Teil 11 – DANCING WITH TEARS IN MY EYES
Sylvester
verbrachten die Jungs bei Spike und Lilah, erstens wollten sie richtig feiern -
zweitens musste noch einiges abgeklärt werden, denn die Tournee stand kurz
bevor.
Spike bat auch Lilah in den Keller.
„Die
Jungs haben mir erzählt“, er lächelte heimtückisch, „du würdest gerne mitkommen
auf die Tour.“
„Oooh,
äääh, na ja...“
„Sie
wären eventuell einverstanden“, Spike lächelte immer noch so heimtückisch,
„wenn du gewisse Bedingungen erfüllst...“
„Was
denn für Bedingungen?“ Lilah sah ihn misstrauisch an.
„Schau
dir dieses Bild an!“ Spike hielt Lilah ein bedrucktes Blatt vor die Nase.
„Das
kann doch nicht euer Ernst sein“, keuchte Lilah fassungslos.
„Oh
doch“, meinte Spike fröhlich. „Ist doch halb so wild...“
Lilah
guckte sich das Foto noch mal genauer an. Es handelte sich um den Ausdruck
einer Website, auf der die Leela aus Futurama zu sehen war. Und sie trug einen
lilafarbenen Pferdeschwanz, ein weißes Top, schwarze enge Hosen und klobige
Astronauten-Stiefel.
„Das
kann ich nicht!“, meinte sie schließlich.
„Na gut,
dann eben nicht. Wo waren wir stehen geblieben, Jungs?“
„Hey
Moment mal“, meldete sich Lilah wieder zu Wort, „kann ich wenigstens darüber
nachdenken?“
„Gut,
wir geben dir eine Minute“, sagte Spike grinsend, es war eine Anspielung auf
eine gewisse Sache, und Lilah wurde ein wenig rot.
„Ich
mach’ es! Obwohl, das mit dem einen Auge – das kriege ich nicht hin.“ Sie hatte
sich entschlossen, ins kalte Wasser zu springen, und bei näherer Betrachtung
hatte diese Maskerade auch Vorteile. Niemand würde dahinter die Anwältin Lilah
Morgan vermuten, und das war eigentlich gar nicht so übel.
„Wir
haben die Haarfarbe schon besorgt. Keine Bange, man kann sie auswaschen. Und
ich hab’ auch schon passende Stiefel gesehen.“
Lilah
guckte Spike empört an. Wieso konnte er ihre Reaktion so leicht voraussehen?
Das war einfach nicht fair. Doch dann überkam sie schlagartig die Freude
darüber, dass sie die nächsten Wochen mit Spike zusammen sein würde. Wie
wundervoll!
„Wir
könnten den Porsche nehmen“, schlug sie vor
„Da passen aber höchstens zwei Leute und ein
Picknickkorb rein“, sagte jemand.
„Wir
werden das schon hinkriegen“, meinte Lilah, „denn wir sollten die Kosten
niedrig halten. Der Van und der Porsche, das muss reichen.“ Lilah spielte
tatsächlich schon die sparsame Hausfrau, eine ihr bis jetzt unbekannte Rolle.
„Wir
müssen viele Klamotten mitnehmen“, sagte jemand.
„Es ist
Winter, wir brauchen viele WARME Klamotten!“
„In der
Antarktis ist es bestimmt kälter...“
„Egal,
ich kann Kälte nicht vertragen!“
„Jeder
ein Koffer, das müsste reichen.“
„Unterwegs
gibt es Reinigungen, Wäschereien.“
„Der
Porsche als Explorer...“
„Wir
nehmen uns Zeit.“
„Pro
Station vier Tage mit Anreise.“
„Brauchen
wir auch, stellt euch vor, der Van verreckt unterwegs...“
„Die
Koffer kann man gut stapeln.“
„Wir
werden das mal antesten. Schließlich muss man auch noch bequem sitzen können,
ohne dass einem der Arsch abfällt...“
Endlich
ergriff Spike das Wort: „Ich fasse also zusammen: Wir wollen auf Wunsch der
Mehrheit mit dem eigenen Auto fahren, obwohl die Plattenfirma uns eins zur
Verfügung gestellt hätte, mit Fahrer natürlich. So geben sie uns nur eine
Pauschalsumme, bei der sie billiger wegkommen, und bei der auch wir ein
Geschäft machen – aber nur wenn alles klappt. Wir dürfen auf keinen Fall mit
dem Zeitplan ins Schleudern kommen.“
„’Ne
Inspektion wäre nicht schlecht“, sagte jemand.
„Lassen
wir auf jeden Fall machen! Die Plattenfirma hat ferner die Hotelzimmer für uns
gebucht, und zwar gibt es pro Spielort zwei Übernachtungen. Falls wir also eine
Nacht früher dort erscheinen, müssen wir das Hotel aus eigener Tasche bezahlen,
und das ist kein Pappenstiel. Wir können natürlich auch im Van übernachten,
also sollten wir auf alle Fälle warme Decken mitnehmen, die dürften auch nicht
viel Platz wegnehmen.
„Gute
Idee, Spike!“
„Das mit
den Koffern haben wir schon abgeklärt. Jeder einen. Ja, Lilah, auch du nur
einen!“
Lilah
sah nicht besonders glücklich aus, fügte sich dann aber wortlos.
„Hier ist
ein Ausdruck von unseren Zielen und den Hotels, in denen wir übernachten.
