Holidays in Kampodia

 

Kapitel VII Teil 1 BALL

 

Max war nicht gekommen! Andy fühlte sich zutiefst unglücklich. Denn wenn er an solch einem Tag nicht bei ihr war, dann bedeutete sie ihm absolut nichts. Sie war ihm egal.

Und dabei sah sie so gut aus, so schön und erwachsen. Zirza hatte ihr aus einer ihrer Boutiquen ein Kleid mitgebracht, das wie sie meinte, hundertprozentig zu Andromeda passen würde. Das Kleid bestand einem schwarzen engen Bustier, das herzförmig in einen leichten kniebedeckten Rock aus zartem weißen Stoff überging, der sich wie eine duftige Tulpenblüte an Andys Körper schmiegte. Der weiße Stoff hatte einen Überwurf aus dunkelvioletter Spitze.

Das Kleid war vollkommen! Andys leichte Bräune wurde durch das Schwarz des Oberteils und durch das Weiß-Violett des Rockes hervorgehoben, und sie trug dazu keine Ballschuhe, sondern bis zum Knie hochgeschnürte Ledersandalen, in denen sie wie Artemis, die jungfräuliche Göttin der Jagd aussah.

Leider war Max war nicht da, um sie zu bewundern...

Stattdessen war Zirza heute Morgen wieder eingetroffen und hatte sich rührend um Rebekka gekümmert. Rebekka war jetzt tatsächlich mit Daniel verheiratet, obwohl man es ihnen gar nicht ansah. Zirza war schwer betroffen gewesen von dieser Entführungssache mit Morgaine, sie hatte immer wieder gesagt: „Wie schön, dass dem armen kleinen Mädchen nichts Schlimmes passiert ist.“

Der Ballsaal war heute zu seiner vollen Größe erweitert worden, und man konnte endlich den riesigen Kristalllüster bewundern, der an der stuckverzierten Decke hing.

In einer Ecke war ein Podest für die Combo aufgebaut, die den Abend musikalisch untermalen solte. Oh Gott, was würden die spielen? Irgendeinen altmodischen Kram, aber sie hatte sowieso keine Lust aufs Tanzen, weil Max nicht da war.

Andy schaute sich um und behielt dabei die Eingangstür im Auge. Vielleicht kam er ja doch noch.

Schließlich stibitzte sie sich ein Glas Sekt und trank es in einem Zug aus. Er würde nicht kommen. Gut! Sie erblickte Benny, einen Schulkameraden, Sohn des Metzgermeisters Dennis Sie ging zu dem Jungen hin und hauchte ihm einem zarten Kuss auf die Wange. Es schien ihm zu gefallen.

Leider war Max immer noch nicht gekommen. Na und wenn schon! Sie konnte sich auch ohne ihn amüsieren.

Diese Combo hörte sich ganz nett an, die Typen spielten natürlich nichts richtig Fetziges, aber man konnte gut dazu tanzen, und Andy tanzte hingebungsvoll mit ihrem Schulkameraden Benny. War nur blöd, dass es niemand mitkriegte, vor allem Max nicht…

Auch die anderen amüsierten sich prächtig. Rebekka sah irre gut aus, ihr eng anliegendes exotisches Kleid war seitlich fast bis zur Taille hochgeschlitzt. Sie hatte tolle Beine! Ihr Haar trug sie im Geisha-Stil, mit Nadeln drin, sehr damenhaft, aber es machte sie absolut nicht älter, obwohl sie sich das hätte leisten können, so jung wie sie immer wirkte. Und die Männer schienen beides zu lieben, Frisur und Kleid.

 

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Auch Daniel konnte sich kaum von Rebekkas Anblick losreißen. Die Ferien hatten ihrem Gesicht eine gesunde Fülle verschafft, und sie war gleichmäßig am ganzen Körper gebräunt, wie man an dem geschlitzten Kleid sehen konnte… In ihrem dunklen Haar mit der seltsamen Hochsteckfrisur leuchteten helle Strähnchen, und Daniel überlegte auf recht unmännliche Art, ob die wohl gefärbt waren. Doch so etwas war teuer. Wie hatte sie nur die letzten Jahre überstehen können ohne finanzielle Hilfe? Er war ihr einiges schuldig, und er überlegte schon seit Tagen, wie er es machen sollte. Aber sie waren jetzt verheiratet, und sein Geld war auch ihr Geld. Er würde dafür sorgen, dass es ihr und Morgaine an nichts fehlte. Und obwohl alles in ihm danach verlangte, versuchte er nicht, sich ihr zu nähern. Sie verhielt sich nicht mehr so abweisend wie am Anfang, aber er fühlte sich unsicher ihr gegenüber. Und dass er jetzt in ihrem Appartement wohnte, das war nur pro Forma.

 

Und er vermisste Max. Wo steckte der Kerl nur? Andromeda sah auch nicht besonders glücklich aus. Sie machte gerade einen jungen Mann an, den Sohn von dem Metzgermeister, diesem Verehrer von Rebekka. Wo steckte sie gerade? Daniel ließ seine Blicke schweifen und entdeckte sie vor dem Podest, auf dem die Combo spielen sollte. Sie nippte gerade an ihrem Sektglas, und der betörende Ausdruck in ihrem Gesicht war ihm neu. Sie sah aus wie ein Kätzchen, so unbeschwert, so spielerisch und auch so grausam. Wem galt denn nun dieser betörende Gesichtsausdruck? Archie oder Dennis? Daniel erblickte noch einen dritten Kandidaten, nämlich Herbert Nickel, den Dorfpapagalli, kurz Onkel Herbie genannt. Auch der scharwenzelte um Rebekka herum.

Was trug sie da übrigens für eine Halskette? Sie sah sehr teuer aus, und sie gehörte ihr mit Sicherheit nicht.

 

Daniel ließ sich noch ein Glas Bier servieren. Heute gab es sogar richtige Kellner, absolut Professionelle im Frack, die viel vornehmer aussahen als die meisten männlichen Gäste. Sammy hatte seinen Job als Barkeeper verloren und stand auch sonst ziemlich verloren im Saal herum, während seine Frau sich gerade Onkel Herbie griff und an die Bar zerrte.

Meine Güte, musste Rebekka so hemmungslos flirten? Das war doch gar nicht ihr Stil! Und sie war jetzt schließlich verheiratet... Daniel fing wirklich an, sich zu ärgern.

Er sah Zirza auf sich zukommen. Die Frau sah nicht übel aus. Sie trug etwas Korallenrotes aus einem hauchdünnen anschmiegsamen Stoff, es enthüllte mehr als es verbarg. Und der Körper, der durch dieses Kleid quasi enthüllt wurde, tja, der war sensationell.

„Sie amüsiert sich gut“, sagte Zirza. Es klang irgendwie säuerlich. Daniel wusste natürlich sofort, wen sie meinte. Hatte Zirza etwa Probleme mit Archie? Der kümmerte sich wirklich aufopfernd um Rebekka, wie Daniel fand.

„Archie hat ihr wohl ein Collier von Kassiopeia ausgeliehen. Oder vielleicht sogar geschenkt...“

„Er hat was?“ Daniel war nun wirklich fassungslos. Was Archie sich da leistete, war ja wirklich... Ein Collier als Geschenk für Rebekka, das war ein Hammer!

„Siehst du es? Es ist wunderschön und kostbar. Mir hat er es damals verweigert. Aber es hat bestimmt gar nichts zu bedeuten.“ Zirza blies ihm leicht den Rauch ihrer Zigarette ins Gesicht, und Daniel wandte sich automatisch ab, um dem Rauch zu entgehen.

