genau –
William Gwydion Pendrag.“
„Das ist
ein interessanter Name.“ Lilah sprach den Namen zärtlich aus: „Gwydion...“
„Findest
du?“ Spike schaute etwas abwesend drein, als würde er in die Vergangenheit
lauschen, weil da noch etwas anderes war. Zwei Minuten später fiel es ihm dann
ein: „Dieser Name, Gwydion, wird in unserer Familie immer dem ältesten Sohn
gegeben. Ist so eine Tradition. Keiner weiß warum, damals wussten wir es auch
schon nicht mehr.“
„Das
heißt also, falls wir einen Jungen bekommen, wird er Gwydion heißen. Das
gefällt mir. Was ist das für ein Name? Oder...“, das fiel ihr siedendheiß ein,
„hast du etwa schon einen Sohn?“
„Nein,
du lieber Himmel, nein! Alles an mir war doch ziemlich tot.“
„Da
haben wir schon Pferde kotzen sehen“, meinte Lilah trocken. „Angel und Darla, beide
ja wohl Vampire, haben einen gesunden menschlichen Sohn bekommen...“
„Tja, da
waren ja wohl die Höheren Mächte im Spiel“, sagte Spike spöttisch.
„Aber
was ist das für ein Name? Und werden wir unser Kind“, Lilah schwelgte förmlich
in den Worten ‚unser Kind’, „so nennen? Falls es denn ein Junge wird?“
„Ich
glaube, der Name ist gälischen Ursprungs, und ich mag ihn irgendwie“, meinte
Spike nach einer kurzen Pause. „Eigentlich habe ich Traditionen immer
verabscheut, aber in diesem Fall werden wir mal eine Ausnahme machen...“
Woraufhin
Lilah ihm um den Hals fiel.
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Bei
W&H horchten die Abhörer der aufgezeichneten Bänder auf.
Endlich
mal eine, wenn auch nur kleine Information über Spikes Vergangenheit. Nämlich
sein wirklicher Name und etwas über die Familientradition.
Sehr
interessant war das, und man gab es sofort an die maßgeblichen Stellen weiter.
Bis
jetzt hatte man nämlich nur mit Vermutungen gearbeitet, denn man besaß zwar die
Übersetzung der Prophezeiung, aber der Sinn des Ganzen lag noch im Verborgenen.
Man
wusste natürlich, dass Spike ‚Jägerinnen-Kräfte’ innewohnten, die drei Monate,
die er in der Krankenstation von W&H verbracht hatte, waren in dieser
Beziehung sehr aufschlussreich gewesen. Aber was konnte das bedeuten? Man
wusste auch, dass Spike und das Amulett zusammenpassten - Angel war nicht
kompatibel gewesen - und dass die Prophezeiung von einem Jäger sprach. Man
hatte ihm Lilah zur Seite gegeben, sie war für die Firma überflüssig geworden,
aber so konnte sie noch einen gewissen Nutzen haben, denn es ging wohl um
Kinder, und das war ziemlich leicht zu manipulieren.
Nun
denn, ein Kind war ja wohl unterwegs.
Und das
andere war freundlicherweise auch schon vorhanden. Trotz der chaotischen
Verhältnisse zuletzt in Sunnydale hatten die Spione alles mitgekriegt.
„Ich kann die Scheiße nicht mehr hören“, sagte Abhörer Nr.1 zu Abhörer
Nr.2. „Hoffentlich hat das bald ein Ende! Diese beknackten Gespräche von denen!
Wen interessiert das schon, ob A- und B-Hörnchen ein Liebespaar sind. Meine
Güte!“
„Oder ob
die verdammten Franzosen ihre verdammten Katzen siezen! Andererseits treiben
die beiden wirkliche geile Sachen, und ich glaube, das werde ich echt
vermissen“, sagte Abhörer Nr.2 zu Abhörer Nr.1.
„Ist ja
noch nicht zu Ende...“
© Ingrid Grote 2003/2011
Fortsetzung: GONE
WITH THE DEATH? Teil 15-16