Ferner eine Straßenkarte mit Wegbeschreibung. Und was sehr wichtig ist, eine
Telefonliste sämtlicher Werkstätten und Servicestationen auf unserem Weg. Man
kann nie wissen...“
„Du bist
wirklich ein Organisationstalent“, meinte Snikkers.
„Halb so
wild“, grinste Spike, „eigentlich hat Lilah alles geplant.“
„Haben
wir uns gleich gedacht!“
„Wir
werden uns beim Fahren abwechseln“, fuhr Spike fort.
„Kann
ich dann auch mal den Porsche fahren?“, fragte Casio.
„Yep, du
bist schließlich ein richtiger Techniker!“, meinte Lilah nach kurzer
Überlegung.
Und so
ging es noch hin und her bis um zwölf Uhr, da sangen alle mächtig laut und gut
gelaunt: Should old acquaintance be forgot….
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Lilah
war gerade an Spikes Seite aufgewacht und blickte ihn zärtlich an. Was für ein
Liebhaber er doch war! Manchmal so einfühlsam, als könne er ihre verborgensten
Wünsche lesen, und manchmal überkam ihn urplötzlich sein Verlangen, und er nahm
sie ohne Vorwarnung, ohne jegliches Vorspiel ganz hart und ohne die Absicht,
sie zum Orgasmus zu bringen. Doch auch diese Rücksichtslosigkeit liebte sie an
ihm. Manchmal sollte ein Mann sich nicht beherrschen können und das tun, wonach
ihm der Kopf, Lilah lächelte ein wenig, nein, eher der Schwanz stand...
Sie
musste an den Weihnachtsabend denken, sie hatte ihn mit Spike und den Jungs im
E-body verbracht.
Das
E-body war der Heimathafen der Weihnachtslosen, die das Pech hatten, nicht über
eine Familie zu verfügen.
Tannengirlanden
mit winzigen elektrischen Kerzen wanden sich um die dunklen Deckenbalken, und
auf jedem Tisch stand ein Teller mit Keksen und diesen eigentlich ungenießbaren
getrockneten Feigen.
Kurz
gesagt, es war saumäßig gemütlich. Und dem Himmel sei Dank machte man im E-body
nicht viel Aufsehens von ihnen, obwohl sie jetzt ja ziemlich berühmt waren.
Es wurde
natürlich geknobelt. Sie saß in der hinteren Ecke der Bank, leicht an Spike
gelehnt, und sie war wohl als einzige total nüchtern, weil sie nur den
alkoholfreien Weihnachtspunsch trank, den das E-body im Angebot hatte. Sie
fühlte sich so glücklich, und sie trug fast die gleichen Sachen wie im Ocean’s
Club, also auch die Strapse. Und den Slip, der im Schritt frei war... Sie rutschte
tiefer in die Bank hinein und lehnte ihre Knie an die Theke, so wie man es im
Kino macht, wenn man sich mit den Knien an der vorderen Sitzbank abstützt.
Spike
gewann fast immer beim Schocken, und sie schaute ihm fasziniert zu. Nach dem
Schock-aus, der das laufende Spiel entschied - natürlich für ihn - drehte er
sich zu ihr, nahm sie in den Arm und küsste sie, während er ihre Schenkel
streichelte. Er küsste und streichelte wundervoll...
„Sollen
wir’s nach Porterhouse-Art treiben?“ Seine Stimme alleine war schon einen
Orgasmus wert.
„Wie
Mister Minuteman?“ Gutes Wortspiel! Es charakterisierte Porterhouse als
Mittelding zwischen einer Interkontinentalrakete und einem Schlüsseldienst.
„Hey,
das ist gut“, Spike war begeistert, er löste sich von ihr, sagte kurz zu seinen
Mitspielern: „Bin gleich wieder da“, und Lilah folgte ihm wie
selbstverständlich.
Spike
fasste sie an der Hand und führte sie zu der steinernen Bank, die versteckt
hinter dem großen Parkplatz des E-body lag.
Er setzte
sich auf die Bank „Wie Mister Minuteman?“ ...und öffnete den Reißverschluss
seiner Jeans.
Sie
nickte wie betäubt.
Sie zog
ihren Rock hoch, da war nicht viel hochzuziehen bei diesem kurzen Rock,
spreizte ihre Beine und setzte sich auf Spikes Schoß, das Gesicht ihm
zugewandt.
Er drang
so leicht in sie ein, dass sie es fast schon als Wunder empfand. War aber
keins, weil sie so feucht geworden war.
Er schob
beide Hände unter ihr Spitzentop, sie trug keinen BH, und fing an ihre Brüste
zu massieren, ja ihre Brüste, nicht ihre Brustwarzen. Immer um das Zentrum
ihrer Brustwarzen herum. Sie wand sich wie eine Schlange, um seine Hände auf
ihren Brustwarzen zu spüren, aber es gelang ihr nicht.
„Wie
Mister Minuteman?,“ fragte er keuchend.
„Oh ja!“
Sie keuchte mittlerweile auch, er hielt ihre Hüften fest und stieß in sie
hinein. Dann endlich berührte er ihre Brustwarzen, streifte eigentlich nur zart
darüber.
„Spike...“,
hörte sie sich sagen, aber es war schon zu spät. Er explodierte in ihr... und
sie explodierte mit ihm in ihr. Keuchend. Fast schon schreiend.
„Lilah...“,
flüsterte er, unfähig mehr zu sagen.
„Hmmm“,
stöhnte sie und atmete schwer.
„Meine
Fresse!“, sagte Spike verwundert. Er machte keinerlei Anstalten, sich aus ihr
zu entfernen, sondern streichelte ihr Gesicht.