„Hmmm“, er überlegte angestrengt, ob es wirklich nichts zu bedeuten hatte. Verdammt, Rebekka war doch nicht naiv. Sie würde so ein Geschenk doch nicht annehmen. Daniel hoffte allerdings immer noch, es wäre eine Leihgabe – aber sogar das wäre ein Schlag ins Gesicht. Archie sollte die grünen Klunker seiner Frau Zirza umhängen und nicht Rebekka. Sie waren bestimmt wertvoll, sie sahen sogar von weitem auffallend wertvoll aus. Steckte etwa mehr dahinter? Ihm fielen die Nachmittage ein, als er vor der Bibliothek gestanden hatte. Die Tür war verschlossen gewesen, und er hatte Musik gehört und Rebekkas leises Lachen. Was zum Geier hatten die da getrieben? Der Wurm der Eifersucht nagte an Daniel, und außerdem verübelte er es sich, dass er jetzt zwar in Rebekkas Wohnung wohnte, aber nicht in ihrem Schlafzimmer. Aber sie ermutigte ihn auch nicht gerade. War es etwa wegen Archie? Es war bestimmt wegen Archie. Allmählich wurde er wirklich stinksauer. Sie nahm von ihm Geschenke an!

 

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In Wirklichkeit waren die Klunker bei weitem nicht so wertvoll, wie sie aussahen, das Halsband war nur eine perfekte Imitation, nur die Lupe eines Juweliers hätte es als Fälschung entlarven können. Aber das wusste Daniel natürlich nicht.

Er wusste auch nicht, dass Zirza selber Rebekka diese Halskette geschenkt hatte, Archie war vollkommen unschuldig daran.

Daniel sollte nur ein bisschen zermürbt werden durch diese kleine Lüge, denn Zirza hatte in dieser Nacht noch einiges vor.

Sie tobte vor Wut hinter ihrer kühlen Fassade. Denn leider war die Entführung von Morgaine in die Hose gegangen, weil der Blödmann von Stallknecht sie nicht rechtzeitig aus der Krypta geholt hatte. Auf dem Gut wäre zuviel los gewesen in dieser Nacht, damit wollte er sich tatsächlich herausreden, der Idiot! Und die Hochzeit hatte sie auch nicht verhindern können.

„Hast du Lust zu tanzen? Oh, jetzt haben sie gerade aufgehört zu spielen. Vielleicht später?“ Zirza schaute Daniel aufreizend mit ihren dunklen Augen an und kam ihm ein wenig näher.

Und plötzlich spürte er wieder diesen Geruch an ihr. Und alles, was er eventuell begehrenswert an ihr gefunden hatte, verflüchtigte sich sofort. Sie mochte noch so hübsch und geil sein – dieser Geruch zerstörte alle Illusionen. Automatisch fielen ihm Max’ Worte ein: Halte dich fern von ihr. Und außerdem liebte er Rebekka, die sich wahrscheinlich einen Dreck um ihn scherte…

„Ja, später vielleicht...“, sagte er vage und wich ein Stück zurück, nicht viel, aber genug, damit sie es auch verstehen konnte.

Zirza war nicht blöde. Sie verstand und verschwand. Dieser Mann war einfach nicht zu packen. Aber sie würde sich schon an ihm rächen, und zwar noch im Verlauf dieser Nacht. Und auch an dieser Rebekka-Schnepfe, die gerade Archie, Dennis und den Dorfpapagalli Onkel Herbie nacheinander bezauberte – auch an der würde sie sich rächen. Nein, rächen war vielleicht der falsche Ausdruck. Sie würde ihr ganz schön was zu knacken geben. Und dann fiel ihr noch etwas absolut Gemeines ein: Die Firma sollte ihr eine Spermaprobe von Daniel beschaffen! Was für eine geniale Idee! Vielleicht würde sie ja auf Umwegen ihr Ziel erreichen und außerdem noch Nachwuchs haben... Zirza erschauerte vor Vergnügen. Eine Vaterschaftsklage wäre ziemlich amüsant, vor allem, wenn der ‚Vater’ niemals Sex mit der Mutter gehabt hatte...

Wo steckte Max eigentlich? Sie hatte sich solche Mühe gegeben, Andromeda extra für ihn herzurichten, in diesem Kleid, in dem sie so begehrenswert aussah wie Schneewittchen – Zirza lächelte boshaft in sich hinein – in diesem Kleid, das Max deutlich zeigen sollte, dass er sie nie haben würde – er als der Jäger, der Böse... Andererseits war Max unberechenbar, und sie konnte ihn nicht einschätzen. Sie hatten sich gegenseitig in Ruhe gelassen seit vielen Jahren, aber sie traute ihm nicht. Max hatte vielleicht einen Verdacht, aber er konnte ihn nicht beweisen, und falls doch, dann würde er sich selber vernichten. Außerdem ärgerte sie darüber, dass Daniel den Qualm ihrer Zigarette nicht richtig inhaliert hatte. Es hätte die Sache vereinfacht, aber es würde auch so gehen.

Zirza lächelte wieder. Es war ein gemeines und tückisches Lächeln, und jeder, der es gesehen hätte, wäre schockiert gewesen.

 

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Nachdem Zirza gegangen war, beobachtete Daniel nun Andromeda. Sie flirtete gerade mit diesem jungen Mann, und sie sah wirklich bezaubernd aus. Ihr Kleid erinnerte ihn an Schneewittchen, besser gesagt an die Disney-Variante des Schneewittchen-Themas. Und diese Frisur, dieses geflochtene Haar, es erinnerte Daniel an etwas anderes. Bis er drauf kam: Es erinnerte ihn an das Bild der Kaiserin Elisabeth, das in ihrem Zimmer hing. Aber wo zum Teufel war Max?

Die Combo fing wieder an zu spielen. Und Daniel bemerkte erst jetzt, dass sie einen Geiger dabei hatten. Einen Stéphane Grappelli, der vielleicht Django Reinhardts Musik kannte, jedenfalls war es ein Geiger, und wenn er, Daniel, besoffen genug wäre – vielleicht im Laufe dieses elenden Balles, würde er den Geiger einfach mal fragen, ob er mitspielen könnte.

Daniel sah erstaunt, wie Andromeda mit dem jungen Mann die große Treppe empor ging, sie drehte sich kurz um und warf einen letzten verzweifelten Blick auf die Eingangstür.

Ach Andy, was machst du? Daniel klammerte sich kurz an seinem Bierglas fest. Dann entschloss er sich, nach Morgaine zu sehen. Sie hatten zwar das Babyphon, und Claudia Mansell schlief auf dem Sofa im Wohnraum, aber sicher war sicher.

Er stieg langsam die Treppe hoch, denn er hatte keine Eile, wieder zurück zum Ball zu gehen.

In der Wohnung war alles klar. Sie schlief - und sie war so, nein süß würde er nicht sagen, das war reiner Frauenquatsch, sie war wirklich bezaubernd, nein, auch das war reiner Frauenquatsch, jedenfalls war sie mittlerweile das Wichtigste in seinem Leben außer vielleicht…

Er beugte sich über das Bett und küsste Morgaine zart auf ihre Stirn.

„Schläft sie?“ Rebekka war kurz nach ihm ins Zimmer gekommen. „Warum bist du hier?“ Daniel schaute sie fragend an. „Ist es unten nicht amüsant genug für dich?“

„Nicht wirklich“, sagte Rebekka leise, während sie versuchte Daniels Blick festzuhalten, aber er entglitt ihr und heftete sich auf ihren Hals und auf das Halsband, das sie trug.

„Daniel?“

„Was ist denn?“ Seine Stimme klang unwirsch.

„Wirst du heute mit mir tanzen?“

„Ich kann nicht besonders gut tanzen. Du solltest dich an Archie halten. Oder an Dennis. Die sind bestimmt alle besser in Übung.“ Daniel starrte immer noch fasziniert auf den großen grünen Stein in der Mitte ihres Halsbandes. Es war mit Sicherheit ein Smaragd.

Rebekka schwieg und schien auf etwas zu warten.