„Wir
sollten wieder reingehen“, sagte sie, als sie wieder normal atmen konnte. „Die
machen sich bestimmt schon Sorgen um uns.“
„Klar
doch“, grinste Spike, er löste sich aus ihrer engen Umarmung, schob sie von
sich herunter und küsste sie auf die Stirn.
So
geläutert betraten sie das E-body, wo Spike schon ungeduldig erwartetet wurde
zur neuen Runde - die anderen hatten schon gewürfelt. Spike knallte seinen
Becher auf die Theke und hob ihn hoch. Er hatte drei Einsen. Schock-aus im
ersten Wurf...
„Warum
lachst du?“, fragte Spike, der gerade wach geworden war.
„Ich
dachte gerade darüber nach, ob A-Hörnchen und B-Hörnchen wohl ein Liebespaar
sind“, sagte Lilah nach einer kleinen Bedenkpause, „weil die sich immer so
streiten...“
„Tatsächlich“,
meinte Spike nachdenklich, „die streiten sich andauernd, aber sie könnten auch
Geschwister sein.“
„Nein,
glaube ich nicht, das ist ein Paar! Der mit der schwarzen Knopfnase behandelt
den anderen immer so, als ob er total blöde wäre.“
„Tja,
Frauen behandeln ihre Männer manchmal so. Also ein Ehepaar...“
„Ich
dachte eher umgekehrt.“
„Was?“
„Dass
die Schwarznase der Mann ist und die Großweißnase die Frau ist.“
„Ich
möchte nur wissen, wie du darauf kommst?“, neckte Spike sie.
„Keine
Ahnung. Andererseits könnten es doch einfach nur Freunde sein...“
„Niemals“,
sagte Spike entschlossen, „ich glaube, dass es sich um ein Pärchen handelt,
allerdings um ein schwules Pärchen. Obwohl es das bei Walt Disney noch gar
nicht gab.“
„Es gab
damals noch keine Schwulen?“
„Doch schon,
aber die Öffentlichkeit verdammte sie. Moment mal, so gesehen waren die ganzen
Disneysachen absolut geschlechtslos, da gab es überhaupt keinen Sex, da gab es
nur die Oma, ihren Cousin Dagobert, ihren Neffen Donald, der wiederum auch nur
Neffen hatte, Donalds Cousine Daisy, in die er verliebt war – Himmel, das ist
ja schon fast Blutschande – die wiederum drei Nichten hatte... Wie sind die
alle gezeugt worden? Wo sind die Eltern abgeblieben? Wo war der Sex?
Andererseits war da diese Cousinen-Vettern-Sache...“
„Und was
ist mit dem großen bösen Wolf?“, fragte Lilah unschuldig.
„Stimmt,
der hat tatsächlich einen leibhaftigen Sohn“, wunderte sich Spike. „Und er
konnte wahnsinnig gut blasen, äääh. ich meine Häuser umblasen.“
„Welch
ein Witzbold hat sich das wohl ausgedacht“, kicherte Lilah, „das mit dem
Blasen!“
„Das
versöhnt einen doch etwas. Oder?“ Spike spürte, wie Lilah unter die Bettdecke
glitt.
„Enten
sind blöd!“, tönte es unter der Bettdecke hervor. „Frauen sind besser...“
„Oh
ja!“, stöhnte Spike.
Lilah
tauchte wieder unter der Bettdecke hervor: „Frauen sind besser? Nein, das ist
falsch. Nur eine einzige Frau ist besser...“
„Aber sicher, mein Liebling. Außerdem hast DU das gesagt: Frauen sind besser. ICH würde so etwas nie sagen...“
Lilah tauchte daraufhin beruhigt wieder ab.
So oder
ähnlich waren ihre zauberhaften belanglosen Gespräche danach, davor oder
zwischendurch, witzig, interessant, vollkommen belanglos – und ohne das böse
Wort ‚Liebe’ auch nur im entferntesten zu erwähnen, zumindest nicht in Bezug
auf ihre eigene Beziehung...
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Zwei Tage vor Beginn der Tournee trafen sich alle noch einmal im E-body. Alle machten einen nachdenklichen Eindruck.
„Sollen
wir einen umdrehen?“ Porterhouse hatte Lust auf ein letztes Spiel in gewohnter
Umgebung.
Man
stimmte recht lustlos zu, doch bald knallten die Knobelbecher auf die Theke,
und man hörte rätselhafte Sätze wie: Zwei Einsen drei Wurf, kleine Straße im
zweiten, zwei sechsen im ersten...
Bronson,
der hinter der Theke aushalf, hatte eine super Idee. Er legte ihre CD auf, und
zwar das Stück ‚Dancing with tears in my eyes’, ein
wahrer Bolide von einem Stück, ein Porsche unter den Stücken, nicht die normale
Version, sondern das sogenannte Remix, eine neun-Minuten-Version, die fast nur
aus einem endlosen Vorspiel bestand – bis der Sänger, in diesem Fall Bill
Castaway endlich eingriff. TBBT hatten das Stück allerdings ein wenig gekürzt
und ein bisschen heftiger gemacht.
Es
stellte sich heraus, dass die kleine Straße im zweiten die Runde verloren
hatte. Alle anderen hatten mit ihren verdeckten Würfen entweder einen Schock
oder einen General geworfen.
„Können
wir mitspielen?“, fragte eine irgendwie tranige Stimme.
Spike
drehte sich langsam um, um den Fragenden genauer zu inspizieren, und was er
erblickte, gefiel ihm gar nicht.
Es waren
vier grobschlächtige Typen, massiv gebaut, mit niedrigen Stirnen wie
Bullterrier, diese niedrigen Stirnen gingen übergangslos in stumpfe Nasen über.
Und ihre Augen waren vorne oben an den Köpfen angebracht.
Spike
überlegte automatisch, dass sie ihn mit diesen Augen gut angucken konnten, im
Gegensatz zu gewissen Tieren, welche die Augen an den Seiten trugen, damit sie
alle Verfolger sehen konnten. Fluchttiere nannte man die wohl.
Sie
hatten praktisch kein Kinn, und ihre Zähne waren dreieckig. Wie bei einem Hai!
„Heilige
Scheiße“, stöhnte Snikkers rechts neben ihm auf, „jetzt haben sie mich doch
noch erwischt.“
Die schurkische
Inkasso-Schulden-Eintreiber-Truppe, genannt die Sharkie-Brothers - hatte
Snikkers letztendlich doch noch gefunden.
„Was
seid ihr denn für hässlich Vö... äääh Fische!“, eröffnete Spike bösartig
grinsend die Unterhaltung mit den Brothers.
„Das ist
ja ’ne ganze Fisch-Schule“, meinte Bronson heimtückisch von seinem Platz hinter
der Theke aus.
„Sollen
wir euch vielleicht die Schuppen polieren?“, musste Porterhouse seinen Senf
dazu geben.
„Es
stinkt nach Fisch hier!“ meinte Casio.
Snikkers
war der einzige, der sich dezent zurückhielt.
Die
Sharkie-Brothers würdigten diese Beleidigungen mit keinem Wort. Der größte der
Brothers legte seine schuppige Hand um Snikkers’ Kehle, drückte ein wenig zu,
so dass Snikkers ein wenig bläulich anlief und sagte: „Rück’ die fünf Riesen
raus oder wir machen dich alle!“
„Rühr’
dich nicht hier weg“, sagte Spike leise zu Lilah, bevor er sich blitzschnell
aus der Bank herausschwang und dem biggest brother beide Fäuste in den Rücken
hieb.
Erstaunt
blickte der haiähnliche Typ über seine flach abfallende, Schulter nach hinten,
stutzte etwas und ließ Snikkers dann los, um sich seinem Gegner zuzuwenden.
Kurz
darauf war die Hölle los, und Lilah hielt es für das beste, sich in der Bank so
durchsichtig wie möglich zu machen.
Just in
diesem Augenblick fing Bill Castaway auf der CD nach dem langen erfrischenden
Vorspiel an zu singen.
DANCING WITH TEARS IN MY EYES.
„Ich mag
keinen Fisch!“ Das war Casio, der dem kleinsten der Haie gerade auf den Rücken
gesprungen war und versuchte, den dicken Hals des Hais zu würgen.
WEEPING FOR THE MEMORY OF A LIFE GONE BY
„Sind
wir Heringsbändiger oder was?“, grölte Bronson und hieb dem zweitgrößten Hai
ein Bierglas über die niedrige Stirn.
„Ihr
seid doch kleine Fische!“, brüllte Spike, als er mit dem Kopf auf einen Hai
losging und ihn voll in die Seite traf. Bei Flipper hatte das auch immer
gewirkt. Der kluge Delphin hatte seine Schnauze immer mit Anlauf oder Anschwimm
in die Flanke des Hais gebohrt, und der war dann sofort auf Grund gegangen. Und
siehe da, es wirkte auch bei dem Sharkie-Brother, der sich stöhnend auf dem
Boden des E-body herumwälzte. Fischig
herumwälzte.
Es war
ein schweinisches Durcheinander von menschlichen Gliedern, verkümmerten
Fischflossen- und Schwänzen und sonstigen Extremitäten.
Und
Spike fühlte sich sauwohl. Genau das, was er vermisst hatte, eine ordentliche
Keilerei. Und er war nicht schwach, nein, im Vergleich zu den Jungs war er
verdammt stark, und deswegen musste er auch zweieinhalb Brüder erledigen.
Porterhouse
hatte gerade den drittkleinsten Sharkie im Clinch und verbeulte ihm die stumpfe
Schnauze so, dass er anfing zu winseln.
Natürlich
gewannen sie den Kampf. Aber mit großen Verlusten.
Bronson
hatte sich mit an Glas, das er in den Hai gestochen hatte, selber verletzt und
blutete wie ein Schwein.
Casio hatte
sich das Steißbein angebrochen, als sich der Hai, mit Casio auf dem Rücken,
rückwärts an einen Stehstamm des E-body geworfen hatte.
Porterhouse
hatte zwei blaue Augen. Zusätzlich.
Snikkers
hatte einen seiner Sporne verloren, und das tat ihm anscheinend sehr sehr weh.
Spikes
Jacke war ruiniert, und sein weißes Hemd war mit Fischblut befleckt. Alles in
allem sahen seine Klamotten aus wie die Flagge des afrikanischen Staates
Obervolta, nämlich schwarz-weiß-rot.
Nach dem
Ende des Kampfes gaben sie den Sharkies, die alle noch reichlich Leben in sich
hatten - Fisch ist ja bekanntlich zäh - die Hälfte der Kohle, die Snikkers
ihrem Auftraggeber schuldete. Das hätten sie natürlich auch gleich am Anfang
machen können, aber so war es doch viel lustiger.
Lilah
rappelte sich aus ihrem Versteck hervor und schaute Spike entsetzt an. Er sah
furchtbar aus, aber er sah auch aus, als ob er sie auf der Stelle vernaschen
wollte...