„Du hast da ein schönes Halsband.“ sagte er schließlich verdrossen.

„Ach, es ist nichts Besonderes...“ Fast erlag sie der Versuchung, sich eng an Daniel zu schmiegen und ihn zu küssen. Doch er machte so einen abweisenden Eindruck, dass sie sich nicht traute.

Warum versuchte er nicht, sie in irgendeiner Art und Weise zu berühren? Sie sehnte sich so danach. Sie lebten so nahe zusammen, sie fühlte sich zu ihm hingezogen, aber er reagierte nicht auf sie.

Konnte es sein, dass Zirza Recht hatte? Sie war eine erfahrene Frau und kannte sich mit allen Gesetzen aus. Sie hatte Rebekka erzählt, dass Väter oft versuchten, auf unredliche Weise das Thema der Unterhaltszahlungen zu umgehen. Und es konnte ja sein, dass Daniel seinen Verpflichtungen durch Heirat entgehen wollte.

Rebekka hatte zugeben, nie irgendwelche Zahlungen für Morgaine erhalten und auch nie welche gewollt zu haben.

„Du weiß doch, dass er für vier Jahre den Unterhalt nachzahlen müsste?“ Zirza hatte nicht lockergelassen.

„Aber ich will doch gar kein Geld von ihm!“

„Du bist zu gut für diese Welt“, Zirza hatte gelächelt. „Aber Männer tun manchmal Dinge, die Frauen nicht verstehen…“

„Hmmm, ich meine ja auch, dass die Kerle irgendwie seltsam sind.“

„Genau das ist es! Und er könnte dich jederzeit betrügen... Stell’ dir einfach vor, wie er eine andere Frau umarmt, in sie...“

„Nein, das kann ich nicht, und das werde ich auch nicht.“, hatte sie empört gesagt.

An dieses Gespräch musste Rebekka denken. Warum war Daniel so kühl zu ihr? Wann hatte es damit angefangen? Seitdem er wusste, dass Morgaine seine Tochter war?

Tatsächlich hatte sie begonnen, von einer Zukunft mit ihm zu träumen. Alle ihre Abneigungen und ihr Misstrauen gegen ihn fingen an, sich aufzulösen oder erschienen ihr nicht mehr wichtig. Vielleicht war das eine Folge des Schocks, den sie durch Morgaines Entführung erlitten hatte. So etwas passierte manchmal Leuten, die sich selber für hart und abgebrüht hielten. Möglicherweise kamen aber einfach nur ihre Gefühle für ihn zum Vorschein...

„Es steht dir gut.“ Daniels leicht höhnisch klingende Stimme holte sie aus ihren Überlegungen zurück. „Und vielleicht sollte ich besser hier bei Morgaine bleiben.“

„Morgaine ist sicher, Daniel“, sagte Rebekka. „Claudia ist da, und Tante Bernadette will auch ab und zu nach ihr schauen...“ Sie sah ihn erwartungsvoll an, doch als Daniel keinerlei Anstalten machte, sie eventuell in den Arm zu nehmen oder sie gar zu küssen, warf sie ihm eine Kusshand zu und ging wieder aus der Wohnung hinaus. Daniel sah ihr nachdenklich hinterher. Sie war geil, er verstand total, warum Archie, Dennis und sogar dieser Idiot von Onkel Herbie hinter ihr her waren. Wenn er sich nur sicher wäre, dass... Aber das mit dem Collier, was dachte sie sich dabei?

Daniel verscheuchte diesen Gedanken und ging langsam wieder hinunter in den Ballsaal, wo er als erstes seinen Freund Max sah, der sich suchend umschaute.

„Bisschen spät, alter Junge“, meinte Daniel spöttisch zu ihm

„Wieso?“ Max schien beunruhigt zu sein.

„Dein Mädchen ist stinksauer und hat sich mit so ’nem Bübchen nach oben verzogen.“ Daniel bereute sofort, das gesagt zu haben, denn Max’ Gesicht wurde daraufhin merklich blasser.

„Mist!“ zischte Max. „Würdest du mich entschuldigen?“ Das war wohl keine Frage, denn er wartete Daniels Antwort nicht ab, sondern lief schnurstracks die gewundene Treppe hoch, um wie Daniel dachte, Andromeda den Hintern zu versohlen. Ein sehr netter und faszinierender Gedanke. Wenn er sich das bei Rebekka vorstellte... Er schüttelte unwillig den Kopf. Rebekka, immer wieder Rebekka!

Sie waren getrennt zum Ball hinuntergegangen, Daniel hatte auf sie gewartet, aber dann die Geduld verloren. Sie steckte natürlich bei Zirza und ließ sich von der zurechtmachen und herrichten. Das Ergebnis war allerdings überwältigend. Dieses enge chinesische Seidenkleid mit den zarten schwarzen Ornamenten stand ihr wirklich hervorragend. Und diese drei geilen Spechte Archibald, Dennis und Onkel Herbie fanden das sicher auch. Er wandte bewusst seinen Blick von Rebekka ab und schaute sich stattdessen das Landvolk an, das gekommen war, um den Ausklang des Sommers zu feiern. Es waren vielleicht siebzig Leute da, die an den aufgestellten Tischen aßen und tranken, die auf der Terrasse und im Park lustwandelten und die zu den Klängen der angeheuerten Combo tanzten. Archie hatte ihm schon diverse entfernte Verwandte und andere Leutchen vorgestellt. Aber niemand sah interessant genug aus, um Daniels Aufmerksamkeit in irgendeiner Art und Weise zu wecken.

 

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Andromeda hatte es sich mit Benny gemütlich gemacht. Sie lagen beide bäuchlings nebeneinander auf dem breiten Bett, und sie zeigte ihm ein Photoalbum. Ihre Hüften berührten sich etwas, weil Andy es so wollte, obwohl ihr ziemlich mies dabei zumute war. Aber vielleicht mochte Max nur erfahrene Frauen und fühlte sich von Jungfrauen abgestoßen. Jungfrauen waren bestimmt kompliziert, obwohl sie selber, nein, sie war nicht kompliziert. Aber wenn das der Grund für seine Zickigkeit war, dann konnte sie sich diese Erfahrung besorgen, sie konnte Max klarmachen, dass andere Männer... äääh Jungen sie sehr begehrenswert fanden und auch keine Hemmungen hatten, mit ihr zu schlafen.

Max stand im Zimmer, ohne vorher angeklopft zu haben, und seine undurchschaubaren grauen Augen, die normalerweise ruhig und gelassen aussahen, veränderten sich urplötzlich.

Andromeda hatte diesen Ausdruck bisher nur ein einziges Mal gesehen und zwar, als er einen Stallburschen hinauswarf, der ein Pferd misshandelt hatte. Damals hatten seine grauen Augen auf einmal so stürmisch ausgesehen wie ein aufgewühlter Ozean unter einem sonnenlosen Himmel.

Seltsam, Max so zu sehen. Max war eigentlich immer beherrscht, er schien das Gegenteil der temperamentvollen Andy zu sein, aber niemand wusste, dass auch in Max Leidenschaften schwelten, die er aber im Zaum hielt, zumindest seit er fünfzehn Jahre alt war.

Der junge Benny sah diesen grauen aufgewühlten Blick und machte sich unauffällig davon.

„Auch schon da?“ fragte Andromeda gelassen. Obwohl sie spürte, dass Max ziemlich in Rage war, hatte sie keine Angst vor ihm. Es war Max, und er würde ihr nie etwas antun.

„Was zum Teufel treibst du da eigentlich?!“ Max’ Stimme klang erregt. Und er hasste sich dafür. Warum verriet er seine Gefühle? Blöde Frage. Sie brachte ihn durcheinander. Sie hatte ihn total im Griff. Und er konnte nicht anders.