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Teil 12 – KEIN FALSCHER ALARM...
dass
jemand mich liebte.
es war
so gut und warm
doch
leider falscher Alarm
In der
Nacht fühlte ich
wie mich
Arme umarmten.
es war
so gut und warm
doch
leider falscher Alarm
Wie lang
ist es her
seit dem
letzten Mal
wie lang
wird es dauern
bis zum
richtigen Mal
Die
Story ist alt.
Ich weiß
das so gut
und sie
geht weiter
die
Story ist alt...
Phoenix, Albuquerque, Colorado Springs, Denver, Salt Lake
City, Las Vegas, Sacramento, Berkeley, Pasadena,, San Diego, Long Beach. Das
waren ihre Stationen. Ein riesiger Kreis von circa 2300 Meilen oder 4000 km
Länge beziehungsweise Umfang, der den Westen und den Mittleren Westen
umschloss.
Zwei
Tage später fuhren sie los. Lilah mit frisch getönten lila Haaren und mit einer
Zusatzreisetasche, die Spike bei den Jungs für sie erfleht hatte mit: „Ihr
wisst ja, Weiber!“
Erste
Station Phoenix, Arizona. Es ging gut, es ging sehr gut, sie erreichten die
Stadt pünktlich, nisteten sich dort ein, und das Konzert verlief spitzenmäßig.
Standing Ovations könnte man fast sagen, aber das Publikum stand ja sowieso die
ganze Zeit. Danach wollten sie auf Spikes Wunsch einen Umweg zum Monument
Valley machen, weil er es erstens nicht in einem Western sehen wollte und
zweitens mal bei Tageslicht und nicht nur im Schein des Vollmondes. Tja, als
Vampir war man doch etwas eingeschränkt gewesen...
All ihre
Blessuren waren einigermaßen verheilt oder befanden sich an Stellen, wo sie nicht
weiter störten.
Fast
alle fühlten sich blendend - außer Casio und Lilah.
Aber
irgendwas ist ja immer...
Lilah
vertrug das Autofahren auf den teilweise beschissenen Straßen nicht gut.
Möglicherweise hatte sie sich einen Virus eingefangen. Und Casio hatte Probleme
mit seinem angebrochenen Steißbein, er würde wohl die erste Hälfte der Tour auf
dem Bauch liegend im Van zubringen müssen, und man erwog sogar, ihm einen
Schwimmreifen zu besorgen, auf den er sich setzen konnte, um das arme Steißbein
zu schützen. Aber er lehnte das ab.
Lilah
war vorher schon begehrenswert gewesen, aber jetzt hatte ihre Ausstrahlung eine
neue Dimension erreicht... Spike wusste nicht wieso und warum. Sie war immer
schlank und feingliedrig gewesen, ihre Gestalt erschien ihm wie die einer
nubischen Prinzessin, ihre Glieder ähnelten einer Araber-Vollblut-Stute,
wirkten genauso schmal, elegant und vollkommen. Der Vergleich mit einem Pferd
war natürlich blöd, und er musste grinsen. Wie auch immer, ihre Figur war
knabenhaft gewesen, und das war sie immer noch, aber auf eine, ja wie sollte er
es ausdrücken, eine pralle, irgendwie knackige und vor allem aufreizende Art?
Wenn er mit ihr auf der Bühne stand, war er nach dem Konzert immer so geil auf
sie, dass sie kaum noch mit den Jungs in die ortsübliche Kneipe gingen, um zu
feiern. Nein, sie gingen sofort auf ihr Zimmer, um sich dort auf der Stelle
verschiedenen Liebesspielen hinzugeben.
Er
konnte nicht genug von ihr bekommen. Und das erstaunte ihn nicht wenig.
Nebenbei
war die Tournee auch große Klasse. Er und die Jungs spielten wirklich verdammt
professionell. Na ja, sie litten alle nicht besonders unter
Minderwertigkeitskomplexen, hatten alle so gut wie kein Lampenfieber, bis auf
Snikkers vielleicht, aber der konnte sich hinter seinem Schlagzeug verstecken.
Jedenfalls waren sie sehr erfolgreich, und ihre Auftritte entwickelten zu
Kultkonzerten. Obwohl sie doch gar nichts taten außer rumzustehen und zu
spielen. Die Leute waren begeistert, und die Hallen füllten sich immer mehr.
Spike sann weiter nach. Wieso fühlte er sich so glücklich? Natürlich war die Tournee das Geilste, was er in den letzten Jahren erlebt hatte, außer der Affäre mit der Jägerin vielleicht, aber jetzt fühlte er sich anders, er fühlte sich ganz... Ganz war ein dämliches Wort, vielleicht sollte er besser sagen: Er fühlte sich geliebt. Mal ganz was anderes, upps, schon wieder ganz... Und dieses Gefühl besänftigte seine Seele. Ja, seine Seele. Einerseits war sie lästig, sie peinigte ihn immer noch und würde das wohl immer tun - aber sie machte ihn auch glücklich. Warum? Er dachte an Lilah, an ihre Hingabe, natürlich liebte sie ihn, so blöd war er nicht, um das nicht zu schnallen, und es konnte nur an Lilah liegen. Sie verpasste ihm wohl gerade eine Ganzheitstherapie... Über diesen Gedanken musste er lachen.
Lilah
litt immer noch unter der Autofahrerei auf den schlechten Straßen. Sie hatte
sich sehr wahrscheinlich einen Virus eingefangen. Oder sie war autokrank, denn
manchmal musste sie den jeweiligen Fahrer anflehen, doch schnell anzuhalten,
weil sie sich übergeben musste. Andererseits war sie früher nie autokrank
gewesen.
Wenig
später fühlte sie sich dann wieder total gut, und das war doch alles sehr
seltsam, wie sie dachte.
Natürlich
verdrängte sie das Gefühl, denn sie fand alles wahnsinnig aufregend. Mit Spike
auf der Bühne zu stehen, selber auf der Bühne zu singen, beziehungsweise zu
sprechen, das war unwahrscheinlich gut! Noch besser waren allerdings die Nächte
mit Spike, irgendwie war sie mit ihm in eine neue Dimension vorgestoßen, sie
fühlte in ihm eine Nähe, die bisher unvorstellbar für sie gewesen war. Ob Spike
das auch so empfand? Sie hoffte es.
Wenn nur
die Übelkeit vorbei wäre! Aber es war bestimmt nur ein Virus.
Sie ging
endlich in Las Vegas, der sechsten Station ihrer Reise, zu einem Arzt, und nach
einer gründlichen Untersuchung verkündete der Arzt ihr, sie wäre überhaupt
nicht krank, sondern bräuchte nur etwas Ruhe und vor allem keinen Stress. Und
die Übelkeit würde schon von alleine aufhören.
Trotz
dieser tollen Diag- beziehungsweise Prognose ging es Lilah, als sie wie
benommen aus der Praxis herausstolperte, womöglich noch schlechter als vorher.
Spike
traf am gleichen Abend mit etwas Verspätung in der Bar des Hotels ein, in der
sie sich alle vor einem ausgiebigen Bummel durch die Casinos treffen wollten.
Sie hatten es so abgemacht, wollten nicht allzu sehr aufeinander hängen während
der Tour. Auch Lilah hatte er seit dem Nachmittag nicht gesehen, und er freute
sich auf sie.
Doch als
er die Bar betrat, sah er etwas Irritierendes. Lilah stand nämlich sehr nahe,
verdammt nahe, wie Spike meinte, bei Snikkers, und der hatte seine Hände auf
ihre Schultern gelegt, als ob er sie trösten wollte.
Spike
spürte, wie sein Blutdruck stieg. Wenn sie sich wegen irgendwas von irgendwem
trösten lassen wollte, das sollte er, der gute alte Spike das eigentlich sein.
Verdammte Weiber!
Lilah
blickte auf, und Spike meinte für einen Augenblick, ihre Augen wären feucht.
Hatte sie etwa geweint? Wenn ja, dann würde er schon herauskriegen weshalb.
Fest entschlossen ging er auf sie zu.
Aber
dann blickte sie auf, und ihr Gesicht veränderte sich. Es wirkte verzerrt und
erschreckt auf ihn, im gleichen Moment riss sie sich von Snikkers los, ja sie
schlug tatsächlich einen Haken wie ein Hase, der vom Fuchs verfolgt wird und
stürmte fluchtartig in Richtung Ausgang, während Spike ihr fassungslos
hinterher starrte.
„Was zum Teufel ist hier eigentlich los, du
Penner?“, fragte er aufgebracht seinen Freund Snikkers und nahm eine drohende
Haltung ein.
Snikkers
sagte es ihm. Er konnte nicht anders.
Spikes
Gesichtszüge entgleisten, und er war einigermaßen erschüttert. Er musste tief
Luft holen und ein bisschen nachdenken. Das war wirklich ein Hammer! So
vollkommen unverhofft und unerwartet. Aber dennoch, irgendwie freute er sich.
Er
entschloss sich, sie noch ein bisschen schmoren zu lassen – und noch ein paar
gehaltvolle Drinks zu sich zu nehmen. Die hatte er jetzt auch verdammt nötig.
Sich bei Snikkers auszuheulen... Verdammte Weiber! Aber wirklich verdammte
Weiber!
Als er
zwei Stunden später leicht angeschlagen ins Hotelzimmer torkelte, lag sie mit
angezogenen Beinen auf dem Bett und wandte ihm den Rücken zu. Es war eine so
hilflose Haltung, die sie eingenommen hatte, dass sie automatisch seinen
Beschützertrieb hervorrief und er sie in seine Arme nehmen wollte. Aber er
hielt sich zurück.
„Schläfst
du, Lilah?“, fragte er stattdessen. Die wohl dämlichste Frage überhaupt, denn
auf diese Frage kann die Antwort nur ‚nein’ lauten, weil man anderenfalls ja
schläft und nicht antworten kann.
„Ja“,
murmelte Lilah.
„Okay“,
brummelte Spike, bis er auf einmal merkte, dass da was falsch war. „Hey Kleine,
du willst mich wohl verarschen, was?“
Er stand
auf und ging auf die andere Seite des Bettes, sie hielt ihre Hände vors
Gesicht, und er zog ihre Hände sanft weg. Sie wehrte sich zwar etwas, aber er
ließ nicht locker.
Sie sah
total verheult aus.
„Hast du
mir vielleicht irgendwas zu sagen, Kleine?“ Spikes Stimme klang recht barsch, denn
er war in der Tat stinksauer.
„Du
weißt es schon?“
„Klar
doch. Nach dem alten Sprichwort: Der Vater erfährt es immer als Letzter“,
Spikes Stimme war nun mehr als barsch zu nennen.
Lilah sprang
auf und fauchte ihn an wie eine in die Enge getriebene Katze, so dass Spike
automatisch zwei Schritte zurückging und sehr erstaunt war, denn eigentlich
sollte doch ER sich im Recht fühlen. Oder?