Das schien auch Andromeda zu spüren, und sie umarmte ihn und sah ihm ins Gesicht. In diese grauen Augen, die sie so liebte und die jetzt so stürmisch wie ein aufgewühltes Meer aussahen.

„Ich war nur sauer auf dich“, sagte sie.

„Musst du immer gleich, wenn du sauer auf mich bist, mit einem anderen ins Bett gehen?“

„Nicht ins Bett. Nur aufs Bett. Und es ist nichts passiert.“ Andys Stimme klang beschwichtigend, sie wusste nur nicht, ob sie es schaffen würde, ihn zu beschwichtigen. Sie hatte ihn noch nie so erlebt, so aufgebracht und so zornig und alles nur wegen ihr. Er musste sie lieben. Natürlich. Das war es!

„Ich könnte es nicht ertragen“, sagte Max leise und bereute im gleichen Augenblick seine Worte. Sie waren das Eingeständnis seiner Liebe zu ihr. Sie würde sich aufgrund dieser Worte ein Leben mit ihm vorstellen können, und das war nach seinem Drei-Tage-Trip nach Berlin wahrscheinlich unmöglich. Er hatte Sachen erfahren, die alles in Kampodia auf den Kopf stellen würden, es lag nur an ihm, sie aufzudecken. Und dann würde er selber mit untergehen.

„Ich könnte es nicht ertragen, obwohl ich kein Recht auf dich habe“, fügte er bitter hinzu.

„Ach Max, du hast alles Recht der Welt auf mich“, sagte Andy mit leiser zärtlicher Stimme.

Er schaute sie an. Wie wunderschön sie in diesem Kleid aussah, und die Frisur machte sie zwei Jahre älter. Max fiel ein, dass sie in vier Wochen sechzehn wurde. Würde er zu diesem Zeitpunkt noch in Kampodia sein? Vielleicht... Aber es war unwahrscheinlich.

Er nahm Andromedas Anblick mit vollstem Herzen auf. Sie war das schönste und beste Mädchen der Welt, und er liebte sie so, dass es manchmal wehtat. Wie anmutig sie dieses Kleid trug...

Plötzlich verspürte er ein unangenehmes Gefühl, es war wie ein Déjà vu. Das Kleid hatte damit zu tun.

Und auf einmal durchfuhr es ihn: Schneewittchen! Wie hinterhältig! Wie sinnig! Mit Sicherheit hatte Zirza ihr das Kleid besorgt, dieses widerliche Monstrum von Zirza!

Das Kleid sollte ihm vor Augen führen, dass Andromeda ihn nicht mehr lieben würde, wenn sie die Wahrheit erfuhr. Also sollte er besser die Klappe halten. Das war die Botschaft von Zirza!

Max fühlte, wie sein Körper eiskalt wurde. Zirza hatte ja keine Ahnung, dass es bald vorbei sein würde, mit ihr und auch mit ihm. Eigentlich sollte er Andy hier auf der Stelle alles sagen. Hassen würde sie ihn. So oder so. Aber er konnte nicht anders, als es hinaus zu zögern. Er wollte sein Glück bis in den allerletzten Augenblick auskosten, denn die Erinnerung daran würde für den Rest seines Lebens vorhalten müssen.

Sie küssten sich lange und innig, bevor sie Hand in Hand die Treppe hinuntergingen und sich auf die Tanzfläche begaben, um dort eng umschlungen zu tanzen.

„Weißt du, dass Rebekka und Daniel jetzt verheiratet sind?“

Max stutzte ein wenig, entschied sich aber, nicht näher darüber nachzudenken, sondern den Tanz mit Andromeda zu genießen. Es würde nicht mehr viele Tänze mit ihr geben. Er wusste natürlich von Morgaines Verschwinden, er hatte mit Archie telefoniert und es von ihm erfahren. Und automatisch war ihm der Gedanke gekommen: Zirza hat etwas damit zu tun!

„Die sehen mir nicht wie ein Ehepaar aus“, sagte er und streichelte Andromedas Haar, während sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte.

 

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Kapitel VII Teil 2 RAUSCH und VORFREUDE

 

Archibald von Kampe sah seine Tochter mit Max zusammen tanzen, und er lächelte erfreut.

Na endlich! Die beiden passten so gut zusammen. Nun denn, Andy war noch sehr jung, aber Max schien der Richtige für sie zu sein. Er war der einzige, von dem seine ungestüme Tochter sich etwas sagen ließ und vor dem sie Respekt hatte. Max würde Andys Temperament in die richtigen Bahnen lenken. Sie würden sich prächtig ergänzen. Ob sie wohl schon Sex miteinander gehabt hatten?

Archies Träume gingen nach diesem Gedanken noch weiter – und er sah Kampodia mit liebreizenden Enkeln bevölkert. Max als sein Schwiegersohn könnte das Gut übernehmen und weiterführen. Wer von den jungen Leuten, die Andy kannte, wollte heutzutage noch auf dem Lande leben? Archibald hatte schon früher daran gedacht, Max zu adoptieren, damit Max mit dem Namen ‚von Kampe‘ das Gut in Zukunft führen konnte – er hatte sogar schon mit Max darüber gesprochen, aber der hatte ihn ausgelacht und es strikt abgelehnt. Max war eben so stur wie ein Maulesel. Darin war er Andromeda sehr ähnlich.

Archibald wunderte sich immer noch darüber, dass er in all den Jahren kein Kind mehr gezeugt hatte. Er wusste nicht, dass  Zirza dafür gesorgt hatte, denn wenn SIE kein Kind von ihm empfangen konnte, dann sollte es auch keiner anderen Frau vergönnt sein.

 

Allerdings wirkte Max nicht gerade glücklich, wie Archie fand. Er musste sich den Jungen – Archibald nannte Max immer noch den Jungen – mal zur Brust nehmen.

Dann sah er die wunderschöne Rebekka mit seinem Freund Dennis auf der Terrasse. Er vergaß seine Tochter Andy und seinen Ziehsohn Max, ging hinaus zu Rebekka und forderte sie zum Tanz auf. Sein Freund Dennis schaute ihn ein wenig beleidigt an, aber das war ihm egal. Archie hatte nämlich zu Rebekka ein ganz besonderes Verhältnis, er konnte es nur nicht so richtig definieren...

 

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Daniel saß wieder an der Theke und ließ seine Blicke schweifen. Er kam sich fast vor wie ein Spanner. Also absolut beknackt! Und trotzdem konnte er nicht anders... Rebekka war gerade auf die Terrasse hinausgegangen, und zwar mit diesem Metzgermeister Dennis. Daniel überlegte, ob er dem Metzgermeister mal so richtig was aufs Maul hauen sollte. Aber der arme Kerl konnte schließlich nichts dafür, dass er in Rebekka verliebt war.

Vielleicht sollte er Rebekka über seine Schulter werfen, mit ihr die Treppe hoch in sein Zimmer laufen, sie aufs Bett schmeißen und sie dann von diesem japanischen Kleid befreien. Es wurde ihm mächtig heiß bei dem Gedanken an das, was er mit ihr tun würde. Er würde ihre Brüste küssen, er würde ihren Körper küssen, und sie würde anfangen zu zittern. Aber er würde sie hinhalten, bis sie ihn hilflos anbetteln würde – und dann würde er ganz langsam, vielleicht…

Würde, würde, würde... Du bist ein blöder Spinner, Daniel! Er riss sich mühsam zusammen, seine Vorstellungen waren unangemessen und irrational. So etwas war nur für diejenigen reserviert, die ihr teure Halsbänder schenkten…

Daniel sah Zirza wieder auf sich zukommen. Diese Frau hatte wohl Langeweile. Warum? Klar, sie fühlte sich vernachlässigt von ihrem Gatten, der gerade – wie Daniel aus den Augenwinkeln mitbekam – mit Rebekka tanzte. Wo hatte sie eigentlich gelernt, so zu tanzen? Im Jedermann? Quatsch! Eigentlich hatte sie dort immer für sich alleine getanzt, und ihre Bewegungen waren damals schon so anmutig gewesen wie die einer Balletttänzerin. Ihre Schulter schien wieder in Ordnung zu sein. Aber warum machte er sich überhaupt Sorgen um ihre Schulter?