„Es ist
mir scheißegal, ob du es willst oder nicht, ich werde es bekommen!“ spuckte
Lilah ihm ins Gesicht. „Auch wenn du mich verlässt – ich werde es bekommen. So
ist es! Ich kann alleine dafür sorgen. Ich brauche keinen Mann dafür!“
Spike
stand da wie vom Donner gerührt. Mit dieser leidenschaftlichen Reaktion hatte
er nicht gerechnet. Eigentlich hatte er sie ein bisschen leiden lassen wollen,
bevor er ihr großherzig vergab, aber sie hatte ihm die Tour vermasselt. Und er
musste zugeben, es gefiel ihm, wie sie sich behauptete.
Sie lief
zur Tür und wollte aus dem Zimmer verschwinden. Sie hatte sich wohl gar nicht
erst ausgezogen, sondern trug immer noch die Sachen, die sie in der Bar
angehabt hatte.
Spike
reagierte blitzschnell trotz seiner Trunkenheit.
Er fing
sie ab, bevor sie die Tür öffnen konnte.
„Willst
dich wohl wieder bei Snikkers ausheulen“, sagte er grimmig, hob sie hoch, trug
sie in Richtung Bett und legte sie sanft darauf. Dann legte er sich neben sie,
und zwar so, dass er in ihr verheultes Gesicht schauen konnte.
„Wie
konnte das überhaupt passieren? Ich dachte, du nimmst die Pille.“
„Das
dachte ich auch“, Lilahs Stimme zitterte, „aber schau dir das mal an...“, sie
drehte sich um, griff nach einem kleinen länglichen Ding, es war in Stanniol
verpackt und drückte es Spike in die Hand.
„Was ist
das?“ Spike guckte etwas ratlos auf das Ding.
„Das
sind jedenfalls nicht meine Pillen“, erklärte Lilah ihm. „Sie sehen zwar so
aus, aber der Name stimmt nicht ganz, da fehlt ein ‚r’, und die Farbe, meine
ich, ist auch nicht richtig.“
„Versteh’
ich nicht“, meinte Spike noch ratloser.
„Sie
haben uns reingelegt“, Lilahs Augen füllten sich wieder mit Tränen. „Das sind
überhaupt keine A-B-Pillen, ich wette mit dir, das ist reines Placebo! Nein,
vielleicht nicht ganz Placebo, denn ich hatte doch immer meine Tage, wenn auch nur
schwach...“
„Upps“,
meinte Spike, allmählich verstehend. „Aber was soll das ganze? Wer sind SIE?
Und was können SIE wollen?“
„W&H
natürlich“, Lilah schüttelte verächtlich den Kopf, „aber ich habe wirklich
keine Ahnung, was die Arschlöcher vorhaben!“
„Was
können die schon groß von uns wollen?“ Spike zweifelte daran, dass die Firma
etwas mit Lilahs Zustand zu tun hatte. Warum sollte sie? Aber die Kleine war so
durchgedreht, dass er ihr jetzt nicht widersprechen wollte.
„Schlaf’
nun“, sagte er. Er legte sich hinter sie, und mit seiner rechten Hand berührte
er zart ihren Bauch, es war so ein Bedürfnis von ihm.
Er hörte
sie aufseufzen, und er spürte, wie sie seine Hand ergriff und sie fester an
ihren Bauch heranzog. Welch seltsames Gefühl, Spike musste schlucken.
„Ach
Kleine, es wird alles gut werden“, murmelte er leise. „Und es ist vielleicht
DIE Gelegenheit, mir das Rauchen abzugewöhnen...“
In
dieser Nacht fing Spike an, Lilah zu lieben, In Wirklichkeit hatte es natürlich
schon früher angefangen mit der Liebe, aber er hatte es gar nicht bemerkt.
Jetzt aber wusste er es.
Er war
eben ein Mann der Liebe – es war seine Natur zu lieben. Und wäre es diesmal
nicht irrwitzig komisch, wenn er zur Abwechslung mal zurückgeliebt würde? So
richtig mit allen Gefühlen und Konsequenzen? Das wäre doch wirklich irrwitzig
komisch! Und außerdem war er nun mal ein Mann, der immer für jemanden sorgen
musste, sich immer um jemanden kümmern musste. Und damit würde er in den
nächsten Jahren wohl genug zu tun haben... Meine Güte, so was! Spike schlief
ein - mit Lilah im Arm - und im Schlaf lächelte er.
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Als
Lilah wach wurde, war Spike schon aufgestanden. Vermutlich konnte er ihren Anblick
nicht ertragen. Andererseits war er sehr lieb zu ihr gewesen. Herzergreifend
lieb. Hoffentlich bereute er das mittlerweile nicht.
Sie
überwand sich, verließ das beschützende Bett und ging ins Badezimmer, um zu
duschen. Während das warme Wasser auf sie herabregnete, konnte sie keinen
klaren Gedanken fassen. War vielleicht besser so...
Sie zog
sich einen warmen Pulver über. Es war lausig kalt in Las Vegas. Las Vegas hatte
das typische Wüstenklima – im Sommer war es knochentrocken und heiß, und im
Winter war es knochentrocken und kalt.
Als sie
in den Frühstücksraum des Hotels kam, saß Spike schon dort.
Die
anderen Jungs waren nicht zu sehen. Lilah fiel ein, dass sie gestern Nacht noch
vorhatten, in ein Spielcasino zu gehen, um jede Menge Geld zu verlieren.
„Hallo“,
sagte Spike fröhlich, während er sie liebevoll und gleichzeitig forschend
ansah.