Wieder hielt Zirza eine Zigarette in der Hand. Und wieder blies sie ihm ganz unschuldig den Rauch der Zigarette ins Gesicht. Diesmal konnte er sich nicht schnell genug abwenden, sondern musste den Qualm zwangsläufig einatmen.

„Er hat es ihr gut beigebracht, nicht wahr?“

„Was meinst du?“ fragte Daniel unfreundlich.

„Das Tanzen natürlich“, sagte Zirza mit einem leicht sarkastischen Unterton. „Sie hatten ja viel Zeit dazu...“ Ein unausgesprochener Vorwurf schwang in ihren Worten mit, und sie fuhr fort: „Wie konnte sie es eigentlich schaffen, ohne Alimente“, sie wählte absichtlich das veraltete Wort Alimente, „ein Kind großzuziehen? Das ist doch nicht normal. Obwohl ich es bewundern würde...“

Daniel schwieg erstaunt, denn die gleichen Gedanken hatte er sich vorhin auch gemacht. Wie konnte jemand einfach auf die Zahlungen verzichten, die einem doch zustanden? Gut, sie hatte irgendeinen Idioten für den Vater gehalten und wollte vielleicht nicht, dass er Einfluss auf Morgaine gewann. Aber normal war das nicht. Hatte sie etwa andere Einnahmequellen?

„Ich finde, sie tanzt sehr gut“, sagte er mit ruhiger Stimme, obwohl er innerlich mit den Zähnen knirschte, doch das brauchte diese Frau schließlich nicht zu wissen.

Zirza durchschaute ihn natürlich. „Sie sieht gut aus, nicht wahr?“ Aus ihrer Stimme war Eifersucht und Resignation heraushören. „Warum tut er mir das an? Und sie, kann sie sich vorstellen wie das ist, betrogen zu werden? Kann sie sich vorstellen, zum Beispiel dich und mich zusammen zu sehen, wie wir...“ Zirza seufzte auf.

Daniel sagte nichts dazu. Rebekka tanzte gerade mit Archie zu dem Stück von Carlos Santana, nämlich 'Smooth', es war so herrlich lateinamerikanisch. Und dieses saubere Pärchen tanzte perfekt dazu. Sie schien ihn zu locken, drängte sich an ihn, und beide machten Bewegungen, die aussahen, als hätten sie ihr Leben lang miteinander getanzt. Und offenkundig trug sie keinen Slip, das machte ihn an, aber gleichzeitig machte es ihn wütend, dass sie diese Macht über ihn hatte!

Zirza sah die Eifersucht und die Zweifel in seinen Augen. Es würde reichen, und sie blies ihm wieder etwas Zigarettenqualm ins Gesicht. Dann entfernte sie sich langsam. Daniel starrte ihr finster hinterher.

Und plötzlich fiel ihm ein, womit er den Namen Zirza von Anfang an verbunden hatte, es war diese Zauberin, sie verwandelte Männer in Schweine, und sie hieß Circe... Na wenn das kein Zufall war! Er erinnerte sich vage daran, dass Max von ihr als der ‚Medusa’ gesprochen hatte. Auch nicht schlecht! Wenn sie nun eine Mischung aus beiden war, dann wäre sie eine Cirdusa oder eine Mecirce? Aber egal was sie war – auch Rebekka war anscheinend nicht das, was er in ihr gesehen hatte.

Daniel wusste natürlich nicht, dass die chemische Substanz, die Zirza ihm eben inklusive Nikotin und Teer ins Gesicht geblasen hatte, ihn dazu brachte, alles zu glauben, was er hörte. Er hatte das mit dem Collier geschluckt, Archie hatte es Rebekka geschenkt, er misstraute ihr und Archie, glaubte nicht mehr an einen reinen Tanzunterricht. Und vor allem hegte er nun massive Zweifel an Rebekka, die sich mittlerweile nicht nur auf ihre Flatterhaftigkeit, sondern auch auf ihre Käuflichkeit erstreckten. Marissa hatte ihm damals genug von Rebekka erzählt, sie war mit fast jedem ins Bett gegangen, sogar mit seinem Freund Lukas... Aber dass sie käuflich war? Das konnte er eigentlich nicht glauben. Aber warum trug sie dann dieses Collier? Es würmelte schwer in Daniel

 

Daniel würde Rebekka nicht auf das Halsband ansprechen, dafür war das Verhältnis dieser ‚Eheleute’ viel zu kompliziert. Daniel würde auch Archie nicht darauf ansprechen, dazu war er viel zu stolz.

Die beiden waren jetzt also verheiratet, und Rebekka konnte Daniel ohne weiteres als Vater von Morgaine angeben. Na herrlich! Man musste sie auseinander bringen, koste es was es wolle! Aber es kostete nicht viel, ein paar Substanzen und ein wenig Phantasie. Die Firma unterstützte sie gut... Und Morgaine, das süße kleine Wunderkind wäre mit nur einem Elternteil bestimmt ganz arm dran...

Zirza war zwar nicht sehr menschlich, aber sie durchschaute alle menschlichen Regungen und Wünsche – und spielte mit ihnen. Und heute Nacht würde sie spielen. Oh jaaa! Und wenn sie Daniel Burkhardt und seine angebliche Gattin entzweit hatte, dann konnte sie sich endlich ihrer Stieftochter zuwenden und auch der den Rest geben, denn sie hatte es allmählich satt! Bei diesem zähen Luder musste man mit härteren Bandagen arbeiten als normalerweise.

 

Zirza ließ einen ziemlich aufgebrachten Daniel zurück.

Einen Daniel, der seine Frau mit einem Collier sah, das ein anderer Mann ihr geschenkt hatte; einen Daniel, der seine Frau mit dem Mann tanzen sah, der ihr das Collier geschenkt und der ihr außer dem Tanzen vielleicht noch anderes beigebracht hatte... Jedenfalls war Daniel reichlich verwirrt und vor allem sehr wütend. Eigentlich hatte er ja gehofft, sie würde endlich erkennen, was er für sie fühlte, aber nein! Sie hatte ihn schon damals nach ihrer gemeinsamen Nacht abgewiesen. Sie hatte nie zu erkennen gegeben, dass er ihr etwas bedeutete. Und sie war lieber mit dem reichen Archibald zusammen als mit ihm...

Er beschloss, sich nicht zu besaufen, denn sie war es nicht wert, dass er seine Leber kaputt soff, er verließ die Bar und näherte sich dem Podest, auf dem die Kapelle gerade Pause machte. Daniel unterhielt sich ein bisschen mit dem Geiger, einem zigeunerartig aussehenden Mann von etwa vierzig Jahren. Er unterhielt sich intensiv mit dem Geiger, denn man findet im Leben nur selten einen Geiger. Nach diesem langen Gespräch suchte er Max und fand ihn auf der Terrasse, wo er mit Andromeda rumknutschte. Er redete beschwörend auf Max ein, was Andy ziemlich verärgerte, denn es war gerade so romantisch mit Max, es war schon dunkel, die Lampions leuchteten zartbunt, ein warmer Wind wehte, es war DER Augenblick für eine Liebeserklärung... Und dann kam Daniel, um alles zu vermasseln und um Max zu entführen. Wohin zu entführen? Warum nahm er ihr den Geliebten weg. Was heckten sie aus aus?

 

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Die Klänge ließen alle aufhorchen, zumindest alle, deren Gehirn noch nicht total vom Bier und vom Champagner abgestumpft war.

Es waren Klänge, die sich spröde anhörten, es waren Instrumente, die in dieser Zusammenstellung total ungewöhnlich klangen, es war ein Rhythmus, der anders war.

Und es klang wie Musik aus einer vergangenen Zeit.

Es klang aber auch total neu.

Rebekka hörte es als erste. Denn sie kannte diese versetzten kleinen Stücke, die sich anhörten, als wären sie aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang herausgerissen worden. Das waren die Stücke, die Daniel immer geübt hatte – und die sie heute Nacht zum erstenmal im Zusammenhang hörte. Und es war wie eine Offenbarung.

Sie bahnte sich den Weg zu dem Podest, auf dem Daniel mit den anderen spielte und lauschte nur noch dieser Musik, die teilweise süß war – eine Geige, egal wie schräg sie gespielt wird, hört sich immer süß an – die aber auch hart und bitter klang, denn Daniels Gitarre bildete den perfekten Gegenpol zu der süßlichen Geige.

Es hörte sich an wie... sie konnte es nicht in Worte fassen. Es war traurig und optimistisch zugleich, es war sentimental aber auch trotzig. Es war unverständlich –manchmal kitschig und manchmal disharmonisch – aber vor allem war es wunderschön.

Sie erkannte instinktiv, dass Daniel in dieser Musik sein wirkliches Wesen offenbarte.

Und sie sah zum erstenmal, was er war.

Sie sah ihn als Liebhaber, der einfach göttlich und mit nichts zu vergleichen war auf dieser Welt.

Und sie sah ihn als Liebenden, den sie so niedergemacht hatte, dass er bestimmt nicht viel Lust darauf hatte, sich eine weitere Abfuhr von ihr einzufangen.

Sie sah ihn als Vater, er war ein großartiger Vater, und Morgy liebte ihn über alles.

Sie sah ihn als Künstler, er war perfekt!

Und sie sah ihn als Ehemann. Er war IHR Ehemann, und sie sollte endlich ihre blöden Bedenken aufgeben.

Er hatte so viele Eigenschaften. Er war ein so großartiger Mann, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Was war passiert? Sie hatte ihm nicht vertrauen können. Warum? Weil er in seinem Leben zwei feste Freundinnen gehabt hatte und es mit denen schiefgegangen war? Absurd! Daniel konnte wahrhaft lieben, während sie selber... Ich bin abartig, dachte sie entsetzt. Sie hatte keinen ihrer Freunde und Liebhaber wirklich geliebt. Und als mit Michael Schluss war, da hatte sie sich so in ihren beleidigten Stolz hineingesteigert, dass sie selber geglaubt hatte, sie würde darunter leiden. Sie war entsetzlich! Sie war in Wirklichkeit das Monstrum!

Und was, wenn er sie nun gar nicht liebte? Oder liebte er sie doch? Oh bitte, lass’ es so sein! Aber er tat so, als würde sie ihm nicht das Geringste bedeuten. War natürlich kein Wunder, so wie sie ihn behandelt hatte... Sie musste selber den ersten Schritt machen. Noch in dieser Nacht. Zirza hatte ihr auch dazu geraten.

Daniel spielte gerade ein kleines Duett mit dem Geiger, seine Gitarre hörte sich auf einmal genau so süßlich an wie die Geige – und dann plötzlich schrammte er über die Saiten, ließ ein paar sehr harte Töne hören, und alle, die er vorher mit den süßlichen Klängen verzaubert hatte, horchten auf und waren von den härteren Tönen gefangen.

 

Django spielt seine klaren

Töne nässen mein Gesicht

Django spielt mit drei Fingern

hart die Illusion meines Lebens

Klänge wie klobige Diamanten

tropfen an mir herab und

beißen ins Gras.

 

Diese Verse brauen sich gerade in Rebekkas Kopf zusammen, und sie ist nicht wenig erstaunt darüber. Bisher hat sie nämlich noch nie etwas Lyrisches zustande gebracht. Und wieso drei Finger? Das hat sie bestimmt irgendwo gelesen.

Außerdem sieht ihr Ehemann fantastisch gut aus. Er hat seine Jacke ausgezogen, seinen Schlips weggeworfen, den Kragen des Hemds gelockert, er sitzt vollkommen entspannt auf diesem Stuhl und spielt Gitarre. Sein Haar ist vorne ein bisschen länger als hinten, und es lockt sich tatsächlich ein wenig. Rebekka sieht sein Haar mit Rührung, und sie wünscht sich, mit den Fingern durch diese weichen Locken zu fahren und dann seinen Kopf in ihre Hände zu nehmen und ihn auf seine Lippen zu küssen. Lange zu küssen, in diesem Kuss zu versinken. Sie will seinen Körper ganz nahe spüren, sich an ihn pressen, an diesen sehnigen schlanken Körper, der so perfekt zu dem ihren passt... Sie will ihn so lange küssen, bis sie es vor Erregung nicht mehr aushalten kann – und dann wird sie ihm sein Hemd ausziehen und seine Brust küssen. Und auch er wird sie ausziehen, während er sie mit seinen braungelben Augen verlangend anschaut, bis ihre Beine schwach werden und sie sich an ihm festhalten muss. Er wird lachen und sie zum Bett tragen...

Rebekka fühlt ihre Beine schon schwach werden in Erwartung der Nacht. Sie wird endlich erfahren, ob er sie noch begehrt und liebt.

 

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Auch Andromeda fühlte sich magisch von der Plattform angezogen, denn Max saß dort und spielte Gitarre.

Die Musik sagte ihr zwar nicht viel, aber sie war interessant und hatte viel Pep, obwohl da nur zwei Gitarristen vor sich hin spielten und die Pace machten – ferner war da ein riesiger Kontrabass, die Gitarre von Daniel und eine Geige. Das Schlagzeug benutzten sie gar nicht. War schon eine seltsame Kombi. Aber der Rhythmus, der war echt irre. Und wie Max einfach so mitspielte! Andromeda hatte nie gewusst, dass Max richtig gut Gitarre spielen konnte. Er hatte in den letzten Jahren auch nicht mehr gespielt, weil ihm wohl die Zeit dazu fehlte. Aber anscheinend hatte er von seinen Vorfahren, die wie Andromeda wusste, auch ungarischen Ursprungs waren, jede Menge Pfeffer im Blut geerbt.

Wenn er dieses Pfeffer nur einmal an IHR mal austoben würde! Sie fühlte sich vergehen in der Vorstellung, dass er mit ihr... Heiliger Strohsack! Manchmal bekam Andromeda beim Küssen schon fast einen Orgasmus, aber das wollte sie ihm nicht zeigen, denn wenn er sich beherrschen konnte, dann konnte sie das schließlich auch. Sie musste an ihre eigentlich harmlosen Intimitäten denken, die immer im Verwalterhäuschen auf Max‘ Sofa stattfanden. Manchmal las sie in einem Buch, wenn Max noch mit seinem Schreibkram beschäftigt war. Und wenn er alles erledigt hatte und sich endlich zu ihr setzte, dann legte sie sich manchmal bäuchlings über seine Beine und tat so, als ob sie weiter in dem Buch lesen würde. Aber in Wirklichkeit wartete sie darauf, was er tun würde. Meistens saß er eine Zeitlang ganz still da, bis er dann anfing, ihren Rücken zu streicheln, so lieb und zart, dass sie es nicht länger aushalten konnte, sie drehte sich um und schlang die Arme um seinen Hals und fing an ihn zu küssen. Er fühlte sich einerseits so vertraut an und andererseits so fremd, und das Fremde war so beruhigend, und das Vertraute so erregend. Sie wälzten sich auf dem Sofa herum wie zwei liebestolle Teenager. Was sie ja auch waren, zumindest im Falle Andromeda. Andromeda hatte allerdings den Verdacht, auch Max würde sich verhalten wie ein liebestoller Teenager, und es wäre vollkommen neu für ihn. Hatte er noch nie so gefühlt, noch nie eine Frau richtig geliebt?