„Ich
brauche Kaffee“, Lilah griff verlangend nach der Kanne, die auf dem Tisch
stand.
„Moment
mal“, sagte Spike, „mit Kaffee solltest du vorsichtig sein. Das ist das reinste
Gift fürs Kind. Vielleicht solltest du besser einen Kamillentee trinken.“
Oh nein!
Lilah stöhnte in sich hinein. Das fing ja echt gut an. Jetzt wollte er ihr
tatsächlich vorschreiben, was sie zu trinken hatte.
„Da muss
ich ja kotzen“, sagte sie aufsässig.
„So
schlimm ist Kamillentee doch wirklich nicht!“
„Nein,
ich muss wirklich kotzen“, Lilah, entfernte sich hastig vom Tisch und raste in
Richtung Toilette, wo sie den Inhalt des gestrigen Tages von sich gab und sich
danach im Spiegel des Waschraums betrachtete. Sie hatte Schweißperlen auf der
Stirn und sah leicht grünlich aus. Allerdings passte das zarte Grün sehr gut zu
ihrem lilafarbenen Haar. Jawohl, die beiden Farben ergänzten sich geradezu
ideal. Fast musste sie drüber lachen.
Du
siehst geil aus“, sagte Spike zu ihr, als sie wieder am Tisch Platz genommen
hatte. „Wie die Lily von den Munsters...“
Lilah
zog es daraufhin vor, zu schweigen. Spike konnte manchmal sehr unromantisch
sein.
„Du
solltest jetzt besser zu Hause sein. Es ist nicht gut für dich, mit uns hier in
der Gegend rumzufahren.“
„Moment
mal“, Lilah wurde sauer, „du willst mich nach Hause schicken? Nein, nein.
Niemals! Ich bleibe!“
„Ich
werde natürlich mitkommen. Scheiß auf die Tournee! Du bist jetzt wichtiger.“
Sie
hatte ihn insgeheim beschuldigt, absolut unromantisch zu sein, und dann kam so
etwas. Ach Spike, verzeih mir!
„Spike,
ich bin nicht krank. Ich bin nur schwanger. Die Übelkeit wird bald vorbeigehen,
hat der Arzt gesagt“, Lilah teilte Spike natürlich nicht mit, dass die Übelkeit
bei manchen Frauen die ganze Schwangerschaft andauern konnte, „und es ist, wie
gesagt, ein ganz normaler Zustand. Ich muss nicht geschont werden.“
„Trotzdem
fühle ich mich nicht wohl dabei.“
„Du
brauchst dir keine Sorgen machen“, versuchte Lilah Spike gnädig zu stimmen.
„Ich werde eben auf Kaffee verzichten. So weit wie möglich. Aber ich liebe
Kaffee, vielleicht sollte ich koffeinfreien trinken, mein Gott, ich weiß erst
seit gestern, dass ich schwanger bin, und ich weiß überhaupt nicht, was gut oder
schlecht für das Kind ist.“
„Also
Kaffee ist bestimmt nicht gut...“
„Alkohol
bestimmt auch nicht. Dem Himmel sei Dank, ich habe seit Wochen, nein seit
Monaten keinen Alkohol mehr getrunken!“
„Hast du
es geahnt?“
„Ich weiß
nicht. Ich hatte einfach nicht das Bedürfnis danach.“
„Da
haben wir aber Glück gehabt“, sagte Spike erleichtert. „Wie lange ist es wohl
schon...“
„Ich bin
im vierten Monat.“
„Upps,
dann hat es vielleicht schon beim erstenmal geklappt. In deiner Wohnung. Meine
Güte!“
„Könnte
sein. Warst du vorher enthaltsam?“, fragte Lilah neugierig.
„Oh ja.
Ich war ja so was von keusch. Ich hatte nämlich Angst, ich könnte es nicht
mehr...“
„Spike,
bitte mach’ keine Witze. Du konntest es sehr gut, und das weißt du auch“,
lachte Lilah. „Nein, was ich meinte ist, wenn ein Paar unbedingt ein Kind
zeugen will, dann soll sich der Mann so lange wie möglich zurück halten,
dadurch wird das Sperma besser, gehaltvoller.“
„So was
wie der goldene Schuss?“
„Genau“,
Lilahs Laune besserte sich zusehends, und auch das scheußliche Grün verließ
allmählich ihr Gesicht.
„Du
siehst schon viel besser aus“, Spike schaute sie aufmerksam an. „Meinst du, du
packst das heute Abend? Das Fernsehteam wird da sein...“
„Aber
klar doch! Abends geht’s mir sowieso immer blendend. Also, was soll schon groß
passieren?“ Bei diesen Worten schlang Lilah ihre Arme um Spikes Hals und
drückte ihm einen federleichten Kuss auf seine Wange.
„Ich
werde schon auf dich aufpassen“, Spike umfasste zärtlich ihre Taille und ließ
es zu, dass sie sich noch enger an ihn schmiegte.
Von
wegen unromantisch... „Du hast die Ohren eines Fauns“, flüsterte Lila ihm
verliebt ins Ohr.
„Gut
dass ich keine Blumenkohlohren habe, dann wäre es nämlich Flora und nicht
Faun...“ Spike war zwar in Gedanken versunken, aber er reagierte automatisch
auf ihre Worte.
„Ich
hab’ da so eine Idee“, sagte er nachdenklich. „Für die Show...“
© Ingrid Grote 2003/2011
Fortsetzung: GONE
WITH THE DEATH? Teil
13-14