Und er sah so wahnsinnig gut aus. Er hatte wohl nicht genug Zeit gehabt, sich zu rasieren, denn er trug einen dieser Zweitagebärte, die so sagenhaft männlich wirkten, natürlich nur bei den richtigen Typen. Und Max war der richtige Typ, er sah ja normalerweise schon gut aus, aber dieser Zweitagebart ließ ihn härter aussahen als sonst, und Andromeda war schier überwältigt von seinem Anblick. Und diese Hose! Sie hatte an den Seiten Satinstreifen, und Max sah damit aus wie einer von der Kavallerie. Ein bisschen erinnerte er an Kevin Costner in diesem Film, wie hieß er noch, der mit dem Wolf und den Indianern. Natürlich sah Max besser aus als Kevin oder sonst wer. Viel besser! Sein Kinn war ausgeprägter, und sein Körper war viel athletischer als der von Kevin oder egal von wem... Auch das weiße Hemd stand ihm sooo guut, wieso hatte sie früher nicht bemerkt, wie wahnsinnig gut er aussah? Er quatschte auch nicht so viel wie manch andere Typen, so ein quatschender, plappernder Mann war absolut unerträglich, fand Andromeda. Kurz gesagt, Max war Andromedas Idealtyp! Upps, und wahrscheinlich war er das auch für viele andere Frauen. Sie musste aufpassen...

Wo zum Geier war er die letzten vier Tage gewesen? Eine andere Frau? Nein, das glaubte sie nicht, aber warum wollte er nicht mit ihr darüber sprechen? Er hatte das Gespräch abgelenkt, als sie ihn zwischen zwei Küssen danach fragte, und sie hatte es aufgegeben, es herauszufinden. Wenn Max etwas nicht sagen wollte, dann konnte nichts und niemand auf der Welt ihn dazu bringen. Ob er wohl den ganzen Abend spielen wollte? Sie versuchte ihm mit den Augen zu sagen, dass er seinen Hintern herunterbewegen sollte, damit er mit seiner Geliebten herumknutschen konnte. Er schien es zu spüren, denn er lächelte ihr wie um Entschuldigung bittend zu. Aber wenn er Gitarre spielen wollte, dann sollte er spielen. Ihn nur anzuschauen, war für sie wunderbar genug.

 

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Auch Zirza lauschte der Musik, während sie ihren Plan noch einmal durchdachte und analysierte.

Die Musik war gut, sie gefiel ihr, sie hatte etwas Wildes, etwas Treibendes, sie fühlte sich durch diese Musik beschwingt, sie gab ihr den richtigen Kick, um sich an ihrem Plan zu berauschen.

Denn auch sie war eine Künstlerin.

Als erstes würde sie Daniel einen Drink unterjubeln mit ein bisschen GS17 und ein bisschen Curare darin, das Curare würde eine Zeit lang seine Glieder lähmen. Und das GS17 befand sich zwar noch in der Erprobungsphase, war aber ein absolut guter Stoff... Dann würde Daniel ein Pärchen sehen, und dieses Pärchen würde für ihn Rebekka und Archie darstellen. Rebekkas Kleid stammte aus einem Billigladen in Brunswick, und dieses Kleid gab es dutzendfach... Zirza lachte hämisch auf, die Doubles hatten nur ein wenig Ähnlichkeit mit den Originalen, aber die Phantasie würde ihren Lauf nehmen...

Auch für Rebekka hatte sie etwas vorbereitet. Das Collier war ein technisches Wunderwerk, in dem Anhänger befand sich eine winzig kleine Dosis des Wirkstoffs GS17, es wurde den ganzen Abend über konstant von Rebekkas Körper aufgenommen. Es beeinflusste sie, nein, das war nicht richtig, es war ein Mittel, um all ihre Ängste zu manifestieren. Sie würde anfangen, Daniel zu verabscheuen, und alles würde seinen Weg gehen... Zu köstlich!

Einfacher wäre es natürlich gewesen, die beiden zu vergiften, aber leider hatte die Firma das untersagt. Man wollte kein Aufsehen erregen. ‚Keine Gewalt’ hieß die Devise, und die Entführung von Morgaine befand sich schon hart an der Grenze.

Der Rausch der Vorfreude hatte Zirza gepackt. Manipulieren war fast noch besser als vergiften, und sie sollte besser aufpassen, sonst könnte noch jemand entdecken, woran ihre eigene Mutter gestorben was. Diese sabbernde, quatschende Säuferin war Zirza furchtbar auf den Geist gegangen – nachdem sie aus ihr die Wahrheit über Claudia Mansells Kind herausgequetscht hatte.

Offiziell war Zirzas Mutter Helena natürlich an einer Leberzirrhose gestorben...

 

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Kapitel VII Teil 3 TÄUSCHUNG...

 

Daniel nahm einen letzten Drink – es war einer von vielen – bevor er sich auf den Weg in seine, nein, in Rebekkas Wohnung machte. Er schwankte ein bisschen, aber er fühlte sich einwandfrei nicht besoffen, sondern nur berauscht von der Musik, die er gespielt hatte. Die Musik hatte ihn von Rebekka abgelenkt, aber nicht genug, er fühlte sich zwar müde und ausgelaugt, aber seine Gedanken waren immer noch bei ihr.

Langsam ging er die Treppe hinauf, während er immer noch darüber nachgrübelte, was sie mit Archie zu tun hatte. Er war so in Gedanken versunken, dass er zuerst gar nicht das Pärchen sah, das sich leidenschaftlich auf dem Treppenabsatz küsste.

Von hinten war die Frau hübsch anzuschauen, automatisch musste er grinsen, aber dann verging ihm das Grinsen, als er das Kleid der Frau erkannte, es war ein enges, vorne hochgeschlossenes, aber hinten mit einem tiefen Ausschnitt versehenes exotisches Kleid...

Daniel schnappte nach Luft. Es konnte nicht sein, aber sie waren es, er wollte nicht hinsehen, weil es zu weh tat, aber sie waren es.

Die Frau seufzte wolllüstig, während der Mann sie hochhob und an die Wand nagelte, sie klammerte seine Beine um ihn und stöhnte laut vor sich hin. Trotz der Geilheit, die sie den Tag legte, hörte sich ihr Stöhnen künstlich an, wie aus einem billigen Pornofilm.

Trotzdem konnte er das Stöhnen nicht ertragen und lief schnell mit gesenktem Kopf an ihnen vorbei. Sie hatten ihn bestimmt nicht gesehen, so wie sie miteinander beschäftigt waren.

Er taumelte in sein Zimmer, fühlte sich wie betäubt. Er wollte nur noch vergessen, was er gesehen und gehört hatte. Verdammte schamlose Ehebrecher! Und warum hatte er es nicht mit Zirza getrieben? Sie hatte sich ihm ja offenkundig angeboten. Aber nein, er war ja in Rebekka vernarrt, während die... Er ächzte auf, wollte sein Gesicht in den Händen verbergen, doch sein Körper schien wie gelähmt zu sein, und er lag total bewegungslos auf seinem Bett.

 

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Rebekka konnte nicht schlafen, sie war ziemlich aufgewühlt, und als sie hörte, dass Daniel sein Zimmer betrat, da war es ganz vorbei mit ihrer Selbstbeherrschung. Etwas zog sie unwiderstehlich zu ihm hin.

Sie erhob sich wie hypnotisiert, streifte den leichten seidigen Morgenrock über ihren nackten Körper, ging hinaus auf den Balkon, der auf der Rückseite des Hauses alle Zimmer miteinander verband, und von dort aus zu Daniels Zimmer, denn sie wusste, dass er immer bei offener Balkontür schlief.

Sie trat leise in sein Zimmer. Sie sah ihn nackt und regungslos auf dem Bett liegen, lächelte und ging langsam auf das Bett zu...

 

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Daniel hoffte Daniel inbrünstig, in Frieden einschlafen zu können. Plötzlich jedoch hörte er ein leises Geräusch. Es war Rebekka, die alleine ins Zimmer gekommen war, sie trug einen leichten seidenen Morgenrock, aber der Morgenrock stand vorne so weit offen, dass man alles von ihr sehen konnte, alles von ihren Brüsten, ihre nackte Taille und ihre nackte Scham. Was wollte sie von ihm, und wo hatte sie Archie gelassen?

Rebekka stand zögernd an der Balkontür, dann jedoch ging sie zielstrebig auf sein Bett zu, und er holte tief Luft.

Denn sie ließ sich bequem über ihm nieder, beugte zu ihm herunter, umfasste zärtlich sein Glied mit ihren Händen und fing an, es liebevoll zu massieren, was ihn aufkeuchen ließ und ihn hilflos machte. Bis sie es schließlich in ihren Mund nahm und anfing, daran zu saugen...

Daniel schloss die Augen, er fühlte sich immer noch wie gelähmt, sogar seine Stimmbänder waren wie gelähmt. Er wollte das nicht, nicht mit ihr, sie hatte ihn betrogen, betrogen... Und trotzdem war es das Geilste, was er je erlebt hatte.

Rebekka widmete sich weiter seinem Glied. Sanft und hingebungsvoll – und vor allem auf eine Art, auf die er total abfuhr und die unübersehbar war, wie er feststellen musste.

Aber mittlerweile wollte er es sehen, er konnte seinen Blick einfach nicht abwenden, es war... so geil. Es war so geil, wie er noch nie etwas erlebt hatte. Bis auf damals, das mit Rebekka... Und obwohl er sich dafür hasste, dachte er: Ob es wohl immer so mit ihr wäre?

Er fühlte, wie sein Körper dahin schmolz, wie ihn ihre Zärtlichkeiten in Stücke brachen, wie er aufhörte, im Innersten zu sein und wie er schließlich in ihrem Mund so heftig kam, dass er sich vor totaler Lust aufbäumte.

Und sie schien es zu genießen. Sie hatte seinen Samen geschluckt, was auch nicht jede Frau so gerne tat und sie schmiegte sich der Länge nach an seinen Körper, sie schmiegte und rieb sich mit ihren Brüsten an ihm, sie rieb sich vor allem an seinem Glied, das wohl ein Eigenleben entwickelt hatte und wieder voll auf der Höhe stand, und auf einmal stand ihm wieder vor Augen, wie sie mit Archie den Akt vollzogen hatte, mit ihrem künstlichen Gestöhne, und er dachte, du bist nur eine Nutte, aber ich kann es dir trotzdem besser geben als Archie, obwohl ich gar nichts tue...

Was sie sich anscheinend nicht zweimal sagen ließ, sie setzte sich über ihn und führte mit quälender Langsamkeit sein Glied erst unter sich und dann ganz langsam in sich ein.

Er sah, dass sie immer noch dieses widerliche Halsband trug. Diese schamlose Person hatte keinerlei Moral, wirklich!

Sie bewegte sich nicht viel, sondern schien nur sein Glied in sich spüren zu wollen, sie ritt ihn ein wenig, überlegte es sich dann aber anders, sie wollte es wohl nicht auf die wilde Tour haben, sondern ließ ihren ganzen Körper sanft auf seinen Körper sinken.

Dann versuchte sie, ihn auf dem Mund zu küssen, was Daniel zwar spürte, aber nicht erwidern wollte, dann schmiegte sie sich wieder in ihrer vollen Länge – was natürlich nicht sehr lang war – an ihn, als ob sie jeden Zoll seines Körpers spüren und so nah wie möglich bei ihm sein wollte. Sie küsste ihn noch einmal, und er spürte ihre Zunge, die sich zärtlich in seinen Mund drängen wollte. Aber er war immer noch wie gelähmt und er wollte ihn ja auch nicht erwidern.

Bis sie dann schließlich aufstöhnend innehielt, weil der Höhepunkt sie überwältigte und sie sich wieder ganz flach auf ihn fallen ließ...

„Oh Daniel, du...“, stammelte sie schließlich ächzend und nach Luft ringend seinen Namen.

Daniel kam kurz nach ihr zum Höhepunkt, aber er fühlte sich dabei irgendwie... vergewaltigt. Tatsächlich. Natürlich stand er auf fast jede sexuelle Spielart, doch hätte es bei diesem ersten Mal nicht anders sein müssen? Vor allem etwas treuer?

Jedenfalls fühlte er sich beschissen und gedemütigt, die Szene mit Archie und ihr nagte an ihm, und es tat furchtbar weh...

Trotz der körperlichen Befriedigung – die natürlich grandios gewesen war wie immer mit Rebekka, wie er wütend dachte – fühlte er sich in seiner Seele waidwund und verletzt.

Und er wollte ihr wehtun. Er wollte Rebekka so wehtun, wie es nur irgendwie ging.

Rebekka lag mit ihrem leichten, vollkommen entspannten Körper immer noch auf ihm. Als ihr Herz nicht mehr wie wild klopfte und sie wieder normal atmen konnte, umfasste sie zärtlich sein Gesicht und küsste ihn leicht auf dem Mund.

Er murmelte etwas, was sie aber nicht verstand.

„Was sagt du, Liebster?“ fragte sie leise, küsste ihn noch einmal und schmiegte sich mit ihren Brüsten an seinen Oberkörper.

„Du bist so gut, Liebste! Du bist so einmalig gut! Mach’s mir noch einmal... Zirza!“ Daniel wusste selber nicht, wie diese Worte seinen Mund verlassen konnten und wie er auf Zirza gekommen war. Es hatte sich einfach so angeboten, und er hoffte inbrünstig, es würde Rebekka so richtig tief verletzen.

 

Rebekka erstarrte auf seinem Körper. Was hatte er da gesagt? Das konnte nicht sein. Es war ein Versehen.

Aber gleichzeitig sah sie im Geiste ein Bild von Daniel und Zirza, wie sie sich nackt auf Zirzas Bett herumwälzten, wie sie lachten und wie Daniel Zirza ansah, so voller Begehren. Ihre inneren Befürchtungen, ihre latent vorhandenen Ängste erschufen dieses Bild, und es war ein Bild, so deutlich und aussagekräftig, dass es jeden noch vorhandenen Zweifel an Daniels Untreue in tausend Stücke schlug. Und außerdem hatte er es ja auch gesagt.

Das Halsband hatte seinen Zweck erfüllt, das GS17 würde alle Zweifel über das, was sie in der letzten Minute gehört hatte, restlos zerstören. Alles was sie gehört und im Geiste gesehen hatte, war die Wahrheit. Zumindest glaubte sie das nun. Und er hatte es ja auch gesagt...

Die widerliche Schlange Zirza und ihre Warnungen, die sich gegen Daniel richteten... Die hämische Kuh! Daniel liebte sie gar nicht, er war scharf auf Zirza. Oh Gott, die beiden hatten sie verhöhnt!

Rebekka richtet sich gedemütigt auf.

Hoffentlich hat er sie nicht erkannt! Hoffentlich denkt er, es wäre Zirza, mit der er es gerade getrieben hat! Sie könnte es nicht ertragen... Sie hat sich ihm aufgedrängt, und er will sie gar nicht. Oh Gott, er ist ein widerliches Schwein! Er hat sich überhaupt nicht geändert. Alle Männer sind Schweine. Aber er ganz besonders!

 

Rebekka floh schnell und lautlos über den Balkon aus dem Zimmer. Ihren Morgenrock hatte sie noch an.

 

Ende KAPITEL VII  Holidays in Kampodia   © Ingrid Grote 2008/2010

 

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